“Durch Schlaf wird alles besser”

Die US-Online-Königin Arianna Huffington entdeckt das Leben ohne Smartphone.

Interview: Peter Hossli

arianna_huffingtonWie lange schlafen Sie?
Arianna Huffington: Nachdem ich meine Kerze jahrelang von beiden Seiten abbrennen liess, schlafe ich jetzt jede Nacht sieben bis acht Stunden.

Warum ist Ihnen Schlaf wichtig?
Durch Schlaf wird alles besser: die Kreativität, die Selbstsicherheit, die Entscheide. Schlafen macht gesund. Man fühlt sich sofort besser.

Wie gelang es Ihnen, wieder mehr zu schlafen?
Früher zu Bett zu gehen und tagsüber ein Nickerchen zu machen.

Was passiert, wenn wir nicht genügend Schlaf kriegen?
Stress nimmt zu, ebenso das Risiko an Diabetes oder am Herz zu erkranken. Für Frauen sind die Risiken weit höher als für Männer.

Wer nicht schläft wird krank?
Nicht nur. Jeder Bereich des Lebens leidet – auf allen Ebenen. Bill Clinton schlief als US-Präsident selten mehr als fünf Stunden. Später gab er zu: «Alle meine Fehler unterliefen, weil ich zu wenig geschlafen hatte.»

Es gibt Manager, die prahlen, vier Stunden im Bett reichten ihnen. Was halten Sie davon?
Als ich mit so einem müden Mann ass, sagte ich zu ihm, dieses Dinner wäre sicher interessanter, wenn er fünf Stunden geschlafen hätte. Wenig Schlaf zu verherrlichen ist tragisch.

Aber verständlich angesichts der Geschwindigkeit unseres Alltags.
Wir leiden alle unter der Illusion, Erfolg sei nur möglich, wenn wir uns bis zum Burnout quälen. Es sei nur möglich, nach oben zu kommen, wenn wir wenig schlafen und ständig multitasken. Das Gegenteil ist wahr. Man kann gleichzeitig hart arbeiten und zwischendurch abschalten, sich ausklinken und erneuern. Hätte ich das früher entdeckt, hätte ich manches Burnout, Stress und Erschöpfung vermieden.

Was hindert uns daran, uns zu regenerieren?
Oft ist es Technologie. Sie schleicht in unsere Betten, in Familien, ins ganze Leben. Alle sechseinhalb Minuten schauen wir aufs Smartphone – 150-mal täglich. Es fällt schwer, sich den Stimuli zu entziehen. Digitale Verbindungen sind aber ein schwacher Ersatz für echte Verbindungen. Ein Klingeln, ein Vibrieren, ein Blinken raubt uns die Energie für reale menschliche Kontakte. All das verändert unser Hirn, sodass wir die Fähigkeit zu echtem Austausch zunehmend verlieren.

Wie schalten Sie denn ab?
Zu einer festgelegten Zeit schalte ich die Geräte aus und trage sie aus dem Schlafzimmer. Mein Telefon lade ich weit weg vom Bett auf, damit ich nachts nie in Versuchung komme, Mails zu lesen. Letzten Dezember lebte ich eine Woche ohne Social Media. Mails las ich nur zweimal täglich. Ich habe nicht fotografiert, keine Tweets abgesetzt, sondern mit meiner Familie gesprochen.

Sie sind Chefin einer globalen Nachrichten-Site. Ist es überhaupt möglich, offline zu sein?
Oh ja! So halte ich Sitzungen im Gehen ab. Beim Gehen reden die Leute, weil sie dann kein Mails lesen und Tweets absetzen können.

Wie definieren Sie Erfolg?
Erfolg ist mehr als die Höhe des Kontostands, die Grösse des Hauses, die Karrierestufe. Arbeit und finanzielle Sicherheit sind wichtig. Wer aber allein Geld, Macht und Ruhm nacheifert, verpasst den Sinn des Lebens: den Austausch mit anderen.