Von Peter Hossli (Text) und Robert Huber (Fotos)
Zur besten Sendezeit sprach Gore Vidal Anfang Februar harsche Worte: «Ich würde lieber die Junta in Washington vertreiben als Saddam Hussein im Irak», sagte der US-Autor in den Abendnachrichten von CNN. Der Moderator reagierte irritiert, ließ Vidal aber gewähren.
Eine typische Szene. Ob Künstler oder Priester, Umweltschützer oder Schauspieler – in den USA finden die Kriegsgegner plötzlich Gehör. Die Medien, bis vor kurzem noch geradezu apathisch in Sachen Kritik an der US-Regierung, können nicht mehr ignorieren, dass es gärt im Volk von George W. Bush und Donald Rumsfeld, wie eine ganze Serie machtvoller Proteste zeigt. Hunderttausende demonstrierten Mitte Februar im ganzen Land. Im Januar gingen in der Hauptstadt Washington trotz bitterer Kälte zwischen 200.000 und 500.000 Menschen in Kostümen, mit Plakaten und Musik auf die Straße, um gegen einen US-Angriff auf den Irak zu protestieren – dazu Zehntausende in San Francisco und Portland. Ein Ereignis auf allen TV-Kanälen.
Als im vorigen Oktober in Washington der erste Massenauflauf stattfand, mauerten die Massenmedien noch. Es seien «ein paar Tausend» nach Washington gereist, notierte die «New York Times». Der dazugehörige schnodderig formulierte Text in Amerikas wichtigster Tageszeitung löste einen Sturm der Entrüstung aus. Erzürnte Leserinnen und Leser überschwemmten die Redaktion mit E-Mails und Telefonanrufen. Mit Erfolg. Die Zeitung musste nachbessern, berichtete im Detail und sprach von einer «gestärkten Antikriegsbewegung».
Die Episode sei «symptomatisch für unseren wachsenden Einfluss», sagt Tony Murphy, Sprecher der Antikriegskoalition «Answer» (Act Now to Stop War and End Racism). Als Dachorganisation hat Answer etliche Friedensmärsche organisiert. «Wir sind so groß», freut sich Murphy, «die Medien können uns nicht mehr ignorieren.» Obwohl die Regierung alles daran setze, ein erneutes «Vietnam-Syndrom» zu verhindern. Noch heute macht man die Medien für das US-Debakel in Vietnam verantwortlich. «Die Presse wird ständig angehalten zu schweigen», sagt Murphy.
Nun muss sie den friedlichen Vormarsch vermelden. Bis Anfang Februar hatten über 70 Stadtparlamente Resolutionen gegen den Krieg verabschiedet, darunter die von Chicago, San Francisco, Washington D.C. und sogar die texanische Hauptstadt Austin. Zudem bilden sich für die USA ungewöhnliche Allianzen. So schloss sich die 50 Millionen Mitglieder starke nationale Kirchenorganisation mit Umwelt- und Sozialgruppen zur «Win Without War»-Fraktion zusammen. Es fließt reichlich Spendengeld, mit dem die Organisation in Tageszeitungen Inserate gegen den Krieg schaltet.
Answer-Sprecher Murphy beschreibt die aktuelle Antikriegsbewegung als «weit reifer, besser organisiert und stärker denn je». Nie seien in den USA so viele Menschen gegen einen Krieg auf die Straße geströmt – «bevor der Krieg ausgebrochen ist».
Neu formiert hat sich die aus tausenden kleiner Splittergruppen zusammengesetzte Bewegung nach den Attacken vom 11. September. Nach den Angriffen schwappte eine patriotische Welle durchs Land. Von rechts bis links versammelten sich die Menschen um das Sternenbanner. Erstmals waren die USA auf eigenem Boden angegriffen worden. Mit den Vereinigten Staaten weinte die Welt. An Widerstand dachte keiner.
Doch bereits Ende September reisten 30.000 nach Washington und protestierten gegen den Feldzug in Afghanistan. «Viele Menschen, die noch nie demonstriert hatten, gingen damals auf die Straße», erklärt Murphy. «Sie realisierten, wie Bush die Tragödie missbraucht, um seine rechts gerichtete Politik durchzubringen.» Das habe viele Leute aufgeweckt, die in den satten 90er Jahren wenig Anlass zum Aufruhr sahen.
