Kabarett um Emil

Emil Steinberger ärgert die Indiskretion um seine Heimkehr. Er ist untergetaucht.

Von Peter Hossli und Michael Marti

Wenn Schweizer zu sehr lieben. Es war nicht das knusprige Schweizer Brot, das Emil aus dem selbst gewählten Exil lockte, wie die Presse vermeldete. Für die Heimkehr ihres verlorenen Sohnes hat sich die Schweiz bei jenen Eidgenossen zu bedanken, die in Scharen nach New York Emil-Gucken gingen – und ihn damit von dort vertrieben.

Nach vier Jahren in den USA zieht Kabarettist Emil Steinberger an die Ufer des Genfersees. Balsam für die Seele einer Nation, die nie begriffen hat, weshalb einer abgehauen ist, den man so gern hat.

Einer allerdings hatte keine Wiedersehensfreude – Emil selbst. Ihn trafen die Jubel-Schlagzeilen während eines geheimen Schweiz-Besuches. Geschockt über die Aufdeckung seiner geplanten Heimkehr, stieg er in Zürich-Kloten in den nächsten Jet – Ziel: Atlanta, USA. Seitdem ist er untergetaucht. Und schweigt.

Emil hatte sich alles ganz anders vorgestellt. Selbst die engsten Freunde wussten nichts vom Vorhaben des 65-Jährigen, nach Territet in der Nähe von Montreux zu ziehen. Steinberger wollte zum Schutz seiner Privatsphäre die Heimkehr unter dem Deckel halten. Vor einigen Wochen unterzeichnete der Humorist den Kaufvertrag für eine Luxus-Wohnung im «Riant Château». Offenbar durch eine Indiskretion des Hausbesitzers bekam der «Blick» Wind von Emils Einzug ins «Lachende Schloss».

Überhaupt nicht komisch fand der AHV-Bezüger, dass jetzt schweizweit der Kaufpreis seines 300-Quadratmeter-Appartements mit Marmor-Cheminée bekannt ist: 1,3 Millionen Franken. «Emil hat Hypotheken aufgenommen», relativiert Wadek Glowacz, Geschäftsführer von Steinbergers Plattenfirma Tudor Recording, die Summe. Doch die Schweiz verzeiht Emil sogar, dass er Millionär geworden ist. Sie liebt ihren Emil. Emil, den Pöstler, Emil, den Träumer, Emil im Circus. Der erdrückenden Umarmung wollte sich Steinberger 1994 mit dem Wegzug nach New York entziehen. Er bezog Büro und Wohnung im Olympic Tower, einem postmodernen, goldbraunen Bau an der mondänen Fifth Avenue. «Ich genoss es damals, in New York ein Nobody zu sein», sagte Steinberger letzten Herbst in einem FACTS-Interview.

Bald aber erinnerte sein Alltag in den USA an einen Spiessrutenlauf. Früher als befürchtet kannten die Journalisten Emils Telefonnummer, sie baten ihn trotz wiederholten Absagen um Exklusivinterviews und Homestorys – oder sie wollten «einfach ein bisschen plaudern», wie eine Bekannte Steinbergers schildert.

Schlimmer noch die Erlebnisse in den Strassenschluchten Manhattans: In New York, musste Steinberger bald realisieren, wimmelt es geradezu von Schweizer Touristen. «Nirgendwo konnte er hingehen, ohne von Autogrammjägern belästigt zu werden», sagt ein New-Yorker Freund.

Deshalb suchte Steinberger bereits am 10. Dezember des vergangenen Jahres das Weite. Fluchtartig kündete er die noble Bleibe an der Fifth Avenue. Kurz darauf hatte die Telefongesellschaft seine Nummern einer Werbeagentur zugeteilt.

Inkognito reiste Emil im Winter und im Frühling mit Freundin Niccel Kristuf durch Südfrankreich und die Schweiz. In der Romandie schliesslich glaubte der Kabarettist a. D. die ersehnte Privatsphäre gefunden zu haben.

Zurzeit wird die 1913 gebaute Residenz in Territet renoviert. Im Frühling 1999 will Emil einziehen. Durch die Bekanntmachung der prominenten Bewohner erfuhr das Schlösschen eine nicht zu unterschätzende Wertsteigerung – auch Bill Gates, Microsoft-Chef und Multimilliardär aus Amerika, soll bald im Château schöner wohnen. Bill wird Emil kaum stören. Doch nach der Verkündung der neuer Wohnadresse werden die Deutschschweizer endlich das Welschland kennen lernen. Es ist mit wahren Pilgerreisen nach Territet zu rechnen.