Von Peter Hossli
Haim Saban sonnt sich gerne im Rampenlicht – und er hasst es zu verlieren. Als der Milliardär vor einigen Jahren erfuhr, dass jemand der demokratischen Partei 250000 Dollar mehr gespendet hatte als er, stellte Saban just einen Scheck über eine Viertelmillion aus. Daran heftete er einen einzelnen Dollar-Schein und schickte beides an die Demokraten. Brühwarm erzählte er diese Geschichte der «Washington Post» mit der Anmerkung: «Ich hoffe, der andere erfährt davon nichts. Sonst schickt er bestimmt zwei zusätzliche Dollar.»
Die Story ist symptomatisch für Sabans jüngsten Coup, die Übernahme von Teilen der bankrotten Kirch-Gruppe. Mit viel Geld und einem guten Gespür für Öffentlichkeitsarbeit ist es ihm gelungen, eine Mehrheit bei ProSiebenSat.1 zu ergattern. In den nächsten Tagen dürfte er zusätzlich den Vertrag für Kirchs Filmrechte abschliessen.
Erhalten habe Saben den Zuschlag, «weil die deutschen Mitbieter schlicht nicht so viele Investitionsmittel auf der hohen Kante haben wie der überaus erfolgreich agierende Haim Saban», sagt Bernd Gäbler, einst Medienredaktor bei der «Woche» und heute Geschäftsführer des renommierten Adolf Grimme Instituts, das sich mit Medienpolitik und Kommunikationskultur befasst.
Mitten im dramatisch geführten Bieter-Wettkampf gewährte Saban überdies dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» eines seiner seltenen Interviews – und legte darin seine Vision für die Fernsehsenderfamilie von Kirch dar. Vor allem aber unterstrich er in aller Schärfe die Mängel der Konkurrenz: «Stellen Sie sich bloss einmal vor, eine Bauer-Delegation würde in Hollywood über Filmrechte verhandeln. Vergessen Sie’s», sagte Saban über den Bauer-Verlag, der bis am Schluss im Rennen war.
Dieser Satz tat weh. Denn Saban ist ein Mann, der es dort geschafft hat, wo in der Unterhaltungsbranche das grosse Geld gemacht wird – in Hollywood. Ein Selfmademan. Er bewohnt ein Haus, das einem Schloss aus dem Loire-Tal nachempfunden ist. Das «Los Angeles Business Journal» zählt ihn zu den reichsten Leuten von Los Angeles. Ex-Präsident Bill Clinton und dessen Frau, die Senatorin Hillary Clinton, bezeichnet er als «echte Freunde». Sabans Gattin Cheryl gilt als «heisseste Gastgeberin der Stadt». Zumindest schreibt das die «Los Angeles Times».
Nicht schlecht für einen, der tatsächlich aus der Gosse kommt. Haim Saban kam als Sohn eines jüdischen Kaufmanns und einer Schneiderin im ägyptischen Alexandria zur Welt. Der Legende nach soll er im Armenviertel von Tel Aviv aufgewachsen sein. In der israelischen Armee diente er sich bis zum Major hoch.
Nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1975 zog Saban mittellos nach Paris und versuchte sich – mit wenig Erfolg – als Bassgitarrist. Wirklich viel Geld, realisierte er, würden nicht die Künstler verdienen, sondern die Manager. Er betreute Bands, veranstaltete Konzerte und begann, Musik für Trickfilme sowie Titelsequenzen zu produzieren. Die Türe nach Hollywood öffnete schliesslich ihm die Titelmusik für die Ölmagnaten-Serie «Dallas».
1983 zog Saban in die USA – und entdeckte eine Nische, die es selten in die Spalten der Feuilletons schafft: billig produzierte TV-Serien für Kinder, die dazugehörigen Lizenzrechte und Merchandisingprodukte. Besonders einträglich waren die «Power Rangers», eine Kinderserie, die Saban auf einer Japanreise entdeckt, für wenig Geld gekauft und dann US-Geschmäckern angepasst hatte.
Mit viel zu viel Gewalt, rüffelte der einstige Vizepräsident Al Gore. Das sei ein «Unsinn», wehrte sich Saban jüngst im «Spiegel», zudem sei die Debatte von «vorvorgestern».
Ebenfalls nicht mehr frisch, aber für den Ruf nachhaltig prägende, ist der bittere Zwist mit der Schauspielergewerkschaft. 1998 rief die Screen Actors Guild (SAG) zum Boykott von Saban auf. Dessen Firma verhalte sich «unfair», schrieb die SAG damals, bezahle niedrige Löhne und kreiere am Arbeitsplatz eine «Atmosphäre der Angst». Insbesondere die Kinder würden «wirtschaftlich ausgebeutet» werden. Verlange eines der jungen Talente bessere Bedingungen, soll Saban dem Assistenten stets gesagt haben: «Besorg uns ein anderes Kind». Saban bestritt die Vorwürfe damals als «kategorisch falsch».
Solch taffe Methoden würden die «erstarrten Märkte ganz schön aufrollen», ist Medienexperte Gäbler überzeugt. Allerdings schlage dem Amerikaner im Gegensatz zum Australier Rupert Murdoch und dem Italiener Silvio Berlusconi «keine Stimmung der nationalen Abschottung» entgegen. «Die Beschäftigten bei ProSiebenSat.1 erhoffen sich von Saban mildere Auswirkungen als sie vom Einstieg des Bauer-Verlags erwartet hatten», sagt Gäbler. Er gelte als «das kleinere Übel».
Zumal Saban spätestens seit Oktober 2001 der Ruf des exzellenten Dealmaker mit dem Gefühl für perfektes Timing anhängt. Damals dreht er dem Disney-Konzern das 1995 mit Murdoch gebildete Jointventure für globale Vermarktung seiner Serien, Fox Family Worldwide, für 2,9 Milliarden Dollar an. Er selbst soll 1,5 Milliarden erhalten haben. Kurz nach dem Vertrag brachen die Preise für Kinderprogramme ein. Disney hatte das Nachsehen und Saban eine prall gefüllte Kasse, um den nächsten Streich zu landen – den Einstieg ins deutsche Fernsehgeschäft.