Sie schlossen sich erfahrenen Aktivisten an. Der aktuelle Widerstand der USA geht aus der Antiglobalisierungsbewegung der 90er hervor. Die US-Außenpolitik werde durch die «Interessen global operierender Unternehmen» bestimmt, sagt Murphy. Er sieht es als «natürliche Entwicklung», wenn dieselben Leute und Gruppen nun gegen den Irak-Feldzug demonstrierten.
Der drohende Krieg habe bisher nur lose verbundene Gruppen – Pro-Palästina, Anti-Atom, Pro-Abtreibung, Anti-Auto – vereint. «Wir harmonieren bestens», sagt er. Die Organisationen kommunizieren zwar immer noch auch altmodisch mit Flugblättern und Plakaten – vor allem aber effizient online. «Der Widerstand ist nicht mehr in erster Linie auf der Straße sichtbar», erklärt Murphy, «sondern im Internet messbar.» Darbte die Antikriegsbewegung jahrelang, sammeln die Aktivisten nun bei Demonstrationen Bargeld in Plastikkübeln. Mancher legt einen 20-Dollar-Schein hinein. Andere schicken Schecks.
Mit den Spenden «rüsten» die Gruppen auf und legen sich etwa Infrastruktur für Blitzdemos zu: tragbare Toiletten, Tonsysteme, Standardplakate, Formulare für die Bewilligung. Binnen Stunden könnten sie in etlichen US-Städten Friedensdemonstrationen organisieren, etwa dann, wenn der Krieg ausbricht.
Hinzu kommt Starpower. Engagierte Schauspielerinnen wie Susan Sarandon oder ihr Mann, der Regisseur Tim Robbins, halten bei Demos Reden. Rockerin Patti Smith singt regelmäßig ihren Protestsong «People have the Power». Sängerin Sheryl Crow posiert im «Kein Blut für Öl»-T-Shirt. Sean Penn schaltete ein Inserat in der «Washington Post», in dem er Präsident George W. Bush zum Stopp des Truppenaufmarschs in der Golfregion aufrief – und reiste dann persönlich nach Bagdad.
Die Anstifter des Angriffskriegs finden keine Ruhe. Ob bei Präsident Bush, Vizepräsident Dick Cheney oder Verteidigungsminister Donald Rumsfeld – kein öffentlicher Auftritt, ohne dass mindestens 1000 Leute protestieren. Jahrelang hätten sie solche Mittel erprobt, sagt Murphy. «Im Vergleich zu heute steckte die Friedensbewegung zur Zeit des Vietnamkriegs noch in den Kinderschuhen.»
Sasha Welland, 32, Doktorandin in Anthropologie, lebt New Haven, Connecticut. «Ich habe zwei Jahre lang in China gelebt und meine Dissertation recherchiert. Viele Amerikaner wissen nicht, wie der Rest der Welt über uns denkt. Die Rhetorik, wir würden die Demokratie in die Welt hinaus tragen, hat mit der Realität wenig zu tun. Oft unterstützen wir Diktaturen mit dem Banner der Demokratie. An die Demonstration in Washington ging ich mit Freunden aus New York. Unser Motto hiess: ‹Eine absurde Antwort auf einen absurden Krieg›. Dabei haben wir oft die gleichen Worte verwendet wie die Kriegstreiber. Es ging darum, der Absurdität des Kriegs zynischen Humor entgegenzuhalten. Hoffentlich können die Leute darüber lachen und Energie daraus schöpfen, den Kampf nicht aufzugeben. Ich doktoriere an der Yale University, dort wo auch Präsident Bush studiert hat. Auf dem Campus wächst der Widerstand täglich. Dass an Bushs Alma Mater gegen Bush demonstriert wird, ist symbolisch bedeutend. Seit den Wahlen im November bin ich ziemlich deprimiert. Ich habe Angst, dass ein Krieg die globale Balance aus den Fugen wirft. Öffentliche Proteste sind derzeit die einzige wirkungsvolle Form des Widerstands. Die demokratische Partei ist zu zentristisch geworden. Es gibt keine echte Opposition. Ich habe jegliches Vertrauen in die Medien verloren.»
