Wenn das «Ja» Millionen kostet

Die Scheidungsrate ist hoch. Und doch geben Amerikaner jährlich über 50 Milliarden Dollar für den schönsten Tag ihres Lebens aus. Star der boomenden Branche ist Preston Bailey, Hochzeitsplaner der Superreichen.

Von Peter Hossli

Emsig binden vier junge Thailänderinnen weisse Bänder um die Stängel weisser Orchideen. Eine ratternde Klimaanlage kühlt den 12. Stock in einem Lagerhaus in Manhattan. Ein Meer frisch geschnittener roter Rosen bedeckt den Holzboden. «Gib hier noch ein bisschen Farbe dazu», weist Preston Bailey eine Blumenbinderin an. «Das Bouquet darf etwas greller sein.»

Als «grell und laut und aufdringlich» beschreibt der gross gewachsene Hochzeitsplaner seinen Stil. «Je mehr, desto besser», sagt Bailey, ein athletischer Schwarzer mit rasiertem Kopf. Er trägt ein enges T-Shirt und ziemlich kurze Hosen. «Es gibt Leute, die meine Dekorationen vulgär nennen, mir ist das egal.»

Kann es ihm auch sein. Bailey, in Panama geboren, ist ein Star mit hoher Gage. Er organisiert die Hochzeitsfeste der Schönen von Hollywood und der Reichen von New York. Tycoon Donald Trump ist ein Kunde, ebenso Sängerin Liza Minnelli oder Schauspieler Michael Douglas. Unter 250 000 Dollar plant Bailey keine Trauung, ein oberes Preislimit habe er nicht, sagt er. Seine spendierfreudigsten Klienten leben im Nahen Osten. Für «mehrere Millionen Dollar» habe er in Saudi-Arabien und den Vereinten Arabischen Emiraten Vermählungsfeste durchgeführt. Zwei Monate lang bereitete einst einer seiner Mitarbeiter im saudischen Königreich eine Heirat innerhalb der königlichen Familie vor. Zum Schluss reiste Bailey selbst nach Riad, «um alles zu überprüfen».

Hinter Baileys opulenten Inszenierungen steht akribische Planung. «Ich mische mich in jedes Detail ein», sagt Bailey, der zuweilen das Geschirr dem Haar und dem Kleid der Braut angleicht oder die Farbe der Vorspeise der musikalischen Stimmung anpasst. Mit den Kunden führt er zuerst ein längeres Gespräch, um herauszufinden, ob seine pompöse Ausdrucksart wirklich passt.

Beim Spektakel gehts ums Fest, nicht um die Beziehung

Meist seien die Braut und die beiden Mütter zugegen, selten der Bräutigam. «Bei einer amerikanischen Hochzeit geht es darum, den sehnlichsten Wunsch jeder Amerikanerin zu erfüllen, einmal als Prinzessin inszeniert zu werden», sagt Bailey. Gerade weil Königshäuser fehlten, fielen in Amerika zeremonielle Eheschliessungen weitaus prunkvoller aus als anderswo. Kein Widerspruch sei da die hohe Scheidungsrate von 54,8 Prozent. «Bei einer amerikanischen Hochzeit geht es um das Fest, nicht um die Beziehung.»

Deshalb legt Bailey den Ablauf der Partys im Minutentakt an. In Drehbüchern hält er fest, wann welche Lampe brennt, wann die Kanapees oder der Wildlachs serviert werden, wann wer tanzt, wann auf der Bühne irgendwelche Showeinlagen stattfinden. Zuweilen baut er Tierskulpturen aus Blumen, verwandelt Flugzeughangars in Partyräume und belegt diese mit Teppichen aus frischen Lilien. Den katalanischen Modernisten Antoni Gaudí nennt er als Vorbild, inspirieren lasse er sich von der Natur und der Modewelt, sagt Bailey – und von Orten. «Paris, Thailand und Ägypten regen mich an.»

