Ziel: Doppelter Umsatz

Starbucks reicht Thermoplan-Chef Domenic Steiner als Kunde nicht mehr. Der Weggiser Hersteller von Kaffeeautomaten geht mit der US-Firma Bunn einen lukrativen Vertriebsvertrag ein. Binnen zwei Jahren will er den Umsatz verdoppeln.

Von Peter Hossli

Sichtlich gerührt hält der weiss gelockte Mann plötzlich inne und streckt den Zeigefinger aus. «Schau, da steht sie», sagt Domenic Steiner, 68, zu seiner Frau Esther. «Und jeder will sie berühren.»

Sie, das ist der Espresso-Automat Tiger, der mitten in der riesigen Halle des Hotels «McCormick Place» in Chicago steht. Die amerikanische Firma Bunn hatte die edle Kaffeemaschine letztes Wochenende auf einer Messe ausgestellt. Bunn ist der weltweit grösste Hersteller von Brühkaffee-Geräten.

Mit dem Auftritt in Chicago besiegeln Bunn und Steiners Firma Thermoplan eine einträgliche Vertriebsvereinbarung. Bunn verkauft ab sofort exklusiv Espresso-Maschinen von Thermoplan. Zunächst werden die Gebiete Nord-, Mittel- und Südamerika angepeilt. Ein weltweiter Vertrieb soll folgen.
Zwei «ideale Partner», die sich gefunden haben

Für die Firma Thermoplan mit Sitz in Weggis LU hat dies weit reichende Folgen. Seit 1999 beliefert sie in den USA die Kaffeekette Starbucks. Mit Bunn erhält Thermoplan nun auch noch Zugang zu bekannten amerikanischen Detailhändlern und Endkunden sowie zu filialisierten Ketten wie beispielsweise McDonald’s, Subway oder 7-Eleven.

Steiner bezeichnet die Firma Bunn als «idealen Partner». Das Unternehmen habe einen hervorragenden Ruf sowie beste Beziehungen in den USA wie in den Wachstumsmärkten von China oder Russland. Hinzu kommt ein dichtes Vertriebs- und Servicenetz. «Statt mühsam mit fünfzig Kleinen sind wir jetzt mit dem Grössten im Geschäft», sagt Steiner. «Was Bunn zu bieten hat, könnten wir selbst in 100 Jahren nicht aufbauen.» Selbstbewusst sagt er dann auch: «Wir sind ebenso ein idealer Partner für Bunn.»

Thermoplan liefert dem US-Riesen, was dieser bisher tatsächlich nicht in seinem Sortiment hatte: Espressokaffee. Dank Starbucks ist das Kaffeetrinken in den USA in den letzten Jahren ausserordentlich beliebt geworden. Kein anderes Segment wächst bei US-Imbiss-Ketten schneller als Espresso-Getränke wie der schaumige Cappuccino oder der Latte macchiato.

Kein Wunder, wollte Bunn an diesem Boom unbedingt teilhaben. Dem 200 Jahre alten Familienbetrieb fehlte es aber an Können und Zeit, ein eigenes System zu entwickeln. Das besorgt sich Bunn nun bei Steiner, «weil Thermoplan die besten Espresso-Automaten der Welt fabriziert», sagt der Geschäftsinhaber Hy Bunn und reicht die Lorbeeren zurück. «Zudem sind unsere Kulturen ähnlich.»

So halten die Besitzerfamilien beide Firmen zu hundert Prozent in Händen. Bei beiden stünden die Qualität sowie die Behandlung des Personals im Vordergrund, sagt Bunn, der Weggis besucht hat und Thermoplan-Leute in den Bunn-Sitz nach Springfield, Illinois, einlud. Der klar gestaltete und wirkungsvolle Deal löst ein gastronomisches Erdbeben aus. Er vereint die traditionelle Kaffeekultur Amerikas – die dünne, braune Brühe, die nach wie vor mehrheitlich getrunken wird – mit dem europäisch geprägten Espresso. Bunn bestimmt nämlich schon weit länger als Starbucks, wie die Amerikaner ihren Kaffee trinken. So steht in fast jedem Dinner-Lokal und in jeder Tankstelle ein Brühgerät aus Illinois.