Laura Burhenn, 22, Sängerin und Songwriterin, lebt in Washington D.C. «Die Mehrheit der Menschen, die ich kenne, sind gegen den Krieg. Die meisten unserer Alliierten haben sich dagegen ausgesprochen. Ihnen will ich vor allem zeigen: sie haben auch in den USA enge Verbündete. Dieser Krieg ist ein allzu durchsichtiger Plan, das Öl im Irak zu kontrollieren. Säße die US-Regierung nicht mit der Energieindustrie im Bett, wäre der Irak nicht mal ein Thema. Angst bereitet mir die amerikanische Politik, künftig Angriffskriegs führen zu wollen. So wird die USA zur imperialistischen Macht des 21. Jahrhunderts. In einem solchen Amerika möchte ich nicht leben. Klar, ich überlege es mir oft, nach Europa oder Kanada auszuwandern. Dann nahm ich mich an der Nase und sage: Du musst hier bleiben und die Probleme flicken.»
Valerie Gardner, 37, Anwältin, lebt in Penn Yan, im Bundesstaat New York. «Mein Sohn ist Soldat. Es ist durchaus legitim, mit einer Armee das eigene Land zu verteidigen. Mein Sohn – und die Kinder aller anderen – dürfen aber nicht geopfert werden, um andere Länder zu unterdrücken oder ihnen eine uns genehme Regierung aufzupfropfen. Ein Land, das Gewalt als erstes Mittel anwendet, ist nicht besser als die Terroristen. Meine Stief-, meine Schwiegertochter und ich haben uns als Friedensfeen verkleidet. Wir wollen die Welt ans Gute erinnern. Es gibt viele Menschen, die das Konzept des Friedens tatsächlich anhimmeln und es realisieren wollen. Es ist einfach, negativ zu denken. Wenn Leute auf die Strasse gehen, protestieren sie oft gedankenlos und haben keine Botschaft. Es bringt wenig, einfach gegen alles zu sein. Es braucht positive Botschaften. Öffentliche Demonstrationen sind derzeit die einzige Möglichkeit, etwas zu ändern. Mir geht es auch um mein Gewissen. Ich muss Stellung beziehen – der Krieg darf nicht in meinem Namen geführt werden. Es gibt höhere Ziele als wirtschaftliche Interessen. Es geht um Menschlichkeit.»
Dina Koston, Pianistin und Komponistin, lebt in Washington D.C., möchte ihr Alter nicht preisgeben. «Ich bin entsetzt und möchte nicht mehr Amerikanerin sein. Es monströs, was hier passiert. Jetzt begreife ich, wie die Deutschen fühlten, als die Nazis die Macht ergriffen. Unsere Regierung ist eine blutrünstige imperialistische Bande. Es ist schlimmer als unter Reagan oder Nixon. Als Amerikanerin bestürzt mich das besonders. Unsere Verfassung böte doch die Gelegenheit für ein wunderbares Land. Statt dessen zerstören wir alles. Ich bin sehr pessimistisch. Denn die Regierung wird von drei bekannten Monstern geführt, die seit Jahren in Washington das sagen haben. Der Chef ist Vizepräsident Cheney. Dazu kommen Verteidigungsminister Rumsfeld, der treffender ‹Kriegsminister› genannt werden sollte, sowie sein Stellvertreter, Wolfowitz. Was sollen wir tun? Es braucht eine Revolution. Und wir müssen auf die Deutschen hören, die haben sich deutlich gegen den Krieg ausgesprochen. Ich überlege mir ernsthaft, nach Berlin auszuwandern.»
