Ein Housemann soll aufräumen

Im New Yorker Swiss Institute kriselt es. Der ehemalige Swatch-Marketingmanager Max Imgrüth solls richten. Ihm schwebt ein radikaler Umbau vor.

Von Peter Hossli

Frohen Mutes empfing Max Imgrüth Mitte November die schwarz gewandeten Gäste der Kunstvernissage. Eben hatte er die erste Jahresversammlung des New Yorker Swiss Institute als frisch gewählter Chairman hinter sich gebracht. «Jetzt blicken wir nach vorne», sagte er.

Der einstige Swatch-Marketingmanager will hoch hinaus. Klappe es, erzählte er frisch von der Leber weg, werde bald ein «Swiss House» das Swiss Institute ersetzen, mit einer Galerie, einem Kino, einer Bar und Verkaufsläden, und es werde auch ein Ort sein, wo sich die Schweiz als touristische Destination darbieten kann.

Der Blick zurück mutet jedoch nicht nur rosig an. Denn soeben ist im Swiss Institute ein viel versprechendes Experiment gescheitert, das Imgrüths Vorgänger, der umtriebige und visionäre UBS-Bankier Johannes Frey, vor kurzem eingeleitet hatte. Ihm schwebte ein dynamisches schweizerisches Kulturinstitut vor, bei dem er Inhalt und Management vollständig voneinander trennen wollte.

Das Institut vermochte zwei Topleute nicht zu entlöhnen

Einer neuen Doppelführung sollte der Spagat gelingen, das ramponierte Image der Schweiz zu stärken und die Interessen der Geldgeber mit einem ansprechenden Kunstprogramm zu verbinden. Frey heuerte den Neuenburger Kurator Marc-Olivier Wahler und die New Yorker Kulturmanagerin und Juristin Mary Rozell an. Weil das Management die halbe Sache sei, müsse die Direktion gleichberechtigt agieren (CASH vom 20. April 2001)

Es kam anders. Managerin Rozell ist weg, ebenso Bankier Frey. Sein Experiment scheiterte aus verschiedenen Gründen. Das kleine Institut, zu einem Drittel mit Bundesgeldern finanziert, vermochte zwei Topleute nicht zu entlöhnen. Das Gespann Rozell/Wahler harmonierte nicht und zerstritt sich im Detail. Das enorme Ego Wahlers brachte zwar ansprechende Ausstellungen und Aufmerksamkeit in der Fachpresse, duldete aber keine gleichberechtigte Person neben sich. Am Schluss hätten sie kaum noch miteinander gesprochen, heisst es. Der Vorstand liess die Amerikanerin fallen und stützte den Schweizer.

Hinzu kam der Abgang des grössten Supporters. Die Fusion der UBS mit dem Investmenthaus PaineWebber machte Frey in der Bank überzählig. Nach 15 Jahren Amerika verliess er New York heimwärts ans Rheinknie zu Novartis, und damit verlor er das Interesse an seiner Idee.

An Freys Stelle trat der einstige Swatch- und Bally-Mann Max Imgrüth, der eben seinen Anteil an Charles Jourdan USA verkauft hatte. Somit brachte er mit, worauf das Swiss Institute – ein Verein von Schweizer Kunst-Aficionados – stets setzte: viel Geld und viel Zeit.

Rasch erkannte der gewiefte Manager die finanziellen Probleme des Swiss Institute. Im vergangenen Jahr schrieb es einen Verlust von 106’000 Dollar. Der schwächliche Franken minderte den Dollar-Wert schweizerischer Zahlungen. Überdies sei die Geldsuche vernachlässigt worden, hiess es an der Jahresversammlung. Die Kontakte zu Stiftungen lagen brach, und die aufwändige Personalsuche zog sich zu lange hin. Zudem schlug Freys Ziel fehl, vermehrt von US-Stiftungen Geld zu erhalten.

«Frey wollte zu viel», sagt Fabienne Abrecht, seit Jahren einflussreiches Vorstandsmitglied beim Swiss Institute. «Wir hatten das Geld nicht, um derart zu wachsen.» Von Imgrüth erhofft sich Abrecht nun eine finanzielle Gesundung. Sie hält ihn für einen Idealtyp. Er sei ein hervorragender Manager. «Er leistet ein volles Pensum, und zwar gratis.»

Um zu überleben, braucht es eine kritische Grösse

Mit diesem Elan gedenkt er sich ein kulturelles Denkmal in der Kapitale des Kapitals zu setzen – und eine Altersstelle zu schaffen, sagen andere. Ähnlich dem Austrian Cultural Forum oder dem Scandinavia House will Imgrüth die Kultur in dem neu zu schaffenden Swiss House mit Wirtschaft, Tourismus und Kommerz anreichern.

Solches Wachstum ist nötig. Dem jetzigen Swiss Institute mangelts an Glanz. Die dunkle Loft im seit dem 11. September arg geschundenen Lower Manhattan zieht längst nicht mehr genügend Publikum an. Um zusätzliches Geld zu erhalten, brauchts aber die Überwindung der kritischen Grösse. Dies ist nach Auffassung Imgrüths mit zeitgenössischer Kunst allein nicht zu erreichen.

Was die konkrete Umsetzung seiner Visionen betrifft, gibt sich der neue Chairman noch zugeknöpft. Es sei noch zu früh, Details zu bereden, winkt er ab. Es schwebe ihm aber vor, berichten Insider, das Swiss House im Rahmen des mehrwöchigen Festivals Swiss Peaks im Frühjahr 2003 einzuweihen. Sicher kein schlechter Zeitpunkt. Damit würde Swiss Peaks, in der Schweiz von rechts bereits arg unter Beschuss geraten, in New York nicht nur temporär, sondern auch nachhaltig wirken.

Als «grundsätzlich gute Idee» begrüsst der Direktor des Bundesamtes für Kultur, David Streiff, die Pläne für ein neues New Yorker Swiss House. Vor drei Wochen hätten ihm Imgrüth und Fabienne Abrecht das Projekt vorgestellt. Eine Öffnung zu anderen Sparten, so Streiff, ziehe zusätzliches Publikum und neue finanzielle Mittel an. Dadurch werde stets auch die Kunst begünstigt. Einen Ausverkauf der Kultur befürchtet er durch die geplante Ausweitung nicht. «Ich finde es gut, wenn die Kultur mit Hilfe anderer Bereiche sichtbarer wird.»

Allerdings käme ein Swiss House nicht billig zu stehen. Derzeit genügt dem Swiss Institute ein bescheidenes Budget von 720’000 Dollar. Dagegen kostete der Aufbau des vorbildlichen Scandinavia House stolze 24 Millionen Dollar.

Schweiz im Big Apple
Das Swiss Institute in New York widmet sich in seinen Ausstellungsräumen in Manhattan der historischen und zeitgenössischen Kunstvermittlung mit Schwerpunkt Schweiz. 1986 als privater Verein gegründet, wird das Institut zu einem Drittel von der Eidgenossenschaft und zu zwei Dritteln aus Beiträgen von Stiftungen und von Schweizer Konzernen finanziert.