Von Peter Hossli (Text) und Robert Huber (Fotos)
Begierig zwängt sich der wilde Stier ins enge Gehege. Er schnaubt, hebt und senkt den gehörnten Schädel, schwitzt, das straffe Fell zuckt. Ohne zu zögern, setzt sich Wiley Petersen auf den fiebrigen Brocken. Siebzig Kilogramm Mensch auf einer Tonne Tier. Der dunkelhaarige Haudegen zwängt die rechte Faust unters Seil, das am Rumpf des Bullen liegt. Er rückt den Mundschutz zurecht, bewegt den Po hin und her, findet Halt. Derb schlägt die Linke auf den Buckel des Bullen. Sanft geht sie hernach zur Stirn. Petersen schliesst die braunen Augen. Er bekreuzigt sich.
Ein Knall. Das Stahltor geht auf. Der Bulle, er heisst Hornet, schasst hinaus, nicht weit, ein paar Meter nur. Als würde er explodieren, wirft er die Hinterbeine hoch, bockt, springt, drescht, wirbelt, bockt erneut, lässt nie locker. Endlich, die Sirene zirpt, acht Sekunden sind überstanden. Petersen, der Reiter, hat es geschafft, ist oben geblieben, hat dem wilden Stier getrotzt, das Tier geschlagen. Sachte lehnt er sich jetzt zur Seite und springt ab. Aus den Lautsprechern dröhnt satter Rock.
Anerkennend klatscht das Publikum, mehr nicht. Viele der Zuschauer im Palace von Auburn Hills in Detroit haben mit dem Bullen gefiebert. Sie sind wegen den Wracks gekommen, wollen sehen «wie die Bestie den Mann abwirft», sagt eine blond gelockte Studentin in zu engen Jeans und einem Cowboyhut.
Wracks erleiden die verwegenen Reiter der Professional Bull Riders (PBR) zur Genüge. Jedes Wochenende setzen sich die Gladiatoren in einer anderen amerikanischen Stadt auf die angriffslustigen massigen Tiere. Höchstens ein Drittel der Reiter bleibt die vorgeschriebenen acht Sekunden oben. Die anderen werden abgeworfen, durchgeschüttelt – und nicht selten schwer verletzt. Diese grimme Statistik treibt die Amerikaner in Scharen in die Hallen – und vor den Fernseher. Der professionelle Bullen-Sport ist die am schnellsten wachsende Sportart der USA. Jährlich nimmt der Zuspruch um mehr als fünfzig Prozent zu, und das seit drei Jahren. Nicht nur im Westen, sondern vermehrt in den urbanen Zentren Amerikas.
Die PBR-Show sei «kein herkömmliches Rodeo», betont der Chef der Organisation, Randy Bernard. Es ist perfekt inszenierte Unterhaltung, bei der Elemente des alten Western mit Rock ‘n’ Roll vermischt und kommerzialisiert werden. John Wayne, gepaart mit Mick Jagger. Die makabere Verehrung von Tod und Gefahr bestimmt die Dramaturgie. «Wir alle wissen, dass wir beim nächsten Ritt sterben können», sagt Wiley Petersen, der den schwarzen Filzhut tief im Gesicht trägt. Seine Augen funkeln. «Es ist ein Risiko, das wir akzeptieren.»
Bestens vermarkten lässt sich mit der Todessehnsucht der «härteste Sport auf Dreck», so der Slogan der 14 Jahre alten Organisation. Damals spalteten sich die zwanzig besten Stier-Bändiger vom traditionellen Rodeo ab. Der Bullen-Ritt war am populärsten, die Aussicht, ihn zu vermarkten und damit reichlich Geld zu verdienen, am grössten.
Sie sollten Recht bekommen. Es ist Samstagabend. Familien besetzen die Plätze im Palace, der Arena, in der sonst die Detroit Pistons Basketbälle werfen. Unter der Decke schwebt ein ferngesteuerter Zeppelin in der Form eines Stiers – und wirbt für Bergstiefel. An den Banden kleben die Logos der Sponsoren, vieler Sponsoren. Ford wirbt für Lastautos, Jack Daniel’s für Whiskey, Enterprise für Mietwagen, Stetson für Cowboyhüte. Die US-Armee, ein Hauptsponsor, rekrutiert Soldaten.
