«Etwas Schönes, egal was es kostet»

Ein New Yorker Vermögensverwalter lässt sich eine der exklusivsten Segeljachten der Welt bauen. Über 80 Millionen Dollar bezahlt er für das Schiff, auf dem er etwa zehn Wochen pro Jahr verbringen wird.

Von Peter Hossli (Text) und Charly Kurz (Foto)

sheherazade4.gifDas Sägemehl klebt seit Tagen im struppigen Schnurrbart von Chuck Kelsey. Behutsam hobelt er an einem leicht gebogenen Holzstück. Er bläst die Spänne weg und legt es an das abgerundete Fenster der Bootsbrücke. Die Leiste passt nicht knapp. Bruchteile eines Millimeters müssen noch weg. Kelsey spannt die abgerundete Latte erneut in den Amboss und schmirgelt weiter.

Vierzehn Tage lang haben Kelsey und drei andere Bootsbauer die hölzerne Rinne des Steuerhauses geformt. Aussergewöhnlich sei solcher Aufwand nicht. «Zeit ist zweitrangig», so Kelsey, «es geht einzig darum, ein exzellentes Schiff auszuliefern.»

Seit vier Jahren arbeitet Kelsey auf dieses Ziel hin. Er war dabei, als der erste Baumstamm, eine uralte Fichte, in East Boothbay im US-Bundesstaat Maine ankam. Er wird dabei sein, wenn die Hand gefertigte Luxusjacht Scheherazade demnächst ins Meer sticht. Schätzungsweise 80 Millionen Dollar bezahlt ein New Yorker Vermögensverwalter für das Segelschiff der Superlative, eines der exquisitesten Privatboote, das je gebaut worden ist. Eine so genannte Megajacht, auf der neuste Technologie und althergebrachtes Kunsthandwerk harmonieren.

Das 47 Meter lange Boot trägt einen Sagen umwobenen Namen aus der arabischen Märchenwelt. Der Legende nach war Scheherazade ein einfaches Mädchen aus Bagdad, als sie Sultan Schahriar zu Beginn des 10. Jahrhunderts ehelichte. Aus Eifersucht hatte der Herrscher seine bisherigen Gattinnen nach der ersten Nacht getötet. Scheherazade blieb am Leben, weil sie ihren Mann allabendlich mit einer fesselnden Geschichte betörte. Auf Ali Baba, Sindbad oder Aladin mochte Schahriar nicht verzichten; der Sultan bewahrte die Meistererzählerin vor der Hinrichtung. Später wurden die Fabeln als «Tausend und eine Nacht» weltweit vertrieben.

Der Besitzer wollte sich wohl einen alten Traum erfüllen, begründet Tim Hodgdon den ausgefallenen Namen. Hodgdon, ein schlaksiger und scheuer Kerl, der ständig an seiner zerknüllten Baseballmütze zupft, ist Eigner von Hodgdon Yachts, eine von weltweit sechs Werften, die derart luxuriöse Holzschiffe bauen können. Hodgdon gilt als Nonplusultra. «Exzellenz, nicht Perfektion strebe ich an», sagt Tim Hodgdon, der die Firma in fünfter Generation führt. Es reicht nicht, wenn ein Stück Holz passt, eine Schraube sitzt, eine Seilwinde dreht. Sei bei einem Gemälde die intuitive Brillanz des Künstlers spürbar, müsse man bei seinen Booten die Hände der Bootsbauer fühlen.

Nahezu esoterisch spricht Hodgdon über das Handwerk. Er ist einer Tradition verpflichtet. Seit 1816 hat seine Familie in East Boothbay über 400 Schiffe gebaut, hauptsächlich kommerzielle. Während beider Weltkriege und später des Koreakriegs liefen überdies Minensuchboote vom Stapel. Erst spät, in den achtziger Jahren, begann die Firma Superjachten zu fertigen. Gerade rechtzeitig. Investoren hatten an der Börse satte Gewinne erzielt. Einige kauften damit in Maine eine Jacht.

Tausende farbiger Punkte liegen in der Bucht von East Boothbay, es sind Bojen, an denen Hummerfallen bammeln. Der Damariscotta River mündet hier ins Meer, in eine der unzähligen malerischen Fjorde entlang der gezahnten Küste Maines. Seit über dreihundert Jahren werden entlang dieses Flusses Schiffe gebaut. Etliche Handwerker, die nun die Scheherazade fertigen, entstammen Bootsbauer-Dynastien. «Meine Familie baut hier Schiffe seit der amerikanischen Revolution», sagt Kelsey.