Und seine wohlhabende Klientel. «Reiche wissen oft genau, was sie wollen», sagt Bailey. Wobei er lieber für Neureiche – Immobilienhändler oder Börsenhändler – arbeite als für alteingesessene Millionäre. «Sie sind offener für meine Kreationen.» Als liebsten Kunden nennt er Donald Trump, dessen dritte Eheschliessung er Anfang 2005 in Palm Beach inszenierte. «Trump wollte die Hochzeit des Jahrhunderts, ich habe sie ihm gegeben», sagt Bailey. Zu den über dreihundert Gästen gesellten sich Hillary Clinton und Rudolph Giuliani. Bailey half zudem, eigens für das Fest in einem Trump-Hotel einen neuen Ballsaal für 42 Millionen Dollar zu bauen. Gattin Melania Knauss kleidete der Hochzeitsplaner in ein 200 000 Dollar teures Kleid ein.

Ein halbes Dutzend Bücher mit Fotos seiner Feste hat Bailey veröffentlicht. Regelmässig lässt er sich am Fernsehen zu den neusten Trends der Branche befragen. Die wächst stetig. Rund 2,5 Millionen Ehen werden heuer in den USA festlich gefeiert. Pro Ja-Kuss am Altar, unter der Chuppah oder auf dem Standesamt geben Amerikaner durchschnittlich 22 000 Dollar aus. Das Brautkleid kostet im Schnitt 800 Dollar. Gemäss der Condé Nast Bridal Group setzt die Hochzeitsbranche jährlich rund 40 Milliarden Dollar um. Hinzu kommen noch rund zehn Milliarden für Flitterwochen und Geschenke. Alle sechs Monate versammeln sich Hochzeitsutensilienhändler in Las Vegas zu einer Messe, um neue Produkte vorzustellen.

Eine fabelhafte Feier – um den ersten Flop zu vergessen

Ein Gewinn ist die hohe Scheidungszahl. War es einst üblich, die zweite, dritte oder vierte Ehe im kleinen Kreis still anzutreten, schämt sich längst niemand mehr für die Mehrfach-Ehe. Im Gegenteil: Oft fällt das zweite Fest opulenter aus als das erste, das dritte kostet mehr als das zweite. Just lässt sich eine fehlgeschlagene Paarung mit einer fabelhaften Feier vergessen.

Darauf verzichten müssen treue Herzen übrigens nicht. Die US-Hochzeitsindustrie vermarktet neuerdings sogenannte Erneuerungszeremonien. Eheleute, die seit fünf, zehn oder noch mehr Jahren verheiratet sind, sollen das Gelöbnis nochmals ablegen – mit einem noch teureren Fest.

Preston Bailey selbst darf nicht heiraten. Er ist schwul. Ist es nicht absurd, dass der edle Hochzeitsplaner sein eigenes Produkt nicht kaufen kann? «Ich bin kein Beziehungsmensch», weicht er kurz aus. Der so selbstbewusste Kerl räuspert sich, wirkt verlegen. «Diese Frage hat mir noch nie einer gestellt. Alle Menschen sollten das Recht auf eine solche Zeremonie haben. Dass dem nicht so ist, ist eine echte Sauerei.»

Das Billig-Prinzip
Manche Amerikanerin träumt insgeheim davon, ihr Hochzeitsfest von Preston Bailey in Szene setzen zu lassen. Doch unter 250 000 Dollar rührte der Hochzeitsplaner bis vor Kurzem keinen Finger. Wer jedoch keine massgeschneiderte Party will, kann sich neuerdings weit günstiger von Baileys Kreationen umgeben ehelichen lassen. Für die jamaikanische Luxus-Resortkette Sandals hat Bailey standardisierte blumige Dekorationen entwickelt. Das billigste Bouquet ist für 1700 Dollar zu haben, das teuerste für 5000 Dollar. Neben den Blumen im Preis eingeschlossen sind die Tischdekoration und ein Holztor, unter dem sich das Paar am Meer ehelichen lassen kann. Erhältlich sind MacBailey-Trauungen auf den Karibikinseln Jamaika, Antigua, St. Lucia und auf den Bahamas.