Blake Ferris, 34, Redaktor und Übersetzter, lebt in New York. « Ich bin kein Pazifist. Ich habe die US-Intervention in Kosovo unterstützt und war geteilter Meinung bezüglich Afghanistan. Dieser Krieg ist unnötig und gefährlich. Würde die US-Regierung die echten Hintergründe präsentieren, wären die meisten dagegen. Es geht nicht primär um die Kontrolle des Öls. Das ist nur ein willkommener Nebeneffekt. Die neue Doktrin der Außenpolitik will die amerikanische Militär- und Wirtschaftsmacht global ausbreiten, so dass kein anderes Land uns als letzte Supermacht gefährden kann. Die USA will unilaterale Angriffskriege als Mittel zum Zweck legitimieren. Diese Politik hat wahnsinnige Konsequenzen: Sie öffnet die Türe für andere Regime, ebenfalls Angriffskriege zu führen. Ich gehöre zu einer Gruppe namens ‹Billionaires for Bush’s War›, eine Nachfolgeorganisation von ‹Billionaires for Bush or Gore›. Unser Motto lautet: Es ist egal, wer gewählt wird, die Milliardäre sind immer glücklich, denn sie kaufen sich die Richtung der Politik. Wir kleiden uns als Anti-Demonstranten, als reiche Leute und ihre Butler. Da Bush derzeit das Geld dem Militär zuwirft, ging ich als Luftwaffe an die Demonstration. Mein Schirm steht für das Raketenabwehrsystem, eine weitere Verschwendung von Steuergeldern. Wir sagen den Demonstranten, sie sollen nach Hause gehen, sie sollen sich nicht sorgen, sie sollen Fernsehen schauen. Dazu singen wir Geld- und Krieglieder. Das hat eine enorme Wirkung. Einige Leute verstehen uns jedoch nicht und versuchen uns zu verprügeln. Der Präsident wirft uns um Dekaden zurück und die traditionelle Linke ist derzeit unfähig, Alternativen zu bringen. Das ist sicher schlimm. Für mich als Milliardär, der sein Geld in Lockheed-Martin und Raytheon investiert hat, könnte es jedoch keine schönere Zeit geben.»
Carl Dahlgren, 78, Kriegsveteran, lebt in Philadelphia. «Ich kam 1945 als Soldat aus Europa zurück in die USA. Seither bin ich ein Antikriegs-Aktivist. Zum ersten Mal ging ich auf die Strasse, als Präsident Harry Truman 1946 Militärbeobachter nach Griechenland schickte. Sie sollten die Partisanen ausboten, die während des Krieges noch unsere Alliierten waren. Nun galten sie als Kommunisten. Für mich gibt es keinen schöneren Ort als eine Antikriegsdemonstration. Mit dem Zweiten Weltkrieg ist Krieg obsolet geworden. Damals kamen sämtliche Techniken zur Anwendung, Menschen zu töten. Als USA die Atombombe abgeworfen hatte, hätte uns allen klar sein sollen: so gehts nicht mehr, es sterben in Kriegen immer mehr Zivilisten als Soldaten. Derzeit gibt es viele Gründe, im Pessimismus zu ertrinken. So lange ich atmen kann, gebe ich nicht auf. Ich bin pensioniert und lebe von einer geringen Pension. Dafür habe ich Zeit, mit meiner Frau gegen den Krieg anzukämpfen.»
Jean Rikhoff, 70, Schriftstellerin, lebt in Glens Falls im Bundesstaat New York. «Jeden Samstag versammelt sich vor dem Postgebäude in meinem Dorf eine Gruppe von Freunden. Wir protestieren gegen den Krieg. Anfänglich waren es 20, jetzt sind es 200 Personen. Ein beachtlicher Erfolg in einen mehrheitlich republikanisch kontrollierten Bezirk. Vor Jahren ging ich nach Washington, um für das Recht auf Abtreibung zu demonstrieren. Der Krieg ist mir genauso wichtig. Die US-Regierung sagt, Saddam Hussein arbeite mit Al Qaida zusammen. Sie sagt es, ohne einen einzigen Beweis vorzulegen. Schon vor dem Vietnamkrieg habe ich aufgehört, der Regierung zu vertrauen. Präsident Bush begreift die Komplexität der Welt nicht. Er ist ein dummer Mensch. Eine Tragödie ist das. Er kann keinen Satz fehlerlos vom Blatt ablesen. Ihn treibt eines an: Er will beenden, was seinem Vater nicht gelang, nämlich Saddam zu stürzen. Es gibt nur eine Hoffnung: Bushs Bande zerstört in zwei Jahren alles, so dass die Leute aufwachen – und ihn abwählen.»
Lemmon McMillan IV, 36, Student, lebt in Chicago. «In einem Dokumentarfilm sah ich, wie irakische Kinder unter den Sanktionen leiden. Es sind dieselben Kinder, die wir bombardieren wollen. Als schwarzer Mann weiss ich, was US-Gewalt einem Volk antun kann. Das will ich verhindern. Amerika ist längst kein freies Land mehr. Die Medien schauen weg, wenn etwas passiert. Die Machthaber reden nicht mehr mit dem Volk. George W. Bush glaubt, er könne auf Wasser gehen. Kommt der Krieg, wird die Welt sehen, wie wir Kinder und Zivilisten umbringen. Nur wir erfahren nichts darüber. Heute hätte die Bürgerrechtsbewegung nicht die geringste Chance. Die Presse würde nicht über Martin Luther King berichten. Ich beginne zu begreifen, was 1933 in Deutschland passiert ist, wie man eine ganze Nation dazu bringt, einem Tyrannen zu folgen: Man lügt sie an. Falls die Welt noch keine Angst vor uns habt – seit gewarnt, es kommt ganz schlimm.»
