Von Peter Hossli
Nur wenige Tage, bevor Apple am 1. April seinen 30. Geburtstag feiert, muss Erzrivale Microsoft zu Kreuze kriechen. Die Einführung des neuen, als revolutionär angekündigten Betriebssystems Vista muss auf 2007 verschoben werden. Das ist nicht nur ein herber Schlag für Microsoft, sondern für die ganze PC-Branche. Ihr geht nun das lukrative Weihnachtsgeschäft flöten.
Damit ging wieder mal eine Runde an Apple-Chef Steve Jobs. Er hat mit seinen neuen Produkten in jüngster Zeit nicht nur von der Apple-Gemeinde Lob einheimst. Das Auf und Ab der beiden ist typisch für den Zweikampf, den sich Apple und Microsoft liefern.
Kein Zwist in der Wirtschaftswelt dauert länger, nichts unterhält das Publikum fast täglich mehr als Gates vs. Jobs, der Wettstreit um die digitale Macht, der nun seit 30 Jahren andauert. Auch in den letzten Wochen hatte Jobs diverse Punktsiege gegenüber Bill Gates erreicht. Der Apple-Chef verkaufte sein Trickfilmstudio Pixar an Disney und wurde so grösster Disney-Aktionär und Verwaltungsrat der Mickymaus-Firma. Manche munkeln, er steige operativ bei Disney ein. Dagegen hatte Microsoft-Gründer Bill Gates Quartalszahlen zu bieten, die nur knapp besser waren als im Vorjahr.
Noch Ende letztes Jahr hatte es anders ausgesehen. In Davos verteilte Gates 900 Millionen Dollar für die Bekämpfung der Tuberkulose und bekam wieder mal Lob für sein riesiges soziales Engagement. Dieses bescherte ihm zudem den «Time»-Titel als «Person des Jahres». Jobs fing hingegen im Magazin «Wired» harsche Kritik ein wegen seines mangelnden sozialen Engagements: «Gates verändert die Welt. Jobs ist der eigensinnige Kapitalist.»
Dabei hat das Duo auch Gemeinsamkeiten: Beide wurden 1955 geboren, Jobs im Frühling, Gates im Herbst. Beide brachen ihr Studium ab. Gates gründete die Softwarefirma Microsoft, Jobs den Computerhersteller Apple. Anfänglich hatten sie dasselbe Ziel – die Dominanz von IBM zu brechen. Damit hatte es sich dann aber. Das Adoptivkind Jobs wuchs als Hippie auf, praktizierte freie Liebe und fand in Indien sein Karma. Der ungestüme Drang nach Neuem zeichnet ihn aus. Millionärssohn Gates geriet zum streberhaften und hartnäckigen Sonderling. Als nahezu perfekt gelten sein Timing und sein Riecher für Kundenwünsche.
Jobs pflegt das Image des unbändigen Erfinders und brandmarkt Gates stets als geldgierigen Kopisten. Es war Jobs, der 1977 mit dem Apple II den ersten Personal Computer für die Massen auf den Markt brachte. Es war Gates, der das nicht einmal selbst entwickelte Betriebssystem DOS an IBM verkaufte und so den Grundstein für die Microsoft-Dominanz legte.
Während Apple Jobs entliess, wurde Gates reich und reicher
Auf dem Höhepunkt des Streits beschuldigte Jobs 1985 den Erzfeind des Ideenklaus. Das Betriebssystem Windows sei eine schlechte Kopie des ein Jahr zuvor lancierten Macintosh. Gates stritt es nicht ab. «Macht es genau so wie beim Mac», soll er seinen Software-Entwicklern befohlen haben. Zumal Jobs bei Xerox abguckte.
Doch Jobs’ Genie half wenig, Apple entliess ihn, während Gates sich zum reichsten Mann der Welt hocharbeitet. Für Jobs, der 1997 zurückkehrte, besonders bitter: Gates rettete im gleichen Jahr Apple mit einem Zuschuss über 150 Millionen Dollar vor dem Bankrott.
Das Blatt hat sich heute gewendet. Jobs hat in den letzten drei Jahren die Apple-Aktie verzehnfacht, während Microsoft kaum mehr wächst. Mit dem iPod und dem iTunes Music Store hat er die führende Rolle bei der Konvergenz zwischen Technologie und Inhalten übernommen. Sein Einfluss auf die Medienwelt ist enorm, seine Gier unbändig. Gates konzentriert sich zunehmend auf seine Stiftung. «Jobs ist noch immer davon besessen, Gates zu schlagen», sagt der US-Kulturkritiker Jonathan Stein. «Gates hingegen kann zum Streit beflissen schweigen. Niemand kann ihn einholen.»
Der Vergleich: 17-mal Gates vs. Jobs
Wer steht wohl auf Bob Dylan? Und wer auf Leonardo da Vinci?
Vermögen Gates besitzt laut «Forbes» 50 Milliarden Dollar und ist der reichste Mann der Welt. Der Kurssturz von Microsoft im Jahr 2000 hat ein Drittel des Vermögens vernichtet. Jobs ist knapp 4 Milliarden Dollar schwer. In den letzten drei Jahren hat sich sein Vermögen aber dank dem Höhenflug der Pixar- und Apple-Aktie verdreifacht.
