Jetzt klagt auch US-Staranwalt Hausfeld

Ed Fagan müssen die Banken nicht fürchten - Hausfeld schon. Michael Hausfeld gilt als Schrecken der Wirtschaft: Er vertrat Opfer des havarierten Tankers «Exxon Valdez» in Alaska und verhalf Patienten, die an der Wirkung der Diätpille Fen-Phen erkrankten, zu Millionen. Nun will er Schweizer und US-Banken wegen deren Geschäftstätigkeit in Südafrika verklagen. Rechtsexperten geben ihm gute Chancen.

Die Auftritte von Ed Fagan sind stets laut und dramatisch. Am Montag wiederholte er in Zürich, was er gegenüber CASH bereits im vergangenen November angekündigt hatte: Wegen ihrer Aktivitäten in Südafrika hat er eine Sammelklage gegen die Schweizer Banken UBS und CS in New York eingereicht. Deren Geschäfte während des Apartheid-Regimes hätten krasse Menschenrechtsverletzungen verstärkt.

Die Banken reagierten prompt: «Die UBS weist die Forderungen von Ed Fagan entschieden zurück. Sie entbehren jeglicher Grundlage und sind unberechtigt», sagt UBS-Sprecherin Monika Dunant. «Sollte Fagan eine Klage einreichen, würde diese von der UBS mit allen Mitteln bekämpft werden.» Das Eidgenössische Departement des Äusseren mochte gar nicht erst Stellung nehmen, da ja noch keine Klage von Fagan vorliege.

Während Fagan für Schlagzeilen sorgt, liefert Michael Hausfeld Substanz. Seit über einem Jahr bereitet er eine in Südafrika abgestützte, gut recherchierte Sammelklage gegen jene Unternehmen vor, die vom Apartheid-System «profitiert und Menschenrechtsverletzungen mitverursacht» haben, betont Hausfeld. Seine Klage will er «spätestens Ende Sommer» an einem amerikanischen Gericht einreichen. Welche Firmen er konkret beschuldigen wird, will er noch nicht sagen. Klar ist jedoch: «Schweizer Firmen gehören auch dazu.»

Rechtsexperten räumen dem Unterfangen gute Chancen ein, zumal der Druck in den USA wächst. Während sich die US-Regierung dagegen wehrt, dass Amerikaner oder US-Firmen im Ausland juristisch belangt werden, sind Klagen gegen Ausländer für Vergehen im Ausland an US-Gerichten möglich. Sie basieren auf einem Gesetz, das einst für Piraten vorgesehen war.

Nach jahrelangem Bemühen von Menschenrechtsorganisationen wird es überdies als dringend erachtet, nicht mehr nur Personen, sondern zusätzlich Firmen für deren Vergehen zu belangen. Kenneth Roth, Direktor bei Human Rights Watch, begrüsst die Klagen, weil so endlich geklärt werde, «ob und inwiefern globale Unternehmen in die Verbrechen in Südafrika involviert gewesen waren».

Hausfeld ist kein Springinsfeld

Die Südafrika-Klage von Michael Hausfeld hat gute Chancen auf Zulassung. Bern und die Banken sollten gewarnt sein. Ende Sommer will auch der Topanwalt Michael Hausfeld eine Südafrika-Klage gegen Schweizer und US-Banken einreichen. Die Chancen stehen besser, als Bankiers und Diplomaten glauben machen wollen.

«Ja, wir klagen ebenfalls», sagt Michael Hausfeld gegenüber CASH. Ende Sommer will der Starjurist aus Washington jene Firmen einklagen, die vom Apartheid-System «profitiert und Menschenrechtsverletzungen mitverursacht» haben. Hausfeld: «Unsere Klage wird besser recherchiert und breiter abgestützt sein als jene von Ed Fagan.» Während Fagan als juristisches Leichtgewicht gilt, bezeichnet das «National Law Journal» Hausfeld als einen der hundert einflussreichsten Anwälte Amerikas. Wen er beklagt, will er im Juli festlegen. Namen nennt er noch nicht. Fest steht, so Hausfeld: «Schweizer Firmen gehören dazu.»Laut Hausfeld müssen bei den Südafrika-Klagen vier juristische Fragen beantwortet werden: Welche Rolle spielte welche Firma? Welche Verletzungen erlitten die Opfer? Haben die Firmen direkt dazu beigetragen? Wie haben sie von widerrechtlichen Tätigkeiten profitiert?

Seit 1976 galt das Apartheid-Regime Südafrikas als Verbrechersystem. Begangen wurden unter anderem Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Völkermord.

Kommt es in den USA zum Prozess, muss die Jury die Frage beantworten, ob die von Fagan und Hausfeld beschuldigten Firmen «wissentliche Komplizen» waren. Juristisch sind nicht die Verbrechen, sondern ist die Mittäterschaft zu beweisen.

