Goldene Münzen statt blassgrüne Dollarnoten

Mit einer gross angelegten Werbekampagne wollen die USA derzeit eine Dollarmünze unters Volk bringen. Nachdem ein erster Versuch 1979 gescheitert ist, soll nun eine Indianerheldin dem neuen Geldstück zum Durchbruch verhelfen. Doch Amerikaner mögen keine Münzen.

Von Peter Hossli

Der Dollar. Wer über Geld und Macht nachdenkt, kommt an ihm nicht vorbei. Trotz Yen, Euro oder Franken ist er die unangefochtene Leitwährung der Welt geblieben. Überall wird er gerne akzeptiert. Niemand verschmäht ihn. Viele himmeln ihn an. Selbstbewusst zeugt das starre Antlitz von Gründervater George Washington auf jeder Ein-Dollar-Note von viriler Stärke und unverwechselbarer amerikanischer Zuversicht. Der blassgrüne Farbton trug dem kapitalistischsten aller Wahrzeichen den kecken Übernamen «Greenback» ein. Im Kino wie in Krimis agiert er meist in tragenden Hauptrollen.

Doch nun erhält der alte George, wie manche den Dollar liebevoll nennen, erstmals echte Konkurrenz von einer Frau. Die staatliche Münzanstalt U.S. Mint lancierte Anfang Jahr eine goldfarbene Dollarmünze, die die Indianerin Sacagawea ziert. Vor bald 200 Jahren navigierte sie furchtlos zwei weisse Kundschafter über die Rocky Mountains an den Pazifik. Auf dem Rücken schleppte die 15-jährige Pfadfinderin ihren neugeborenen Sohn.

Vornehmlich aus Kostengründen setzt Amerika wieder aufs Münz. Schätzungsweise 395 Millionen Dollar könnte der Staat einsparen, wenn er das durchschnittlich 18 Monate im Umlauf befindliche Papiergeld durch weit resistentere Metallstücke ersetzte. Diese sind selbst nach dreissig Jahren noch so frisch wie am Prägetag.

Der eingeborenen Heldin, hier zu Lande jedem Schulkind bekannt, soll gelingen, woran zuvor die erste US-Feministin kläglich scheiterte: Akzeptanz für den Dollar in Münzform zu schaffen. Ein 1979 lancierter silberner Dollar zeigt Susan B. Anthony, die im vergangenen Jahrhundert die amerikanische Suffragettenbewegung begründete. Ein totaler Flop. Als «politisch korrektes Fiasko» beschreibt der kalifornische Numismatiker Donald H. Kagin den Anthony-Dollar: «Niemand kennt ihn.» Er war dem 25-Cent-Stück zu ähnlich. Oft gaben Passagiere der Subway das vom Automaten ausgespuckte Geldstück entnervt zurück und verlangten stattdessen eine Note. Überhaupt gilt Münz in Amerika seit jeher als ungeliebtes Kleingeld. Das gibt man lieber den Obdachlosen ab.

Mit fünfundvierzig Millionen Werbedollar will die U.S. Mint nun aber 92 Prozent des urbanen Publikums zwischen 18 und 49 auf allen Kanälen erreichen und vom Sacagawea-Dollar überzeugen. «Nur wenn aktive Stadtmenschen den neuen Dollar verwenden, hat er Erfolg», sagt US-Mint-Sprecher Michael White. Die moderne Anzeigen- und Fernsehkampagne gefällt. Nie mehr seit den Durchhalteparolen an die daheim gebliebenen Frauen während des Zweiten Weltkriegs («You Can Do It!») hat die Regierung die Werbetrommel flippiger gerührt. So ist der Ex-Präsident selbst der Star. George Washington erhält ein Facelifting, ohne das Gesicht zu verlieren. Er trägt italienische Anzüge, tanzt in Discos und sagt: «Auf Papier sehe ich noch immer ganz gut aus.» Mit der goldenen Münze unterm Arm taucht er durch Korallenriffe, fährt U-Bahn und isst beim Chinesen. Er spricht in Reimen wie ein Hip-Hopper und bewirbt mit Versen wie «change happens» das neue Geld.

Dollarmünzen zum Frühstück

Die Botschaft ist so simpel wie gescheit: Nur Washington kann bei Amerikanerinnen und Amerikanern das nötige Vertrauen für ein Produkt gewinnen. Schauspieler Michael Keaton («Batman») lieh dem animierten Staatsmann die Stimme. Trockener Humor zeichnen die TV- und Radioreklame aus, die auch im Internet platziert ist. Dort kann der Goldtaler per Mausklick bestellt werden. Zusätzlich gibt die Supermarktkette Wal-Mart der Kundschaft einen Monat lang statt Noten nur Münzen als Wechselgeld heraus, auch in den beliebten Frühstücksflocken Cheerios finden sich Geldstücke.

Rund eine Milliarde goldene Dollar will die Münzanstalt dieses Jahr in Umlauf bringen. Die Einführung des Hartgeldes mit dem abgeschliffenen Rand wurde akribisch vorbereitet, denn einen weiteren Flop kann man sich nicht leisten. Vor drei Jahren verabschiedete der Kongress eine Resolution und verpflichtete die Geldpräger, den neuen Dollar einzuführen. Designer, Numismatiker, Historiker und Werber sassen zusammen und entwickelten Strategien für einen Wettbewerb. Daran beteiligten sich 23 Kunstschaffende. Sie hatten einzig die Vorgabe, die Indianerin Sacagawea «kulturell authentisch und sensibel» darzustellen. Auf der Rückseite sollte ein Adler fliegen.

Hillary rührt die Werbetrommel

Nach Absprache mit Indianervertretern und einer gross angelegten Volksbefragung übers Internet wurde die Bildhauerin Glenna Goodacre zur Gestalterin des Groschens erkoren. Präsidentengattin Hillary Clinton und der damalige Schatzmeister Robert Rubin lüfteten im vergangenen Sommer zeremoniell den goldenen Dollar. Eine Werbeagentur entwarf die jetzt angelaufene, kühne Kampagne.

Ob Reklame und Segen der First Lady allerdings Erfolg bescheren, ist fraglich. In Umfragen sprachen sich 75 Prozent aller Amerikaner dagegen aus, die beliebte Note durch eine Münze zu ersetzen. Amerika dürfte schwerlich von der konservativen Haltung zum Geld abzubringen sein. So veränderte sich zwischen 1928 und 1996 das Äussere des Papiergeldes nie. Der einzige Grund für die visuelle Reform der 100er-, 50er- und 20er-Scheine Mitte der Neunziger: Man wollte den Geldfälschern das Handwerk legen.