Ein Schiff «so spektakulär wie die Scheherazade» habe er noch nie gebaut. «Sie ist aussergewöhnlich, in jeder Hinsicht.» Ein Kollege sagt, sie sei «ein wahnsinniges Boot mit viel zu vielen Details». Deren schiere Grösse hat die Kapazitäten von Hodgdon gesprengt, die Hauptwerft war schlicht zu klein. Just zog die Firma um und liess eigens für die kolossale Jacht ein neues, hoch modernes Gebäude errichten. Knapp nur hat die Scheherazade darin Platz.

Sie ist so lange wie ein 757-Jet von Boeing, von Kiel bis Deck so hoch wie ein fünfgeschossiges Mehrfamilienhaus. Die Spitze des Hauptmasts liegt 56 Meter über der Wasseroberfläche. Der Besanmast, der den Satellitenempfänger trägt, ist nur unwesentlich kürzer. Fertigen liess Hodgdon die zwei Segelträger aus Kohlenstofffasern in Neuseeland. Ein Frachter transportierte sie um die halbe Welt nach Delaware, wo sie in einen Schleppkahn umgeladen und nach Boothbay gezogen wurden. Setzen wird sie der höchste Kran von Maine.

Je älter das Holz, desto stabiler und kräftiger gerät der Bauch einer Jacht. Im Staat Washington fanden die Bootsbauer eine 600 Jahre alte Fichte. Daraus und aus Kunststoff formten sie in eineinhalbjähriger Geduldsarbeit den Rumpf. «Aus einem Baum, der lange vor der Ankunft Kolumbus’ wuchs», sagt Rob McFarland, ein unscheinbarer Bootsbauer, der seit fünf Jahren bei Hodgdon arbeitet. Es handele sich um Sturmholz, betont er.

Mittlerweile glänzt das zähe, zu einem bauchigen Schiffsrumpf modellierte Material in blauem Lack. Darüber liegt das Deck aus Teakholz. Eine angenehme Ruhe strahlt das symmetrische Riesenschiff aus, auf dem Dutzende von Arbeitern noch immer hobeln und schmirgeln, pinseln und putzen. Wie ein Pfeil, der darauf wartet, abgeschossen zu werden, liegt es im Trockenen.

Alles auf der Scheherazade ist Massarbeit, nichts ab Stange gekauft. Drei Schnitzer haben 500 Ornamente aus Nussbaumholz gefertigt. Sie stellen Muscheln dar, ans Land gespültes Seegrass oder Seepferdchen, welche die Leisten unter Deck verzieren. Jedes Stück habe eine eigene Charakteristik, sagt Greg Rollins, einer der drei Holzschnitzer bei Hodgdon. Pro Exemplar hat er zehn Stunden lang geschnitzt. Die Verkleidung der Innenräume versah Rollins mit dem kostbaren Holz des Maulbeerbaums; daraus werden gewöhnlich die empfindlichen Rückseiten von Geigen gefertigt.

Noch ist der ebenfalls mit Maulbeerbaumholz ausgekleidete Salon komplett in Plastik verhüllt. Er wird lackiert. Kein Staub soll rein, keine giftigen Dämpfe raus. In Schutzanzügen und Gasmasken tragen zwei Männer die Farbe auf. Ein paar Stunden lassen sie sie trocknen, dann folgt die nächste von insgesamt zehn Schichten.

Es ist Ende August. Die Jacht sieht nicht so aus, als ob sie in einem Monat ins Wasser ginge. Regungslos steht sie auf vier Eisenpfeilern. Auf drei Etagen legen 87 Bootsbauer Hand an ihr an. An der Wand hängt ein Zettel, auf dem die täglich zu erledigenden Arbeiten aufgelistet sind. Es ist ein Rennen mit der Zeit. Am 27. September zur Mittagszeit steht die Flut in East Boothbay heuer letztmals hoch genug, um ein Schiff von dieser Grösse problemlos zu wassern. Das Datum des geplanten Stapellaufs ist auf einer Tafel in Bronze gegossen. Das lässt sich nichts mehr verschieben. Nur noch zwischen 2 bis 6 Uhr früh schliesst jetzt die Werft. Sonst wird im Schichtbetrieb gearbeitet, auch am Wochenende. Damit sich Schnitzer und Maler nicht in die Quere geraten, kommen die einen früh, die anderen spät.

