Auftrag an die Banken

Ein Verdingkind erhält vom Kanton Thurgau sein lange verschollenes Geld zurück. Es ist Zeit, die nachrichtenlosen Schweizer Vermögen aufzuspüren. Ein Kommentar.

Von Peter Hossli

verding_nydegger2Die Fakten sind eindeutig: Der Kanton Thurgau nahm 1953 ein Sparheft eines 11-jährigen Mädchens in Obhut. Das Geld des Verdingkindes verschwand. Vermutlich klaute es ein Beamter. Vorbildlich handelt nun der Thurgauer Regierungsrat Claudius Graf-Schelling. Er entschuldigt sich und zahlt den Betrag zurück – mitsamt Zinseszinsen. Ein wegweisender Entscheid. Andere Kantone sollten folgen und bei so klaren Beweisen die Verantwortung übernehmen.

Gefragt sind zudem die Banken. 1998 überwiesen sie 1,25 Mil­liarden Dollar in die USA für nachrichtenlose Vermögen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Jetzt müssen sie sich endlich den nachrichtenlosen Vermögen von Schweizer Verdingkindern annehmen. Schätzungen gehen von über 3 Milliarden Franken aus. Wie bei den Holocaust-Geldern sollten die Banken ihre Archive minutiös aufarbeiten und einen Fond äufnen. Für jene Menschen, die hier in der Schweiz versklavt, misshandelt – und zuletzt bestohlen wurden.