Von Peter Hossli
Arnold Schwarzenegger hat ein Problem. Er kam in Österreich zur Welt. Nie kann er daher US-Präsident werden. Umso nachhaltiger greift der machthungrige Ex-Bodybuilder nun in die nächsten Präsidentschaftswahlen ein. Just verlegte der Gouverneur von Kalifornien die Vorwahlen im grössten Bundesstaat vor, von Juni auf Anfang Februar 2008. Nicht mehr zusehen will er, wie die Kandidaten an der Westküste zwar emsig Spenden abholen, die Stimmen der kalifornischen Wähler wegen dem späten Termin aber wenig Gewicht haben.
Andere eifern Schwarzenegger nach. Auch Michigan, Florida, New York und New Jersey dürften ihre Vorwahlen weit früher abhalten als bisher. Die Folge: 2008 wird die teuerste US-Wahl aller Zeiten. Je eine Milliarde Dollar werden die zwei Spitzenkandidaten bis zur Wahl am 4. November kommenden Jahres ausgeben.
Nur deshalb läuft der Wahlkampf früher an als sonst. Konnten sich die Kandidaten bisher auf Kleinstaaten wie Iowa und New Hampshire konzentrieren, müssen sie jetzt enorme Summen sammeln, um TV-Spots in bevölkerungsreichen und somit teuren Werbemärkten wie Kalifornien oder New York zu schalten.
Wer da mithalten will, muss bis Ende des Sommers 100 Millionen Dollar auf dem Konto haben, schätzt Politanalyst Dick Morris, einst ein Berater von Bill Clinton. «Bis Anfang September sind die Vorwahlen entschieden», sagt Morris und erklärt das mit dem akuten Wechselspiel zwischen Geld und Politik. «Wer dann viel Geld hat, kriegt noch mehr, wer bei den Umfragen hinten liegt, zieht kein Geld mehr an – uns bleibe chancenlos.»
Zusätzlich verteuert das offene Rennen die Wahl. Weder die Demokraten noch die Republikaner schicken einen politischen Erben ins Rennen. Erstmals seit 1952 – Dwight Eisenhower wurde gewählt – bewirbt sich weder ein Präsident noch ein Vizepräsident.
Zwanzig Kandidaten und zwei Kandidatinnen verbringen 90 Prozent ihrer Zeit mit Geldsammeln. Zu viel, sagte sich unlängst der Ex-Gouverneur von Iowa, Tom Vilsack, und schmiss seine Bewerbung hin. «Es ist mir nicht möglich, viel Geld zusammen zu bringen», begründete er den Ausstieg. Nichts sagte er, ob sein Wahlprogramm mehrheitsfähig wäre. Das ist angesichts der Jagd nach Geld zweitrangig.
Gebettelt wird im Pyramiden-Prinzip. Jeder Kandidat schert vernetzte Freunde um sich, die wiederum Freunde ermutigen, die legal zulässige Summe von 2300 Dollar pro Kandidat zu spenden. Das Feilschen um die besten Bettler begann am 24. Januar. Senator John Kerry, 2004 der Kandidat der Demokraten, gab bekannt, nicht mehr anzutreten. Binnen Minuten riefen die Gehilfen der demokratischen Kandidaten Hillary Clinton, Barack Obama oder John Edwards rund 150 Kerry-Supporter an, in der Hoffnung, sie würden in ihr Lager springen.
Zumal jeder einzelne zählt. Finanziell beteiligen sich in den USA nämlich wenige am politischen Prozess. Bloss 0,39 Prozent der Bevölkerung, rund 1,16 Millionen der 300 Millionen Amerikaner, spendeten im Jahr 2004 mehr als 200 Dollar, belegt eine Statistik der parteilosen Organisation Center for Responsive Politics. Nur 0,09 Prozent, 260’000 Leute, gaben mehr als 2000 Dollar ab. Wobei die Männer doppelt so viel spendeten wie die Frauen.