«Natürlich bin ich froh», sagt Bootsbauer McFarland, «wenn sie endlich rechts abbiegt», den Damariscotta River runtersegle und am Horizont verschwinde. Sie alle hätten die Scheherazade jedoch ins Herz geschlossen. Sie sei ja auch ihr Boot. Zumindest einen halben Tag lang darf jeder Bootsbauer sie segeln. Liegt das Prunkstück mal im Wasser, wird es nämlich noch wochenlang auf seine Seetüchtigkeit getestet. Die Arbeiter fahren dann mit. Das vereinfache den Abschied. «Hoffentlich windet es wie wahnsinnig», sagt McFarland, der selbst ein Kanu besitzt und kein grösseres Schiff will. Wo er und seine Kollegen nie hin könnten, segle die Scheherazade hin, sagt er. Eifersüchtig auf den Besitzer sei er nicht. Viel eher hofft er, die Scheherazade werde eine alte Tradition aufleben lassen und amerikanische Dynastien wieder dazu verleiten, ebenfalls verschwenderische private Jachten anzuschaffen. «Ich habe dann Arbeit und die Besitzer kriegen ihre Spielzeuge.»

Über die hintere Treppe verschwindet er unter Deck. Nur Kunstlicht beleuchtet hier die Zimmer, den Salon und die Büros. Klimaanlagen versorgen die Jacht mit frischer Luft. Luken fehlen. Der Grund für das fensterlose Schiff: der Jachtdesigner Bruce King mag es elegant und möglichst tief liegend. Fenster wären da hinderlich.

Bequem übernachten können elf Personen – fünf Crewmitglieder, sechs Passagiere. Sie teilen sich sechs Schlaf- und sieben Badezimmer. Das Besitzerpaar nächtigt im geräumigen Schlafgemach beim Heck. Es gibt ein Badezimmer für ihn, ein kleineres für sie. Dann folgen sein und ihr Büro. In den beiden Gästezimmern hat es je zwei Betten und eine Toilette mit Dusche. Im Salon dinieren sechs Personen, die Besitzer und die vier Gäste.

Die Crew lebt im Bug. Sie isst in einer separaten, etwas eng geratenen Ecke. Dem Kapitän steht eine Einzelkabine zu, das Bad muss er nicht teilen. Auf Kajüten schlafen die Stewardess und die Köchin sowie, in einer anderen Koje, der Ingenieur und der Erste Offizier. Sie teilen sich zwei enge Waschräume. Hinzu kommt noch die Kombüse.

So lange der Vorrat reicht, kann die Scheherazade segeln. Täglich fünf Tonnen Frischwasser stellt die bordeigene Entsalzungsanlage her. Eine Kläranlage reinigt das Abwasser. Aufs ganze Schiff verteilt sind 17 Computer und sieben Server. Auf jedem der Bildschirme mit Berührungseingabe können die Segel gehisst, die Jacht gesteuert, die Klimaanlage verstellt, die Pegelstände von Wasser und Diesel überprüft, die Hydraulik bedient werden. Ein Satellitenempfänger sorgt für eine schnelle Verbindung ins Internet.

Was die Scheherazade einzigartig mache, sei das feine Zusammenspiel zwischen ausgeklügelter Technik und anspruchsvollem Kunsthandwerk, betont Tim Hodgdon, der Werfbesitzer. «Wir bauen unsere Schiffe in derselben Jahrhunderte alten Technik und packen dann neustes Hightech rein.»

Nur das Beste käme aufs Boot. So liess er die Verschalung der Brücke in Rhode Island fertigen, die dazugehörigen Fenster in Deutschland. Deutsche Ingenieure reisten eigens an, um die Scheibe zu installieren. Die Technologie im Unterleib stammt aus Holland. Seine Systemspezialisten seien wochenlang in den Niederlande gewesen, um sie kennen zu lernen. Das Deck zimmerten Spezialisten in Florida aus besonders dauerhaftem und widerstandfähigem Teak, einem ölhaltigen Tropenholz, das Salzwasser trotzt. Der 75 Tonnen schwere Stahlkiel goss eine Giesserei in Kanada.