Maralyn Jabour, Hausfrau, New York City. «Ich habe einen Muslim geheiratet und seinen Glauben angenommen. Fünfmal täglich bete ich zwar noch nicht, aber ich habe den Islam verinnerlicht. Es ist eine schöne Religion. Der Aufruf zum Krieg macht mir Angst. Ich stehe hier vor der Gedenkstätte für den Vietnamkrieg. Millionen von Menschen starben damals. Ein Krieg gegen den Irak hätte katastrophale Folgen. Unlängst kam das FBI in unser Haus – nur weil wir Muslime sind. Ich spüre am eigenen Leib, wie sehr die Bürgerrechte in den USA in Gefahr sind. Stolz bin ich auf meine beiden Töchter, 14 und 16. Wir leben in New York City, dem Ort der Terrorattacken. Trotzdem hat meine ältere Tochter in ihrer Schule gegen den Krieg protestiert. Es ist wunderbar, wenn junge Menschen gegen Ungerechtigkeiten antreten. Sie werfen ein Licht auf das bisschen Menschlichkeit, das uns noch geblieben ist.»
Marcella Guerreiro, 41, Künstlerin und Filmemacherin, lebt in Charleston, South Carolina. «Ich ging als Freiheitsstatute verkleidet nach Washington, weil George W. Bush in seiner Rhetorik oft das Wort ‹Freiheit› benutzt. Wir Amerikaner stellen die Freiheit als Göttin dar. Sie hat also etwas dazu zu sagen. Kürzlich ging ich als Freiheitsstatue verkleidet an eine Halloween-Party in South Carolina, einem sehr konservativen Staat. Ich habe den Leuten erklärt, Tausende würden sterben, wenn es Krieg gibt im Irak. Sie haben mir geantwortet, Tausende werden sterben, wenn wir Irak nicht angreifen. Das hat mich betrübt. Erschreckend, wie sehr die Medien die Amerikaner verblendet und in die Irre geführt haben. An die Friedensdemonstration in Washington kamen 200000 Menschen – die Medien haben kaum darüber berichtet. Diese Zeit ist vergleichbar mit dem Aufstieg der Nazis. So müssen sich Deutsche 1933 gefühlt haben. Weder den Medien noch den Bildungsinstituten können wir trauen. Der militärisch-industrielle Komplex hat die Kontrolle. Präsident Eisenhower hatte uns in den fünfziger Jahren davor gewarnt, dereinst würden der militärisch-industrielle Komplex regieren. Dieser Tag ist nun gekommen. Jetzt müssen wir aufstehen und Frieden fordern.»
Sana Malik, Studentin, lebt in Philadelphia. «Ich bin eine Amerikanerin und eine Muslime. Meine Eltern sind aus Indien in die USA gekommen. Ein Krieg gegen den Irak würde die Zivilbevölkerung weit mehr schädigen als das Regime. Das darf nicht passieren.»
Ken Roseman, 51, Musikjournalist, lebt in Arlington, Virginia. «Seit Jahren gehe ich im Cheerleader-Kostüm an politische Veranstaltungen. Es macht mir Spass, die Leute so zu alternativen politischen Positionen anzustachelnd. Das ist auch bitter nötig. Ich bin zutiefst frustriert und entsetzt, was in diesem Land derzeit passiert. Seit Bush im Weissen Haus sitzt, hat sich die Lage dramatisch verschlimmert, vor allem was den Umweltschutz betrifft. Statt auf erneuerbare Energien setzt Bushs Truppe auf fossile und nukleare Brennstoffe. Seit den Terrorattacken vom 11. September geht es den Bürgerrechten an den Kragen. Ein Kriegserklärung an den Irak brächte hinsichtlich nationaler Sicherheit überhaupt nichts. Es geht allein um die irakischen Ölreserven. Seit den Kongresswahlen im November hat Bush ein Mandat für eine ultrakonservative Politik. Er wird seine Agenda problemlos durchbringen können. Das macht sehr mir Angst.»