Rudy Giuliani for President

Wie der ehemalige Bürgermeister von New York seine Kandidatur nach Businessplan vorbereitet. Als Bürgermeister von New York führte er Amerika durch das Trauma von 9/11. Seither rafft Rudy Giuliani Firmen zusammen, die ihn jetzt ins Weisse Haus hieven sollen.

Von Peter Hossli

Ein New Yorker, der US-Präsident werden will, hat ein echtes Problem – er ist im Rest des Landes per se unbeliebt. Nicht einmal der Terroranschlag vom 11. September 2001 änderte das. Trotz heroischem Auftritt an diesem Tag klebt selbst an Rudy Giuliani der Makel des unerwünschten New Yorkers.

Doch Giuliani, einst ruppiger Ankläger und erfolgsorientierter Pragmatiker, weiss sich zu helfen. Mit der Absicht, im Jahr 2008 das höchste Amt im Staat anzustreben, baute er sich ein verästeltes Firmengebilde auf. Das öffnet ihm nun die Tür zu jenen Leuten, die für jede Kandidatur unabdingbar sind – Wohlhabende und gut Vernetzte, die jene halbe Milliarde Dollar auftreiben, die ein Wahlkampf kostet. Allein für die Vorwahlen will Giuliani, 62, dieses Jahr 100 Millionen Dollar zusammen tragen, geht aus einem letzte Woche veröffentlichten Geheimpapier hervor.

Nicht nur Geld bringen die Geschäfte. Sie machen politische Defizite wett. So fehlt Giuliani der Draht zum bevölkerungsreichen Süden. Zudem stösst seine sozial progressive Haltung bei der konservativen Basis weitgehend auf Ablehnung. Die ist aber zentral, um dereinst zum republikanischen Kandidaten erkoren zu werden.

Das weiss Giuliani, der seit seinem politischen Abtritt Ende 2001 ein dichtes Netz über die USA spannt, etwa mit Reden, für die er jährlich acht Millionen Dollar kassiert. Just liess er seinen Namen und die Firma Giuliani Partners als Handelsmarke rechtlich schützen.

Sie bilden den Kern der Kampagne. Über Giuliani Partners bietet der einstige Stadtherr von einem Büro am Times Square aus Wirtschaftsberatung an, derzeit an 15 Grosskunden. Darunter sind finanzstarke Energiekonzerne – und insbesondere die Lobby-Organisation der Pharmaindustrie. Keine Branche will dringlicher das Weisse Haus republikanisch halten als die Medikamentenhersteller. Sie fürchten, die Demokraten würden die hohen Pillenpreise senken. Bis anhin stoppte Giuliani erfolgreich billige Parallelimporte kanadischer Medikamente.

Giuliani gehört auch die Investmentbank Giuliani Capital Advisors, die aus dem Kauf des Investmentteils von Ernst & Young hervorging. Rund 100 Banker spezialisieren sich auf Fusionen, Übernahmen und Firmenpleiten.

Als kommerzieller Hit erweist sich Giuliani Saftey & Security, die Firmen wie Städten und sogar Ländern hilft, griffige Sicherheitssysteme zu entwickeln. Das von einem ehemaligen FBI-Agenten geführte Unternehmen ist besonders aktiv im Nahen Osten sowie in Asien. In Japan betreibt Giuliani zwei Filialen.

Politisch am wichtigsten ist jedoch die Anwaltskanzlei Bracewell & Patterson. Giuliani kaufte sich das texanische Traditionshaus im Frühjahr 2005 und benamste es Bracewell & Giuliani. Derzeit beschäftigt die Kanzlei rund 200 Juristen in acht Büros, vier in Texas, je eines in New York, London, Washington – und Kasachstan, wo US-Konzerne in die ölreiche Region um das Kaspische Meer vordringen wollen.

Bracewell gilt als eine der einflussreichsten Kanzleien im einflussreichen Süden Amerikas. Die Firma ist klassisch texanisch verankert – reich und konservativ und christlich, die Grundvoraussetzung für eine republikanische Präsidentschaftskandidatur. Deren Geschäftsführer Patrick Oxford pflegt seit Jahren engste Beziehungen zu George W. Bush und zählt zu den erfolgreichsten Geldsammlern des amtierenden Präsidenten.

Letzten November, kurz nach der republikanischen Wahlniederlage im US-Parlament, brachte Oxford etliche mächtige texanischer Geldgeber nach New York, um mit Giuliani die Strategien für 2008 auszubreiten. Darunter waren der Besitzer des Baseballteams Texas Rangers, Thomas Hicks, und der Ölhandels-Milliardär T. Boone Pickens. Geleitet hatte das Treffen der erste Partner in Giulianis Firmenimperium, Roy Bailey, ebenfalls ein Texaner. Baileys neue Aufgabe: Für den Chef Wahlkampfspenden eintreiben.