Wer der Herr Scheherazade ist wissen in East Boothbay alle. Preisgeben will es niemand, Hodgdon partout nicht. «Das ist angesichts ihrer Schönheit gar nicht wichtig», sagt er. Es sei ein reicher Mann, der bereit sei, sich auf ein solches Abenteuer einzulassen. Gemäss Firmensprecher Ted Smith verwaltet er in Manhattan die Vermögen vermögender Menschen.

Er ist Mitte 60 und besitzt weltweit Häuser, etwa in Maine, aber auch in der Schweiz. Drei bis vier Mal jährlich besucht er die Werft, erzählen die Bootsbauer. Er sei ein netter, bescheidener Mann, der sich schlicht kleide. Einst habe er zwei Enkel mitgebracht, die begeistert auf dem Deck herum tollten. Jedes Jahr am 4. Juli, dem Nationalfeiertag, lädt er die Handwerker zu einem Fest ein. Einmal habe Calypso-Legende und Bürgerrechtler Harry Belafonte gesungen.

Jederzeit und überall kann der Besitzer den Lauf der Dinge verfolgen. Vier Kameras sind ständig auf die Scheherazade gerichtet. Die Bilder, die sie einfangen, werden via Internet übertragen. Anfänglich hörte er dem Treiben in der Werft sogar zu. Die Bootsbauer protestierten, die Mikrofone verschwanden rasch.

Unangemeldet sei er an einem Sonntag in East Boothbay vorbei gekommen, sagt Sprecher Smith. «Ich will ein schönes Segelschiff», habe er zu Tim Hodgdon gesagt. Der schickte ihn zu Bruce King, dem amerikanischen Designer und Andrew Winch, dem britischen Innenarchitekten. Ein Handschlag reichte um zu starten. Die persönliche Beziehung zwischen Besitzer und Bootsbauer treibe ein solches Projekt voran, sagt Smith.

Als «Mensch, der sich kauft was er will wann er es will», bezeichnet Maler Peter Kidder den Besitzer. «Er ist eine Person, die weiss, dass seine Handlungen Konsequenzen haben.» Tatsächlich. Vier Jahr lang beschäftigte er fast neunzig Hodgdon-Angestellte, die ausschliesslich an seinem Schiff arbeiteten. Die Zulieferer eingerechnet haben insgesamt 500 Leute für die Scheherazade gewirkt. Auch eine Fotografin, die den ganzen Prozess des Schiffsbaus dokumentiert. Dereinst soll ein Hochglanzbuch über den Jachtbau erscheinen.

Wie viel am Schluss alles kostet, mag niemand sagen. «Wir wissen es gar nicht», sagt Smith. Nach wie vor würden Änderungen vorgenommen. Insgesamt stecken über eine halbe Millionen Arbeitsstunden in der Jacht. Angesichts des Aufwands, der teueren Technik und des kostbaren Holz dürfte die Schätzung von 80 bis 100 Millionen Dollar passen.

Eine Investition, die sich direkt nie rechnet. Allein die Unterhaltskosten sind enorm. Wer eine Jacht bauen lässt, muss sie innert drei Jahren nochmals kaufen, so die Faustregel. Zudem verliert ein derart ausgefallenes Schiff zügig an Wert sobald es im Wasser liegt. Ein Markt für gebrauchte Megajachten existiert kaum, es fehlen die Käufer. Wer derart viel für ein Objekt ausgibt und Jahre darauf wartet, will ein Unikat nach eigenem Gusto.

Als «ultimativer Luxus» bezeichnet Sprecher Smith daher den Kauf einer Superjacht nach Mass. «Du kaufst etwas, das man nicht unbedingt braucht, das viel kostet, und das stetig an Wert verliert.»

Es sei denn, die Jacht dient als schwimmendes Büro. Bestens eignen sich die Gästezimmer der Scheherazade nämlich, Kunden auf eine Cruise einzuladen und zu beeindrucken. Eine Woche im Mittelmeer – und die Passagier dürfte dem Besitzer die Verwaltung ihrer Portfolios anvertrauen.

