Von Peter Hossli
Sonntagnacht spazieren sie über den roten Teppich. Artig beklatschen sie am Montag im «Waldorf-Astoria» eine angriffige Rede ihrer Grossmutter. Abends horchen sie im Madison Square Garden Rudolph Giuliani. Mit einer Mischung aus aufgesetztem Witz und Anbiederung führen sie am Dienstagabend eine Live-Videoschaltung des Vaters ein. Am Mittwoch gehört ihnen am Jugendkonvent das Rampenlicht.
Wohin man diese Woche in New York am Parteitag der Republikaner auch geht: Sie sind da, die beiden Bush-Zwillinge, 22, die Töchter des Präsidenten. Barbara, die ruhigere, kantigere Brünette. Und Jenna, die rundere, lautere Blondine.
Schirmen First Families ihre Nachkommen traditionell ab, stimmt das heuer nicht. Angeblich auf eigenen Wunsch steigen die «Bush-Twins» in den Wahlkampf, um ihrem Vater zur Wiederwahl zu verhelfen. Nur ein Viertel der unter 25-Jährigen Amerikaner geht an die Urne. Nun sollen die präsidialen Töchter die Stimmabstinenzler mobilisieren und von den politischen Fähigkeiten des Vaters überzeugen. Ihr Einsatz ist perfekt orchestriert. Er begann in Athen an den Olympischen Spielen, wo Jenna und Barbara die USA repräsentierten. Nach dem Parteikonvent beziehen sie in der Wahlkampfzentrale ein Büro, besuchen Konzerte und begleiten ihren Vater auf Reisen ins Landesinnere. «Es wird der Campingtrip, den ich euch schon lange versprochen habe», witzelte Bush am Parteikonvent.
Er braucht die Zwillinge. Zu klein ist sein Vorsprung bei den Umfragen auf Herausforderer Kerry. Für diesen werben mit Alexandra, 30, und Vanessa, 27, seit über einem Jahr eine brünette und eine blonde Tochter. Am demokratischen Parteitag in Boston stellten sie ihn rührig als liebevollen Daddy vor. Einst sei er ihrem ertrinkenden Hamster hinterhergehechtet, hätte ihn aus eiskaltem Wasser gefischt und wiederbelebt.
Bushs Töchter sind frecher gekleidet, die von Kerry teurer
Kein Wunder, bezeichnen die Boulevardblätter das politische Engagement der vier Töchter als die «babe battle», «Schlacht der Schätzchen». Es ist die perfekte Geschichte für den Fernsehwahlkampf, bei dem Politik und Entertainment eins werden. Die Sprösslinge der Kandidaten sind Stars mit Geheimdienstbewachung, über die Gerüchte von wilden Affären kursieren. Je eine Titelgeschichte widmete auch das Modemagazin «Vogue» den jungen Kerrys und den Bushs. Starfotografen lichteten sie in Designerroben ab. Schauspieler Ben Affleck – er soll Vanessa mögen – schreibt diesen Monat in «Harper’s Bazaar» über die Kerrys. Gemäss Modekolumnisten kleiden sich die Bushs frecher, die Kerrys dafür teurer.
Eine einfache Kindheit hatten sie alle vier nicht. Die Kerrys sind Scheidungskinder, die Bushs Töchter eines mittlerweile trockenen Alkoholikers. Barbara, von der Presse «die Gescheite» genannt, studierte an der Yale University, der Alma Mater des Vaters. Ihre sozialen Zukunftspläne stehen im Kontrast zum Familienvermögen, will sie doch in Afrika Aidskranke pflegen. Schwester Jenna, von den Medien als «die Dümmere» bezeichnet, schaffte es nur an die University of Texas. Das College ist bekannt für wilde Partys, nicht aber für akademische Brillanz.
Alkohol und bare Busen statt Pickel und Zahnspangen
Vanessa Kerry studierte wie ihr Vater an der Yale University. Nessa, so ihr Kosename, besucht derzeit Medizinvorlesungen an der Harvard University. Ihre Schwester Alexandra, mal A, mal Ali gerufen, verdingt sich in Hollywood als Schauspielerin und Dokumentarfilmerin.
Frühere First Daughters waren anders. Zahnspangen und Pubertätspickel, nicht die Wahl des Abendkleides bereiteten Amy Carter und Chelsea Clinton die grösste Mühe. Erspart blieben ihnen dafür die peinlichen Schlagzeilen, wie sie die Bushs und Kerrys kennen. Vor drei Jahren bestellten die damals 19-jährigen Bush-Twins in einer Bar in Austin einen Drink. Alkohol gibts in Texas legal erst ab 21. Barbara und Jenna hatten gefälschte Ausweise – und wurden prompt erwischt. Sie zahlten 100 Dollar Busse, leisteten Sozialdienst und heissen seither «Jenna & Tonic». Kürzlich streckte Jenna vor laufenden Fernsehkameras aus einer fahrenden Limousine die Zunge raus. Reporter wollen Barbara beobachtet haben, wie sie aus einer Bar in Manhattan torkelte.
In die Schlagzeilen kam auch Ali Kerry, als im vergangenen Mai in Cannes ein ganzes Heer von Paparazzi ihren Busen knipsen konnte: Das Blitzlichtgewitter machte ihr schwarzes Kleid durchsichtig.
Schwerer noch als Skandalen auszuweichen fällt es ihnen, Amerikas Jugend auf Politik zu trimmen. Letzten Sonntag warben die Töchter an den MTV Music Awards für ihre Väter, die Kerrys vor Ort in Miami, die Bushs per Live-Schaltung via Satellit. Ausgebuht wurden alle vier.