Grell leuchten die roten Ziffern der Uhr, die jeden Ritt misst, gesponsert von einem Kautabak-Produzenten. Es wird dunkel, weisser Rauch steigt auf, gefolgt von einem Feuerwerk. Eine Ehrengarde der Armee bringt das Sternenbanner. Kampfjets düsen in einem Video über den Grossbildschirm. Heroen des Irakkriegs betreten die Arena und stehen stramm. Zu «Ehren unserer Soldaten reiten die Cowboys heute Abend die Bullen», sagt die sonore Stimme des Stadionsprechers. Er begrüsst die Preiskämpfer, die über ein Podium schreiten. Einer nach dem anderen hebt den Hut und senkt den Kopf, unterlegt von der Rock-Schwarte «Eye of the Tiger».
Die Gattin eines Cowboys singt die Nationalhymne. Dann, endlich, ein echter Star. Das Gatter geht auf, das Spotlight erfasst einen kräftigen Stier und folgt ihm. «Thaaaaaaaat’s Pandoooooora’s Boooooox», überhöht der Ansager die Ansage. Das Tier dreht eine Runde, blickt zum nun tobenden Publikum und trottet selbstsicher ab. «Wir zollen den Bullen genauso viel Respekt wie den anderen Reitern», sagt Petersen. «Und sie behandeln uns wie Fleisch.»
Darum geht es beim professionellen Bullen-Ritt, um die epische Rivalität zwischen Mann und Bestie. Jeweils 45 Reiter treten in der obersten von vier Ligen an. An zwei Abenden setzt sich jeder auf je einen Stier. Am Schluss treten die zehn besten ein drittes Mal an. Das Los weist den Rit-tern die Tiere zu. Jedes der ungestümen Biester hat ein Ranking, das dessen Schwierigkeitsgrad angibt. Je erfolgreicher ein Bulle zuvor gekämpft, also Abwürfe vorzuweisen hat, desto mehr Punkte gibt es.
Und umso mehr Geld. Weit über eine Million Dollar an Preisgeld erkämpfen sich die besten auf den Stierenrücken. Der Weltmeister, erkoren im November in Las Vegas, kriegt eine zusätzliche Million. Hinzu kommen lukrative Werbeverträge von mehreren hunderttausend Dollar pro Jahr, zugehalten von vifen Agenten. Happige Beträge für bescheidene Burschen.
Fast alle wuchsen im dünn besiedelten Westen Amerikas auf, auf Farmen mit Kühen, Rössern und Schafen. Mancher büffelt nach dem Husarenritt noch fürs High-School-Diplom. Der Jüngste ist 18, der Älteste 36. «In den Windeln» sei er gelegen, als ihn sein Vater erstmals auf ein Kalb setzte, sagt Travis Briscoe aus Neu Mexiko. Leise drückt er die Worte aus der schmalen Kehle. Nur 58 Kilogramm bringt der 19-jährige Bullen-Reiter auf die Waage. Seine Gesichtszüge sind bubenhaft, die Haltung gelöst, der Körper schmal und drahtig, der Händedruck überraschend kräftig.
Briscoe trägt, was alle tragen und unverhohlen an die Ursprünge des Sports erinnert. Eine Schnalle, so flächig wie eine Untertasse, hält den türkis verzierten Gurt zusammen. Ein steifes Hemd steckt in eng anliegenden und Po betonenden Jeans. Er trägt Cowboy-Stiefel mit Gummi-Sohlen, nicht die modisch polierten, mit dem Städter den Armani-Anzug betonen. Sondern die gebrauchten, abgewetzten, seit Jahren mit Sporen getragenen. Der Hut ist immer auf. Am Hals tingelt ein Kreuz aus Draht. Briscoe ist glatt rasiert, riecht einen Spritzer zu stark nach Cologne, das Haar ist frisch geschnitten; die Fernsehkameras sollen ihn so adrett wie möglich einfangen.
Die tief blauen Augen glänzen, wenn er beschreibt, was auf dem Rücken eines Bullen passiert. «Acht Sekunden lang dreht sich die Welt nicht mehr», sagt Briscoe. «Es ist, als sitze man auf einer Pistolenkugel.» Heisses Adrenalin schiesse in die Adern. Ein Gefühl, das er nicht missen möchte. «Ich bin süchtig nach der ständigen Gefahr», sagt er, sein Milchgesicht versteinert. «Mich fasziniert, dass ich nie weiss, ob ich heute sterbe, ob der Bulle mich zu Tode trampelt.»