Beim Bau der Luxusjacht spiele Geld allerdings keine Rolle, «darf es nicht», sagt Smith. «Es geht darum, die Vision von Besitzer und Designer umzusetzen.» Dem werde alles untergeordnet. Smith vergleicht die Kundschaft mit Kunstmäzenen. «Sie sind besessen davon, etwas Schönes in die Welt zu setzen, egal wie viel es kostet.» Jemand, der sich auf ein solch monströses Unterfangen einlasse, stünden ein paar Millionen mehr oder weniger nicht im Weg. Viel eher brauche er Geduld. Wer wartet nach der Bestellung schon vier Jahre auf die Lieferung.

Es gab schon bessere Zeiten, Superjachten zu bauen. Seit drei Jahren dümpelt die US-Wirtschaft. Betrugsskandale an der Wall Street halten Wohlhabende davon ab, sich ein Objekt anzuschaffen, das obszön erscheint. Die Bootsbauer in East Boothbay verunsichert deshalb, dass Hodgdon ein Nachfolgeprojekt für die Scheherazade fehlt. In den kommenden sechs Monaten werde man den Personalbestand reduzieren müssen, sagt Smith. Hodgdon hofft währenddessen zu diversifizieren. Statt stets ein einziges Schiff zu bauen, werde man in die Jahre geratene Jachten warten.

Zudem hofft die Werft auf einen Auftrag der Navy. Die US-Marine schafft demnächst 20 bis 30 neue Transportschiffe für ihre Spezialeinheit, die Navy Seals, an. Hodgdon möchte den Prototyp entwerfen und bauen. Entscheiden wird der US-Kongress. Öfters besuchen deshalb Parlamentarier die Werft – und bestaunen die Scheherazade. «Sie macht Werbung für uns», sagt Smith.

Seit zwei Jahren arbeitet Kapitän Michael Moneyhan für den Besitzer der Scheherazade. Er und seine Crew haben sich in einem Container unmittelbar neben dem Werftgebäude eingerichtet. Der Kapitän bestreitet, auf dem Trockenen nichts zu tun zu haben. «Ich wäre froh, bereits von Beginn weg dabei gewesen zu sein.» Jedes Schiff, das er steuere, baue er mit, sagt Moneyhan, ein eher schmächtiger Typ, dessen Jeans und rosarotes Hemd nicht so recht zum Luxuskahn passen. Er müsse sämtliche Innereien kennen, um auf hoher See Überraschungen auszuschliessen.

Rund zehn Wochen im Jahr werde der Besitzer auf dem Schiff sein, schätzt der Kapitän. Ansonsten lasse er die Besatzung wissen, wohin sie die Scheherazade segeln soll. Er fliegt dann hinter her. Dann gehört die Jacht dem Kapitän? «Nein», sagt Moneyhan. Er sei angestellt worden, weil ich die «schönsten Orte der Welt» kenne. «Wer zwischen Mittelmeer und Karibik hin- und hersegeln will, braucht mich nicht.» Der Besitzer beabsichtige ausgefallene Destinationen ansteuern. Daher sei die Scheherazade eher in Patagonien oder der Türkei als in Monte Carlo zu sichten.

Während 27 Jahren sei er mit seiner Frau um die Welt gereist, er als Kapitän, sie als Erster Offizier. «Dann ist ihr das Meer verleidet.» Er hatte nicht genug – und liess sich scheiden. «Kipper ist jetzt meine Familie», sagt Moneyhan und zeigt auf einen zottigen Hund, der neben ihm liegt. Er komme überall hin mit. Weil er schönere Häfen anlaufen könne und bei schlechtem Wetter nicht in See stechen müsse, steuere er jetzt private Schiffe. Mit Vorliebe Segeljachten. «Bei einem Motorschiff ist selbst der Kapitän nur Passagier.» Beim Segeln hingegen sei alles echt, könne nichts gefälscht werden. «Auf dem Meer zählt nicht, was Du an Land geleistet hast.» Man sei auf sich und sein Können angewiesen. «Du kannst eine Million Dollar über Bord werfen oder zu Gott beten – es hilft beides nichts.»

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Am 27. September am Mittag wurde die Scheherazade feierlich ins Wasser gesetzt. Das Fest war öffentlich, 3000 Schaulustige kamen. Sie assen Bohnen und Hot Dogs und tranken Bier und Coca-Cola.