Kein leichtes Unterfangen. «Nur wenn eine wissentliche Komplizenschaft eindeutig bewiesen werden kann, haben die Klagen Folgen», sagt Kenneth Roth, Direktor der renommierten Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Darlegen müssten Fagan und Hausfeld, wie die Banken bewusst Firmen oder Regierungsämter finanziert hätten, die Menschenrechtsverletzungen begingen oder Produkte herstellten, die solche verursachten.

US-Gerichte verfolgen auch im Ausland begangene Taten

Was die Gerichtsbarkeit betrifft, so ist die Lage eindeutig. Alle Personen, die sich in den USA aufhalten, und sämtliche Firmen, die dort geschäften, setzen sich automatisch der US-Rechtsprechung aus.

Wegen eines einst gegen Piraten angewendeten Gesetzes heissen US-Gerichte überdies Klagen willkommen, die auf Grund von Vergehen im Ausland eingereicht werden. Um Schiffe auf hoher See vor Übergriffen zu bewahren, verabschiedete die junge Nation 1789 den Alien Tort Claims Act. Das lange Zeit inaktive und 1980 wieder aktivierte Gesetz ermöglicht es Aus- wie Inländern, an US-Gerichten Aus- wie Inländer für Vergehen im Ausland zu verklagen.

US-Richter zeigen sich solchen Klagen gegenüber offen, wobei zunehmend Firmen in die Mangel geraten. So schmetterte letzte Woche ein Gericht in Kalifornien ein Begehren des Energiekonzerns Unocal ab, eine Klage wegen angeblicher Sklavenarbeit in Burma auf Grund der Zuständigkeit abzulehnen. Der Präzedenzfall öffne laut Human-Rights-Watch-Direktor Roth Tür und Tor für ähnlich gelagerte Klagen «wie etwa für die Südafrika-Klagen».

Bern gibt sich gelassen gegenüber der Klagedrohung

Schweizer Bankiers und Diplomaten reagieren noch gelassen auf die Klagedrohungen. Im Vergleich zu den Holocaust-Klägern fehle den Schwarzen Südafrikas die Finanzkraft und die Macht der Medien. Überdies sei in den USA der politische Wille nicht vorhanden, die Gewalt an Schwarzen durch die Gerichte zu schleppen, heisst es im Departement des Äusseren in Bern. Die Gefahr, damit die US-Apartheid – die Sklaverei – aufzurollen, sei zu gross. «Falsch», entgegnet Hausfeld, «der politische Wille ist da – wenn der Fall seriös durchgezogen wird.» Und Seriosität will er garantieren.

Ohnehin haben die Klagen mit Politik nichts zu tun, betont Roth. «Die Gerichte sind bei Privatklagen wie diesen verpflichtet zu prüfen, ob Gesetze verletzt wurden.»

Es brauche deshalb auch keine soziale Bewegung, um Gerichtsfälle voranzutreiben, unterstreicht Janice Love, Professorin an der University of South Carolina und Autorin des Buches «The U.S. Anti-Apartheid Movement». «Traditionell lösen Klagen Bewegungen erst aus», sagt Love. Es sei denn auch kein Zufall, sondern perfektes Timing, die Südafrika-Klage jetzt einzubringen. Ende März reichte eine schwarze Frau in New York die erste Sammelklage gegen US-Firmen wegen Sklaverei ein. Pikantes Detail: Fagan amtet als federführender Anwalt.

Die Banken können sich nicht hinter der Tatsache verstecken, dass die Schweiz während des Apartheid-Regimes nicht Uno-Mitglied war. Die Uno hatte 1985 Boykotte gegen Südafrika verhängt, welche Schweizer Firmen mit dem Hinweis umgingen, man gehöre ja nicht zur Weltgemeinschaft. Doch «die Frage lautet nicht, ob das Embargo verletzt wurde, sondern, ob Menschenrechtsvergehen durch Geschäftstätigkeiten verstärkt wurden», sagt Roth.

Michael Hausfeld
Michael Hausfeld gilt als einer der besten Anwälte der USA. Zusammen mit drei Partnern leitet er eine grosse Anwaltskanzlei mit Ablegern in Washington, New York und Seattle. Er vertrat die Opfer bei der Havarie des Tankers «Exxon Valdez» und brachte Shell dazu, 950 Millionen Dollar wegen fehlerhafter Pipelines zu entrichten. Der auf Menschenrechtsverletzungen und Kartellfälle spezialisierte Anwalt vertrat zudem Holocaust-Opfer oder Patienten, die am Diätpillen-Cocktail Fen-Phen erkrankten.