Schmerzverzehrt liegt Cord McCoy auf der Pritsche. Der Arzt legt ihm einen Eisbeutel aufs Knie. Schweiss rinnt von der Stirn. Nach nicht mal drei Sekunden hat der Bulle Red Star den rothaarigen Reiter aus Oklahoma abgeworfen. Er hatte Glück, es blieb bei ein paar Quetschungen. Neben ihm liegt ein kanadischer Reiter auf dem Schragen. Sein Kopf blutet. «Was ist mit meiner Hand los?», schreit er plötzlich und starrt, entsetzt, auf den Zeigefinger. Der knickt nach oben statt nach unten. Mit einem gezielten Knacks renkt der Arzt das Glied wieder ein. Kaum ist der Kanadier versorgt, schleppt sich der nächste ins Lazarett und verlangt nach einem Beutel Eis.
Jeden Knochen habe er schon mal gebrochen, sagt McCoy. Das narbige Gesicht bezeugt die gar nicht pathetisch gemeinte Aussage. Letztes Jahr traf ihn ein Huf am Kopf. Fast ein Jahr war er out, drei Wochen im Spital, einige Tage davon bewusstlos. Nach drei Monaten Sprachtherapie redete er wieder. Aufhören wollte er nie. «Je gesünder ich mich fühlte, desto eher gelüste mich der Bullenritt.»
Um sich zu schützen, trägt er eine gepolsterte Lederweste und neuerdings einen Helm. Die meisten reiten im Hut mit steifer Krempe. «Am besten schützt Du Dich, indem Du nicht unter den Bullen gerätst», sagt McCoy. Drei Rowdys stehen allenfalls bereit, sollte der Bulle durchdrehen. Zur Hilfe eilt ein berittener Cowboy mit Lasso. «Meine Knochen heilen nicht mehr so wie früher», sagt der 25-jährige McCoy. Risikofreudiger seien die 18-jährigen Newcomer, die manches Turnier gewinnen.
Eine Entwicklung die Randy Bernard gefällt, dem gross gewachsenen und braun gebrannten CEO der Professional Bull Riders Inc. Die Zukunft des Sports gehöre jungen und wilden und siegreichen Bullen-Reiter. Sie sollen das verwegene Image in die urbanen Zentren, zum MTV-Publikum tragen, in den Hallen wie am Fernsehen. PBR erziele bereits jetzt höhere Einschaltquoten an der Ostküste als im Westen, sagt Bernard. Sein herbes Rasierwasser hinterlässt eine lange Duftspur. Er will die Bullen und die Reiter in den Mainstream lupfen, genau wie die Nascar-Serienwagen im Mainstream Runden drehen. Endgültig gelingen soll dies nächsten Januar mit einem Wettkampf im Madison Square Garden in New York. Dort soll vermehrt gemischtes Publikum in die Arena kommen. Vorderhand ist es grösstenteils weiss. Wobei die Männer sich mit den Reitern identifizieren und die Frauen den Bullen helfen, ergab eine Umfrage.
Die Bullen, das sind die Stars, gehegt und pflegt von eigenwilligen und selbstverliebten Züchtern, die an die Rennstallbesitzer der Formel 1 erinnern. Reichlich Aggressivität liegt in den kleinen stechenden Augen von Cody King. Wohl, weil er die Nacht durchgefahren ist, mit 24 Viechern im Schlepptau. King, 33, züchtet in Texas so genannte Bucking Bulls, die bockenden Bullen. Sieben Monate im Jahr ist er unterwegs und fugt seine Stiere über die Highways zu den 29 Veranstal-tungsorten. Zweiter wurde er letztes Jahr im Ranking der Züchter. «Heuer will ich gewinnen», lispelt er durch die vorne abgebrochenen Zähne. Helfen sollen ihm die «perfekten Athleten», die der muskulöse Kuhzüchter mittels wissenschaftlichen Methoden hervorbringt. Bullen, bei denen die Grösse, die Beschaffenheit der Knochen sowie die Wendigkeit harmonieren.
So pflanzt er die Samen eines wirklich schnellen Stiers der Tochter eines Bullen ein, der gross war und einst gut bockte. Er wolle Tiere in der Arena auflassen lassen, «die an der Spitze mithalten und auf Kommando aggressiv sind», sagt King.
