Der Eigenbrötler

Fernando Ferrer, Kandidat für das Bürgermeisteramt in New York, tanzt nicht nach Giulianis Pfeife.

Von Peter Hossli

Seit dem 11. September ähnelt New York politisch einem Königreich. Das Volk liebt den Monarchen. 95 Prozent aller New-Yorker preisen Bürgermeister Rudolph Giuliani und dessen einfühlsame Art, mit den Attacken aufs World Trade Center umzugehen. Die Plakatwände sind voll von «Rudy for Mayor»-Postern. Dabei darf Giuliani wegen der Amtszeitbeschränkung bei den Wahlen am 6. November gar nicht mehr antreten. Bleiben will er trotzdem. Die Stadt benötige ihn dringend für den Wiederaufbau. Den neuen Kandidaten fürs Bürgermeisteramt teilte er gebieterisch mit, entweder lasse der Sieger ihn drei Monate länger regieren, «oder ich werde das Wahlgesetz ändern».

Die Kandidaten Michael Bloomberg (Republikaner) und Mark Green (Demokrat) willigten ein. Wer gegen Rudy ist, so ihr politisches Kalkül, ist gegen New York. Anders Kandidat Fernando Ferrer (Demokrat), bisher Präsident der Bronx. Gewinnt er, will er am 2. Januar allein ins Stadthaus einziehen. «Diese Krise ist vorhersehbar», sagt der gebürtige Puerto-Ricaner Ferrer. «Wenn ich davor Angst habe, wie soll ich mit einem unvorhersehbaren Problem zurechtkommen?» Zudem dürften demokratische Regeln nie dem Terrorismus zum Opfer fallen.

Ferrer, bis anhin vor allem bei Schwarzen und Hispanics beliebt, gewann an Format. Er sei der Einzige, der diese Farce meide, schrieb die «New York Times». Seine Chancen sind dadurch gestiegen. New York zieht originelle Eigenbrötler servilen Mitläufern vor.