Die Jagdgründe nach Geld sind ebenfalls kleinräumig. Müssen die Kandidaten die Wähler in New Hampshire und Iowa von ihrer Aufrichtigkeit überzeugen, so sammeln sie das Geld vorwiegend in Staaten, die entweder sicher demokratisch oder sicher republikanisch wählen. 241 Millionen Dollar aus Kalifornien flossen 2004 in die Wahlkampfkassen. 180 Millionen kam aus New York, 164 Millionen aus Washington DC, dahinter folgt Texas mit 131 Millionen Dollar.
Pikanterweise stammt das meiste Geld von zwei Branchen, die mit der Politik stets um die Vormacht im Staate feilschen. Rund 260 Millionen Dollar steuerten 2004 Vertreter der Unterhaltungsindustrie bei. Nur die Hochfinanz war mit rund 339 Millionen noch spendabler.
Liefern sich die Moguln in Hollywood amüsante Grabenkämpfe um Clinton und Obama, drängen an der Wall Street dieses Jahr erstmals junge Hedge-Fund-Manager in die politische Arena. Sie haben reichlich Geld aber noch kein Parteibuch. Das will der so charismatische wie unerfahrene Senator Obama nutzen. Jüngst gelang es ihm, etliche 30- bis 40-jährige Hedge-Fund- sowie Private-Equity-Millionäre zu gewinnen, die ihre Freunde um Spenden angehen. Bei traditionellen Bankiers liegt die New Yorker Senatorin Hillary Clinton vorne. Rund 100 New Yorker Financiers sammeln für sie Geld.
Wie wichtig die Finanzwelt ist, unterstrich letzte Woche John Edwards. Mittags gab der demokratische Kandidat bekannt, der Brustkrebs seiner Frau sei zurück, abends bettelte er an der Wall Street.
Neuland betritt die Investmentbank Bear Stearns. Deren Chef James Cayne lud alle Kandidaten zu einem Vortrag ein. Rund 300 der 500 lokalen Geschäftsführern horchten am 1. März dem Republikaner Rudy Giuliani. Zehn Tage später folgte Hillary Clinton.
Im ersten Quartal 2007 wurden so viele Spenden gesammelt wie noch nie, wobei die Demokraten auf insgesamt 80 Millionen Dollar, die Republikaner auf rund 50 Millionen kamen.
Mit dem gesammelten Geld kaufen sich die Kandidaten Werbung, stärken ihre Organisation, wirbeln durchs Land. Doch was, wenn die Amerikaner genug kriegen vom Nonstop-Wahlkampf? Dann könnten zwei Kandidaten einspringen, die sich partout nicht festlegen wollen, aber als Geheimfavoriten gehandelt werden – der ehemalige Vizepräsident Al Gore sowie New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg. Der Milliardär Bloomberg könnte sich den Wahlkampf aus eigener Tasche finanzieren. Gore, Millionär, Darsteller in einem Oscar gekrönten Film und Google-Investor, hat ein Netzwerk in Hollywood und an der Wall Street.
Schlecht Bezahlt
Am 20. Januar 2001 trat George W. Bush sein Amt als US-Präsident an. Am nächsten Tag verdoppelte er seinen Lohn. Vorgänger Bill Clinton hatte 200 000 Dollar im Jahr kassiert, Bush gönnt sich 400 000 Dollar. Ein bescheidenes Salär, angesichts der zwei- oder gar dreistelligen Millionenbeträge, die in der Finanzindustrie oder in Hollywood eingestrichen werden. Bushs Nachfolger dürfte unmerklich mehr verdienen. Allerdings wird sie oder er rund eine Milliarde Dollar für die Bewerbung ausgegeben haben. Damit ist kein Job der Welt kostspieliger zu ergattern. Die erste Kampagne von Bush hatte noch bescheidene 250 Millionen Dollar gekostet.