Vor deren ersten Auftritt – meist vierjährig – stutzt er ihnen die Hörner. Auf höchstem Niveau bocke ein Stier sechs Jahre lang – und erringe bis zu einer halben Million Dollar Preisgeld. Ebenso wichtig sei die kostenlose Werbezeit am Fernsehen, sagt King. Das treibe die Preise der Bullen – Top-Tiere kosten rund 300’000 Dollar – und deren Abkömmlinge in die Höhe. Bocke einer seiner Bullen besonders rabiat, stiegen sofort die Bestellungen für Kälber und Weibchen. «Gute Tiere bringen mir bis zu einer Million Gewinn ein», sagt King.
Mehr als mancher der weltweit 800 lizenzierten Bullen-Reiter verdienen, die in die oberste Liga drängen. Alle sind freischaffend. Die Spesen – Flug, Hotel, die Ausrüstung – zahlen sie selbst. Nur wer sich in den Top-Ten platziert, kriegt Preisgeld. Auch deshalb komme der Sport in den USA gut an, glaubt CEO Randy Bernard. «Es ist ein amerikanischer Grundsatz, nur die Erfolgreichen zu entlöhnen.» Den Erfolg misst er in Dollars und Cents. Zufrieden sei er dann, wenn die besten 25 Reiter jährlich eine Million Dollar verdienen, definiert Bernard unumwunden sein Ziel.
Dabei helfen sollen ihm die Sponsoren. US-Konzerne schätzen die loyalen Fans, die hauptsächlich jung und männlich sind, dazu Familien. Die Manier der Cowboys – «yes Sir, yes Mam’» – sei höflich und nahbar. Kaum ist das Turnier beendet, zücken sie die Filzstifte und verteilen an den Banden Autogramme.
Der Bullen-Ritt sei «massgeschneidert fürs Fernsehen», begründet TV-Produzent Joe Loverro das Interesse multinationaler Konzern. Loverro trägt eine Baseballmütze und sitzt leger in einem dunklen Übertragungswagen, parkiert ausserhalb der Arena. Seine Augen blicken auf zwanzig Bildschirme und suchen die passende Einstellung. «Schneide direkt zum Crash», weist er den Cutter an. Jedes Wochenende reist Loverro dorthin, wo die Cowboys sind. Für den Sportkanal OLN inszeniert er das, was PBR zum Erfolg verhalf: Die zweistündige Fernsehshow, die jeden Samstag- und Sonntagabend läuft.
Die ist atemberaubend. Ein Duzend Kameras, befestigt auf Kranen und gehalten von Hand, fängt jeden Ritt ein. Von nah zu sehen ist alles. Wie der Reiter sich auf den Bullen setzt. Wie das Tier bockt. Wie der Mann stürzt. Wie er Todesängste erduldet. Wie er triumphiert. Oder wie er verletzt von dannen humpelt. «Wir filmen jeden Kampf so, dass die Härte des Sportes deutlich rüberkommt», sagt Loverro. So entstehe «zuerst eine Intimität zwischen Bulle und Reiter, gefolgt von nackter Brutalität.» Am liebsten sind dem Produzent schwere Stürze. «Natürlich gönne ich keinem den fatalen Abwurf, aber Stürze erzeugen gutes Fernsehen», sagt er. «Und hohe Quoten.»
Kein anderer Sport hat bei OLN mehr Zuschauer. Jährlich schauen 100 Millionen zu. Zufrieden ist Loverro noch nicht. Er will die Kameras noch näher bringen, auf den Bullen oder den Reitern befestigen, «um die extreme Intensität zu zeigen». Es ist eine Gratwanderung. «Wir wollen nicht, dass es den Zuschauern übel wird.»
Nur im roten Hemd und im Hut steht Wiley Petersen ohne Hosen im Umkleideraum. Der 27-jährige Cowboy aus Idaho zieht sich lange Unterhosen über, wickelt die Schenkel ein, hinzu-kommen Knie- und Knöchelschoner. Daneben schabt Travis Briscoe, das Jungtalent aus Neu Mexiko, mit einem scharfen Messer den Dreck vom Seil. Ist der Strick sauber, tränkt er ihn in frischen Harz. Nun wendet sich Briscoe den Stiefeln zu, dreht und klopft sie, zieht sie an, wieder aus, zurrt sie mit einem Lederband fest.