Nun sollen Espresso-Maschinen hinzukommen, mit dem rot-schwarzen Bunn-Logo und dem geschwungenen, mit einem Schweizer Kreuz verzierten weissen O von Thermoplan versehen. Die Luzerner liefern die Systeme zu einem fixen Preis. Bunn verkauft sie weiter. Es ist vertraglich festgelegt, dass Bunn keine Espresso-Maschinen entwickelt und dass Thermoplan – abgesehen von Starbucks – in den USA niemanden sonst bedient. Fakturiert Thermoplan Starbucks jeweils in Schweizer Franken, teilen sich Bunn und die Weggiser das Währungsrisiko.

Dieser Bunn-Deal werde den Umsatz innert zwei Jahren von 100 Millionen auf 200 Millionen Franken verdoppeln, glaubt Steiner. Gleichzeitig werde der Personalbestand von 125 auf 200 Angestellte wachsen. Diese würden bis 2008 die Produktion von 10’000 auf 20’000 Kaffeemaschinen steigern.

Er könne die höhere Stückzahl in Weggis bewältigen, ohne Schichtarbeit einzuführen, sagt Steiner. Nehme die Nachfrage noch stärker zu, «was ich nicht ausschliesse», lasse er nachts arbeiten. Bunn sei überdies bereit, Thermoplan-Module in Springfield zusammenzusetzen. Das wäre ein Novum für Thermoplan. Seit der Gründung 1974 hat die Firma stets in der Schweiz produziert. 90 Prozent der Bestandteile sind heimisch. Von einer Produktion in Billiglohnländern sehe er ab. «Wir haben Freude an der Schweiz und bleiben – so lange es geht», sagt Steiner. Zumal ihn nicht das Geld antreibe, eher die Lust am Wettbewerb. «Wir haben in unteren Ligen angefangen und sind durch harte Arbeit aufgestiegen. Jetzt spielen wir in der Champions League, dort macht es ungeheuren Spass.»

Auch sein wichtigster Kunde will kräftig wachsen: Starbucks möchte innert fünf Jahren von heute 10 000 auf weltweit 30 000 Kaffeehäuser ausbauen. «Dafür brauchen sie viele neue Kaffeemaschinen», freut sich Steiner, der eigens für Starbucks das neue Gerät Magistrale entwickelt hat.

Auch Starbucks hat zum Deal gratuliert – zähneknirschend

Starbucks scheint trotzdem nicht allzu glücklich zu sein. «Sie haben uns zum Bunn-Deal gratuliert, mehr nicht», sagt Steiner. So plant McDonald’s ei-ne eigene Espresso-Kette und testet derzeit die Thermoplan-Maschinen. «Starbucks weiss: Wenn wir die Konkurrenz nicht beliefern, tun es andere», sagt Steiner. Starbucks wollte zum Deal auf Anfrage keine Stellung nehmen. Fest steht: Vorerst läuft Steiners Vertrag mit Starbucks noch bis 2010. Und dann? Steiner bleibt zuversichtlich, dass er dort weiterhin liefern kann: «Unsere Beziehung zu Starbucks ist hervorragend. Zudem ist es für sie nicht einfach, ein ganzes System auszuwechseln.»

Markenpflege mit Ronaldinho
Innert zwei Minuten habe er sich entschieden, 1,2 Millionen Franken für den Umbau des Fussballplatzes von Weggis in die moderne Thermoplan-Arena zur Verfügung zu stellen. Das sagt Domenic Steiner, Chef der Firma Thermoplan mit Sitz in Weggis. Weitere 300 000 Franken gibt der Patron aus, um den brasilianischen Fussballspielern das derzeitige WM-Trainingslager am Vierwaldstättersee angenehmer zu gestalten.
Natürlich tut er das auch, aber nicht nur aus Liebe zum Sport. «Dieses Trainingslager gibt uns die Möglichkeit, die Marke Thermoplan komprimiert weltweit bekannt zu machen», weiss Steiner. «Wir haben die Markenpflege lange Zeit etwas vernachlässigt», gesteht er.

Das Medienecho auf die Brasilianer in Weggis ist jedenfalls gewaltig. 700 Journalisten berichten nun zwei Wochen lang aus der Thermoplan-Arena. Beim in 100 Länder live übertragenen Spiel zwischen Brasilien und Luzern am 30. Mai tragen die Luzerner die Aufschrift «Thermoplan» auf den Leibchen. Der Zeitpunkt für den erhofften Werbeeffekt ist zudem ideal: Im Herbst eröffnet Starbucks in São Paulo erste Cafés – ausgestattet mit Espresso-Automaten aus Weggis.