Bushs Brückenbauer

Rund 80 Milliarden Dollar kostet der Wiederaufbau Iraks. 20 Milliarden wollen die USA kurzfristig investieren. Zur Freude von George W. Bushs Freunden. Das Geld fliesst in deren Taschen. Sie verheimlichen das nicht einmal.

Von Peter Hossli

Es tönt salopp, aber es stimmt: Der Irak ist zum Fass ohne Boden geworden. In immer luftigere Höhen steigen die Schätzungen, was die Instandstellung des besetzten Landes kostet. Bei 55 Milliarden Dollar während vier Jahren sind Uno und Weltbank angekommen, nicht eingerechnet die 20 Milliarden, die US-Präsident Bush vom Kongress will.

Wer zahlt ist ungewiss. Im Vorfeld der am 23. und 24. Oktober angesetzten Irak-Konferenz in Madrid haben etliche Länder verlauten lassen, sie würden wenig bis nichts beisteuern. Irakisches Öl fliesst noch Jahre nicht üppig genug.

Fest steht, wohin Amerikas Geld fliesst – in die Taschen von Bushs Freunden und den Freunden seines Vaters, Ex-Präsident George H. W. Bush. Sie haben in Washington die Beraterfirma New Bridge Strategies (NBS) gegründet, welche die Brücke schlagen soll zwischen US-Regierung und Firmen, die im Irak Schulen bauen, Ölanlagen reparieren, Leitungen legen.

Das nach Kriegsende gestartete Unternehmen, enthüllte als erstes die Zeitung «The Hill», ist ein Who’s Who von Bushs Umfeld.

Das Beraterteam besteht grösstenteils aus Bush- und Reagan-Getreuen. Als Verwaltungsratspräsident amtet Joe Allbaugh, der im Jahr 2000 den Wahlkampf Bushs geleitet und ihm zuvor als Stabschef im Gouverneurshaus von Texas gedient hatte. Mit 140 Kilo Körperfülle ist Allbaugh das gewichtigste Mitglied des «eisernen Dreiecks», den drei engsten und treusten Mitarbeitern Bushs. Dazu gehören neben Allbaugh der Stratege Karl Rove sowie die ehemalige Kommunikationschefin Karen Hughes.
«Es gibt für mich nichts wichtigeres als Bush zu schützen», sagte Allbaugh 1999 der «Washington Post» – Loyalität, die jetzt retourniert wird. «Big Country», so der präsidiale Kosename für den 1,95-Meter-Riesen, wird reich. Für jeden Vertrag, den er zwischen Firmen und der von seinem Gefährten geführten Regierung vermittelt, kassiert er eine Kommission.

Aus dieser Vetternwirtschaft macht er keinen Hehl. Unverblümt legt die Firma die Nähe zur Regierung und zu Bush offen. «Die Direktoren von New Bridge Strategies blicken auf eine jahrelange Erfahrung in öffentlichen Ämtern zurück», heisst es unter www.newbridgestrategies.com. Sie hätten Posten belegt bei Bush und Ronald Reagan und seien «deshalb besonders gut geeignet» mit Behörden, dem Verteidigungsministerium sowie «dem ganzen Wiederaufbauapparat im Irak» zu arbeiten. Zum Kongress, der das Geld spricht, habe man einen «direkten Draht». Die Ausrichtung der Firma stimme «mit der Politik der Bush-Regierung überein».

Irak erinnere ihn an einen «grossen Honigtopf, der viele Fliegen anzieht», beschrieb US-Senator John McCain unlängst den Run auf Geschäfte im Nahen Osten. Offenbar sieht NBS ein enormes Potenzial im Zweistromland. Umfang und Art der zu erwartenden Aufträge seien «beispiellos», sagen die Brückenbauer. Zumal es «keine andere Firma» gebe, welche die «nötigen Fähigkeiten und Erfahrungen» habe, «um sowohl in den USA wie im Irak effektiv zu sein».

Etwas dubios mutet da die online publizierte Biografie von John Howland an. Der CEO und Präsident von NBS brüstet sich, während des Iran-Irak-Kriegs «eng mit der US-Regierung» gearbeitet zu haben, «um die irakische Regierung logistisch zu unterstützen und mit Lebensmittel zu versorgen.» Logistische Hilfe ist in der Regel Waffenlieferung. Die irakische Regierung? Das war damals Saddam Hussein.

Nach etlichen kritischen Medienberichten schweigt nun NBS. Bloss noch eine Maschine beantwortet das Telefon, eine Frauenstimme verweist auf das E-Mail. Eine elektronische Anfrage bleibt jedoch unbeantwortet.

Bereits vor der NBS-Gründung rief die Vergabe der Aufträge heftige Kritik hervor. Als «einer der Hauptgründe» für das Debakel im Irak beschreibt etwa der Princeton-Ökonom Paul Krugman die Vetternwirtschaft. Regelrechte «Preise für Freunde» seien die Verträge – «mit katastrophalen Folgen» für Irak.

Besonders problematisch scheint die Rolle von Vizepräsident Dick Cheney. Kellog, Brown & Root (KBR) erhielt nach Kriegsende einen 500-Millionen-Dollar-Vertrag, um die brennenden Ölfelder im Irak zu löschen – ohne dafür je eine Offerte eingereicht zu haben. KBR ist eine Tochterfirma von Halliburton, jenem Ölservice-Giganten in Houston, dem Cheney in den neunziger Jahren als CEO gedient hatte.

Gegen den Vorwurf der Günstlingswirtschaft wehrt sich Cheney. Mitte September stritt er in der Fernsehsendung «Meet the Press» eine finanzielle Beteiligung an Halliburton ab. «Ich habe sämtliche Verbindungen abgetrennt».

Dass dem nicht so ist, belegt jetzt ein Bericht des Recherchierdienstes des US-Kongress. Den hat der demokratische Senator Frank Lautenberg letzte Woche veröffentlicht. Demnach hält Cheney nach wie vor 433’333 Optionen auf Halliburton-Aktien. 2001 kassierte er überdies einen nachgeschobenen Lohn von Halliburton in der Höhe vo 205’298 Dollar, im letzten Jahr waren es noch 162’392 Dollar gewesen. Noch bis 2005 sollen jährlich ähnliche Summen folgen.

Laut Lauterburg hat Halliburton mittlerweile von der US-Regierung Reparaturaufträge erhalten in der Höhe von 2,5 Milliarden – klammheimlich und ohne Offerte. Lautenberg will mit einer Anhörung im Senat Klarheit schaffen, ob diese Aufträge mit einem Abschiedsgeschenk zu tun haben – als Cheney abtrat, erhielt er 20 von Halliburton Millionen Dollar.

Vorteil Amerika
Im Irak dürften hauptsächlich US-Firmen zum Zug kommen, dafür hat die Regierung von George W. Bush in den letzten zwei Monaten gesorgt. So liess der Präsidenten seinen Freund Thomas Foley einsetzen, um die einst vom Staat kontrollierten irakischen Firmen zu privatisieren. Ganze Industriezweige dürften demnach in amerikanische Hände fallen. Am 19. September hat Botschafter L. Paul Bremer, derzeit der Verwalter Iraks, eine Weg weisende Verordnung verabschiedet. Demnach dürfen ausländische Firmen irakische Firmen nicht nur kaufen, sondern selbst die Schlüsselsektoren kontrollieren. Gut möglich, dass beispielsweise Citibank schon bald den Geldverkehr in Bagdad abwickelt und Wal-Mart die Iraker mit Konsumgütern versorgt.