Zwei Stunden dauert das Ritual, die maliziöse Vorbereitung auf den höllischen Acht-Sekunden-Ritt. Es riecht nach Harz und Männerschweiss. Jeder versucht auf seine Art die Nervosität zu bändigen. Einer wurstelt das Hemd in die Hosen und zieht es wieder raus. Ein Mexikaner geht ständig zum Abfallkübel, der als Spucknapf dient. Ein Texaner zieht an einer Zigarette. Viele schlürfen an Red-Bull-Dosen. Die brasilianischen Reiter witzeln gemeinsam auf Portugiesisch.
Die Stimmung ist ausgelassen, freundschaftlich. «Das hier ist kein Wetteifern zwischen 45 Rei-tern», sagt Petersen, «wir sind 45 Freunde, abgerechnet wird zwischen Mensch und Tier.» Ein letztes Mal prüft er, ob die Hosen sitzen. Seit Tagen weiss er, welche Bullen er reitet. Während einige Reiter Videobilder der Tiere studieren, will er nicht zu viel wissen. «Der Bulle macht ohnehin, was er will», sagt Petersen. «Wenn Du glaubst, Du hast ihn im Griff, wechselt er sofort die Richtung und wirft Dich ab.» Ein guter Reiter müsse die Balance halten können, so einfach sei das. «Es braucht die totale Hingabe, den Bullen besiegen zu wollen», sagt er. «Lernen kann das niemand.»
Sein ranker Körper erinnert an einen Kunstturner. Im Kraftraum stärke er Bauch und Oberschenkel, dazu die Muskeln im Gesäss. Er achtet auf die Linie. Mit jedem Kilogramm ver-lagert sich der Schwerpunkt zugunsten des wilden Tiers.
Angst habe er nie. «Der Herr nimmt sie mir.» Petersen, der bildschöne Cowboy, kniet hin, hält den Hut vor die Brust, senkt den Kopf. Ein Duzend Reiter folgt. Er spricht die Andacht vor dem Auftritt – Petersen ist der Anführer einer Gruppe christlicher Cowboys. Rund die Hälfte der Spitzenreiter sehen Jesus als ihren Retter. Sie erachten es als ihre göttliche Pflicht, auf dem Stier den Gospel zu verbreiten. «Bullen-Reiten ist ein professioneller Sport», sagt Petersen, «die Welt schaut zu wenn wir Jesus feiern.» PBR eigne sich bestens fürs Missionieren, «weil es uns Christen als harte Kerle zeigt. Härte kommt an.»
Pastor Todd Pierce, 35 und ehemaliger Rodeo-Reiter, reist an jedes Turnier. Er steht den Kämpen bei bevor sie auf die Bullen steigen, folgt ihnen ins Lazarett oder ins Spital. Abends erteilt er Bibelkurse. Sonntags bringt er die Desperados zum Gottesdienst in die staubige Arena. Dort be-ten die Fans mit ihren Idolen. «Gott hat aus normalen Menschen Stars gemacht», begrüsst Pierce die Gläubigen in Detroit – und bietet, die Andacht nicht als Autogrammstunde zu nutzen. Wie der treuste Jünger erhebt sich Petersen aus dem Stadionsitz und spricht ein Gebet, das der Lautsprecher in Arena verteilt.
Den CEO stört die Missionsarbeit nicht. «Unser Publikum ist christlich verankert», sagt Randy Bernard. «Ein Atheist sitzt nicht auf einen 2000 Pfund schweren Bullen.» Es brauche eine gehörige Portion Optimismus, sagt er. «Ein Pessimist tut so etwas Verrücktes nicht.»
Besonnen und nicht irr steigt Wiley Petersen auf den Rücken von Black Smoke, einem Bullen aus Oklahoma. Im Zwischenklassement liegt er vorne, bleibt er oben, gewinnt er das Turnier. Just öffnet sich das Gatter. Petersen lehnt die Brust nach vorne, folgt mit dem linken Arm dem jähen Rhythmus des Stiers, lässt sich mit dem Takt treiben. Einen Fehler darf er sich nicht erlauben, Fehler enden im Dreck. Er handelt richtig, bleibt oben. «Das ist Instinkt und schierer Siegeswille», sagt Cody King, der Züchter, der dem am Gehege folgt. Die Sirene zirpt. Petersen springt ab, hat gewonnen. Weil, sagt er später im Siegesinterview, «ich Gott vertraue».
Jeder weiß doch dass der Mensch dem Tier überlegen ist, warum muss man das beweisen?
Dass Optimismus und Gottvertrauen einem helfen so einen Kampf zu überstehen, glaube ich auch.