Spenden Zwischen 2000 und 2004 hat Gates 28,4 Milliarden Dollar für wohltätige Zwecke ausgegeben. Gates betont, er wolle sein gesamtes Vermögen vor seinem Tod verschenken. Jobs hat noch nichts verschenkt und erntet dafür Kritik.
Familie Der Vater von Gates gründete bei der Geburt seines Sohnes einen Fonds in Millionenhöhe. Gates ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in der Nähe von Seattle. Jobs wurde eine Woche nach der Geburt zur Adoption freigegeben. Er war der Liebhaber von Folk-Sängerin Joan Baez, angeblich, weil Baez zuvor mit Jobs’ Idol Bob Dylan liiert war. Jobs hat ingesamt vier Kinder, wovon drei mit seiner jetzigen Frau. Einen Computer benannte er nach seiner Tochter Lisa. Er lebt im Silicon Valley.
Marktanteile Apple konnte 2005 um 30 Prozent zulegen und hat bei den Betriebssystemen in den USA einen Marktanteil von 4,5 Prozent. Microsoft steht bei rund 93 Prozent. Die weltweite Verteilung: Windows: 97,46 Prozent, Apple 1,43 Prozent, Linux 0,26 Prozent (Quelle: Onestat).
Das nächste Gefecht Dank dem iPod hat Apple einen Marktanteil von 80 Prozent bei den MP3-Playern. Nun plant Microsoft einen eigenen Player. Bei der legal heruntergeladenen Musik hat Apple gar einen Anteil von 83 Prozent. Der Microsoft-Musikladen wurde eben erst neu lanciert, und Zahlen fehlen noch. Gates betont, er werde Apple wie einst beim Betriebssystem überholen.
«Time»-Titelblätter Gates erschien erstmals 1984 auf dem Cover, letztmals Ende 2005 als «Person des Jahres». Ingesamt acht Titel. Jobs schaffte es 1982 erstmals aufs Cover von «Time», letztmals im Oktober 2005 als «wichtigster Erfinder der Gegenwart». Insgesamt fünf Titel.
Die Schattenseite Gates gilt als ruchloser Kapitalist und Monopolist, der schon etliche Kartellrechtsfälle verloren hat. Jobs gilt als Kontrollfreak. Letztes Jahr verklagte er Blogger, die geheime Apple-Produkte bekannt gegeben hatten. Unlängst beschimpfte er Umweltschützer, die Apple als zu wenig resolut bei der Entsorgung alter Computer kritisierten.
Dirty Little Secret Gates ist ein hervorragender Verkäufer von Produkten, die andere erfunden haben. Jobs ist ein hervorragender Verkäufer von Produkten, die andere erfunden haben.
Politik Gates gilt als apolitisch. In der Tendenz vertritt er eine liberale Gesinnung. Hat republikanischen Politikern 53 400 Dollar gespendet und demokratischen 38 950. Jobs hat Al Gore in den Verwaltungsrat berufen. Einst stellte er Bill Clinton sein Haus zur Verfügung. Hat den Demokraten bisher 228 000 Dollar gespendet und 1982 einem Republikaner 1000 Dollar gegeben.
Gemeinsamer Freund Mit Gates bekämpft der U2-Sänger Bono Armut und Aids in Afrika. Jobs lancierte einen U2-iPod. Bonos Antlitz wirbt angeblich kostenlos für iTunes. Jobs verkaufte Bono einst eine Wohnung in New York.
Oberflächliches Markenzeichen Gates: Lange Zeit fettige Haare und viel zu grosse eckige Brille. Gepflegter, seit er verheiratet ist. Meist blaues Hemd ohne Krawatte. Jobs: Trägt stets dasselbe. Runde John-Lennon-Brille, Rollkragenpullover, Bluejeans ohne Gürtel, Turnschuhe.
Status Gates steht an erster Stelle der von Burson-Marsteller geschaffenen Liste der Top-CEO. Das, obwohl er nicht mehr CEO, sondern Chairman von Microsoft ist. An zweiter Stelle folgt Jobs.
Zitate Gates: «Erfolg ist ein schlechter Lehrer. Er verführt gescheite Leute zum Glauben, sie könnten nicht verlieren.» Jobs: «Als ich 23 war, hatte ich mehr als 1 Million Dollar, mit 24 waren es mehr als 10 Millionen und mit 25 über 100 Millionen. Es war mir völlig egal. Ich habe nie etwas wegen des Geldes gemacht.»
Studium Gates: Hat das Studium in Harvard abgebrochen. Jobs: Schmiss sein Studium im Reed College, Portland (Oregon), hin.
Wichtigste Helfer Gates: Steve Ballmer, Mitbegründer von Microsoft und heute Konzernchef. Jobs: Jonathan Ive, der Chefdesigner bei Apple, John Lasseter, kreativer Leiter bei Pixar und jetzt in der Trickfilmabteilung von Disney.
Kultur Gates besitzt eine Kollektion der Schriften von Leonardo da Vinci.
Jobs verehrt Bob Dylan.
Innigster Wunsch Gates: Friedensnobelpreis. Jobs: 51 Prozent Marktanteil bei Personal Computern.