Die Burger und der King

Vom Happy Meal bis zur Möbelkollektion: Zu seinem 25. Todestag wird das Geschäft mit Elvis noch einmal angekurbelt. Gewitzte Nachlassverwalter nutzen den 25. Todestag von Elvis Presley, um mit der verblassenden Erinnerung an den legendären Sänger und Schauspieler nochmals kräftig abzusahnen. Vor allem wollen sie klarstellen: Niemand ist grösser als der King of Rock 'n' Roll.

Von Peter Hossli

Jahrelang wurden sie Spinner gescholten, jene Nimmermüden, die an irgendeiner Tankstelle in Arkansas Elvis mitsamt Koteletten und dunkler Schmalzlocke gesichtet haben wollte. Offiziell starb der einst agile Rocker, von Pillen aufgeschwemmt, dick und unglücklich, am 16. August 1977. 25 Jahre später bekommen nun all jene Recht, die unlängst mit Elvis im Diner gegessen haben. Der King lebt, und er ist überall. Etwa bei McDonald’s als Happy Meal.

Die Verwalterin seines Nachlasses, die Elvis Presley Enterprises Inc., nutzt das Elvis-Jubeljahr, um neben der regulären und bereits enormen Elvis-Industrie zusätzlich mächtig Geld zu scheffeln. Etliche Extralizenzen wurden heuer vergeben. Vervielfachen soll sich der auf jährlich 75 Millionen Dollar geschätzte Umsatz. Hinter der aggressiven Strategie verbirgt sich ein profanes Ziel – die Pflege des Kundenstamms. Da die Elvis-Fangemeinde stark gealtert ist, soll eine junge Generation von der universellen Kraft des Rock ‘n’ Roll-Idols überzeugt werden.

Selbst ein Hamburgerbrater schreckt nicht vor Elvis zurück

Elvis, der in den Fünfzigerjahren in den USA Rassenschranken überwand, den Grundstein für den Konsumwahn unter Teenagern legte und wie kein anderer die Popmusik zum Massenphänomen machte, wird neu aufgekocht zum globalen Unterhaltungsbrei. Der bringt zwar reichlich Geld, schmeckt aber eher fade.

So unterlegt die Mickey-Mouse-Firma Disney ihren neuen Trickfilm «Lilo & Stitch» mit sechs Elvis-Songs. Ein rührendes Mädchen, das Elvis geradezu vergöttert, kleidet ihren Hund in grelle Elvis-Kostüme und spitzt die Lippen zu Elvis’ Evergreens wie «Heartbreak Hotel».

Nike, der Sportartikelriese, wirbt vor und während der Fussball-WM in Japan und Korea mit dem Slogan «A little more action» für Stollenschuhe und Leibchen. Stars wie Roberto Carlos oder Luis Figo tragen unter den arglistigen Augen Eric Cantonas ein Miniturnier aus, dazu singt Elvis eine digital aufgedonnerte Version von «A little less conversation».

Der US-Möbeltischler Vaughn-Bassett stellte diesen Frühling eine Elvis-Presley-Möbelkollektion vor, mitsamt «Love me tender»-Bett und dem herzförmigen «Burning love»-Spiegel.

Eher lakonisch muten angesichts Elvis’ ausgeprägter Fresssucht die Happy Meals an, die McDonald’s im Jubiläumsjahr serviert. Zu jeder Lunchbox verteilen die Hamburgerbrater Elvis-Figürchen aus Plastik. Die sehen aus wie der King zu seinen besten Tagen, also rank und schlank.

Da heute hauptsächlich alternde Fans über 40 zur Wallfahrt nach Memphis aufbrechen und Elvis’ einstige Residenz Graceland besuchen, müssen auch die klassischen Elvis-Vermarkter neue Generationen erschliessen. Der Verlag Random House richtet zwei der drei neuen Elvis-Bücher gezielt auf Kinder und junge Erwachsene aus.

Die werdenden Mütter sind die perfekte Zielgruppe

Eines, «A Girl’s Guide to Elvis», untersucht den eleganten Hüftschwung des unvergleichlichen Schwerenöters. Der Sex-Appeal des Kings soll vornehmlich Frauen um und unter 24 Jahren betören. Eine perfekte Zielgruppe – die künftigen Mütter bringen ihre Kinder auf den richtigen musikalischen Geschmack.

Den versucht RCA, die Plattenfirma von Elvis, ab Ende Juni einzubläuen. Dann veröffentlicht das zum deutschen Medienkonzern Bertelsmann gehörende Label eine Anthologie, bestehend aus vier CD mit 100 unveröffentlichten Songs. Der fürs Geschäft hoffnungsvolle Titel: «Elvis – Today, Tomorrow & Forever». Im Herbst folgt nach Beatles-Vorbild eine Kompilation mit 30 Elvis-Hits, die es auf den Platz 1 der Hitparade geschafft haben. Zu den über eine Milliarde verkauften Elvis-Tonträgern sollen noch etliche Millionen hinzukommen.

Der Höhepunkt des lang gezogenen Schwanengesangs folgt an Elvis’ Todestag im August. 30 Musiker, die einst für ihn spielten, treffen sich in Memphis zum Konzert. Der King selbst ist wieder live dabei – als gottähnliche Figur singt er von einem riesigen Bildschirm mit.

Solch bizarre Aktionen sollen stoppen, was sich seit Ende der Neunzigerjahre abzeichnet – ein schleichendes Desinteresse an Elvis. Besuchten 1995 noch 750 000 Personen dessen Anwesen Graceland, kamen im vergangenen Jahr weniger als 600 000. Um die Kosten zu senken, entliess Elvis Presley Enterprises 50 der insgesamt 350 Angestellten, angeblich als Folge der Terrorattacken vom 11. September. Ein seit Jahren geplantes, interaktives Elvis-Museum kann wegen Geldmangels vorerst nicht realisiert werden.

Das «Heartbreak Hotel» in Memphis plagen ähnliche Geldsorgen. Dort steigen dieser Tage vor allem noch die Gewinner des landesweiten Elvis-Instant-Lottos ab: Hoffnungsfroh rubbeln Spielfreudige an Elvis-Bildchen. Über ein Dutzend US-Staaten beteiligen sich mittlerweile an der im Jahr 2000 gegründeten Lotterie. Die läuft glänzend und bringt zweistellige Millionengewinne.

Rubbelkarten und Fastfoodfigürchen sind bestimmt gut fürs Geschäft, aber ob sie eines Königs würdig sind?