«Saddam Hussein ist ein gefährlicher Mann»

Aussenpolitik-Spezialist Walter Mead über die Vorbereitungen der USA für einen Krieg gegen Saddam Hussein. Der Einmarsch von US-Truppen in den Irak ist nur noch eine Frage der Zeit, sagt Walter Mead, einer der besten Kenner der US-Aussenpolitik.

Von Peter Hossli

Walter Mead ist Senior Fellow am Council on Foreign Relations in New York. Sein jüngstes Buch: «Special Providence: American Foreign Policy and How it Changed the World», 2001.

Bereitet die US-Regierung den Sturz Saddam Husseins vor?
Walter Mead: Ja. Man stellt sich nicht mehr die Frage, ob, sondern wann und wie er gestürzt wird.

Wie können die USA das legitimieren?
Mead: Saddam Hussein hat mehrfach internationales Recht gebrochen. Er hat Kuwait besetzt, den Iran angegriffen, Giftgas eingesetzt, den Uno-Sicherheitsrat desavouiert. Er ist ein gefährlicher Mann. Es wäre verantwortungslos, ihn im Amt zu belassen.
Entspringt die Angriffslust nicht der Rachehaltung der USA nach dem 11. September?

Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Irak und dem 11. September. Mead: Seit den Attacken auf die USA hat Sicherheit Priorität. Weitere Katastrophen sollen gestoppt werden. Hätten England und Frankreich nach dem deutschen Einmarsch ins Rheinland etwas unternommen, wäre der Zweite Weltkrieg verhindert worden. Die USA wollen den Einsatz von Atomwaffen durch Hussein abwenden.

Wie kann der Coup gelingen?
Mead: Wenn die Türkei und Saudi-Arabien mitmachen. Das geschieht, wenn den beiden Nachbarn Iraks zugesichert wird, dass sich dasselbe Szenario wie nach dem Golfkrieg nicht wiederholt und Hussein wirklich abgesetzt wird.

Welche Gegenleistung erhalten sie?
Mead: Ist Hussein weg, ziehen die US-Truppen aus Saudi-Arabien ab. Die Türkei dürfte Zugeständnisse bei der Kurdenfrage bekommen.

Europa steht einem Krieg gegen den Irak kritisch gegenüber. Gibts den US-Alleingang?
Mead: Die USA würden lieber mit den Alliierten handeln. Steht Europa abseits, agieren die USA alleine. Viele europäische Staatschefs sagen der US-Regierung privat oft etwas anderes als ihren Wählern. Es gibt den Konsens in Europa, dass Hussein weg muss. Er bricht nonstop Gesetze. Die USA sind nur der Sheriff, der für die Einhaltung der Gesetze einsteht.

Wie beurteilt die US-Regierung die Erfolgsaussichten?
Mead: Sie erwartet militärisch rasche Erfolge.

Obwohl der Irak eine starke Armee hat?
Mead: Vor zehn Jahren hatten die USA damit kaum Probleme. Inzwischen sind die US-Streitkräfte besser gerüstet, nicht aber die irakischen. Hussein konnte die Armee nicht genügend stärken. Viele Soldaten hassen ihn.

Folgt auf Hussein das Chaos?
Mead: Nicht unbedingt. Das irakische Volk hat unter Hussein stark gelitten, politisch wie wirtschaftlich. Die Leute haben Hunger, sie wollen Freiheiten. Das Land hat Strukturen, die schnell aktiviert wären, und viel Öl, das nach Husseins Ende verkauft werden kann, wodurch der Lebensstandard schnell angehoben werden könnte. Irak ist ein sekulärer Staat, was dem arabisch-muslimischen Land demokratische Möglichkeiten gibt.