Von Peter Hossli
Lauwarmer Kaffee, trockene Brötchen – passend zu den düsteren Analysen zur Weltwirtschaft, die drei Starökonomen beim Frühstückstreffen der Denkfabrik Council on Foreign Relations abgaben. Nicht «genügend eigene Zugkraft» entwickle die US-Wirtschaft derzeit, urteilte der Chefökonom von Morgan Stanley, Stephen Roach. In den letzten 33 Monaten seien die Einkommen der Amerikaner um bloss 2,3 statt 13 Prozent gewachsen. «Den Konsumenten fehlt eigenes Geld, um die Wirtschaft anzutreiben», sagte Roach. Steuerkürzungen und Kredite hätten Wachstum beschert. Quellen, die versiegen. Da die Wirtschaft kaum Jobs kreiere, sei er «sehr nervös» bezüglich des kurzfristigen Trends. «Das Wachstum könnte im ersten Quartal 2005 abgewürgt werden», so Roach. «Nicht nur in den USA, sondern global.»
Optimistischer gibt sich John Lipsky, der leitende Ökonom bei J. P. Morgan Chase. «Wachsen die Einkommen der Unternehmen, wachsen deren Ausgaben», argumentiert er. Gewinne und Gewinnmargen erreichten derzeit Rekorde. US-Firmen würden wieder investieren. Zwar falle die Erholung nicht übermässig stark aus, sagt Lipsky, «weil die Rezession weniger stark als befürchtet ausfiel». Peter Hooper von der Deutschen Bank entgegnete, die Investitionen seien jüngst zwar gewachsen. «Noch liegen sie weit hinter dem Umfang vor der Rezession.» Er hält die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt für «enttäuschend». Roach nennt sie «erbärmlich». Als Notenbankchef Greenspan im Frühjahr vor den negativen Folgen hoher Energiepreise warnte, lag das Fass Rohöl bei 35 Dollar. Nun sind es 53 Dollar. «Öl ist 65 Prozent teurer als im Fünfjahresdurchschnitt», rechnete Roach vor, was eine «signifikante Gefahr» für die globale Wirtschaft darstelle. Lipsky gewinnt dem Positives ab. Der Preis sei vor allem wegen der Nachfrage gestiegen. «Das heisst, die Weltwirtschaft wächst stärker als erwartet.»
Neben den Energiekosten bestimme vornehmlich China den Lauf der globalen Wirtschaft. Ausschlaggebend sei, wie rasch die Einwohner des Reichs der Mitte von preiswerten Produzenten zu kaufkräftigen Konsumenten werden. Und wie lange China mit Dollarkäufen die Währung noch stütze.
Einig waren sich die drei noch in einem anderen Punkt: «Von Japan und Europa gehen in naher Zukunft kaum Impulse aus», spitzte Hooper zu. Die Kollegen nickten.