Wie lange machen es die beiden noch?

Das Topkader der CS krebst bei den Boni zurück – und kürzt sich die Löhne um 40 Prozent. Für Branchenkenner ein weiteres Zeichen für die Entscheidungsschwäche der Bankenspitze.

Von Peter Hossli und Moritz Kaufmann

Die Osterüberraschung passiert am Paradeplatz mitten in Zürich. Stolz thront dort der Hauptsitz der Credit Suisse (CS). Überraschend verzichtet die Geschäftsleitung der zweitgrössten Schweizer Bank auf 40 Prozent ihrer Boni.

Ein happiger Batzen. Um 21 Millionen Franken schrumpft die Boni-Summe gegenüber dem unlängst publizierten Vergütungsbericht, so die Bank an Karfreitag. Den Bericht muss die CS am 28. April der Generalversammlung zur Genehmigung vorlegen.

Mit der Kürzung versucht die Bankspitze ein Debakel zu verhindern. Etliche Grossaktionäre haben die Nein-Parole zu den vorgeschlagenen Löhnen herausgegeben. Nun krebsen CS-Verwaltungsrat Urs Rohner (57) und CS-Chef Tidjane Thiam (54) zurück.

Hüst-und Hott-Politik

Eine «Blamage erster Güte» sei der Rückzieher, kommentiert BLICK. Die Branche stimmt zu. «Das Verhalten zeigt, dass bei der CS alles immer irgendwie in der Schwebe ist», sagt ein ehemaliger CS-Banker. «Die Führung der Bank ist nicht in der Lage, griffige Entscheide zu treffen.» Das zeige sich nun bei der Festsetzung der Boni wie zuvor beim Hickhack um die Loslösung der Schweizer Einheit.

Die Person spricht von einer Hüst-und-Hott-Politik. «Die Reduktion der Boni ist ein Zeichen der Schwäche des Managements.» Man müsse doch vor der Festsetzung der Löhne prüfen, ob diese bei den Aktionären eine Mehrheit fänden. «Offenbar werden bei der CS die Sachen nicht ordentlich geprüft, bevor die Entscheide fallen.»

Was Analysten anderer Banker seit langem bemängeln, zeige sich jetzt: Die CS wird nicht von Bankern geführt. CEO Thiam kommt von der Versicherungsbranche. VR-Präsident Rohner ist Jurist, war Vorstandschef der ProSiebenSat.1 Media AG. Bis heute ist er ein ausgewiesener Kenner der Kinobranche. Beim Film liegt seine Leidenschaft.

Letztes Jahr erzielte die Credit Suisse einen Verlust von 2,7 Milliarden Franken. «Nicht vom Fleck» käme die CS, weil am Hauptsitz am Paradeplatz die aktuellen Chancen der Branche nicht erkannt würden. «US-Banken beweisen seit bald zwei Jahren, dass sich im Finanzgeschäft wieder Geld verdienen lässt», sagt der Alt-CS-Banker. Sie machen das mit hochriskantem Investmentbanking – ein Risiko, das die CS herunterfuhr. «Die guten Investmentbanker haben die CS verlassen, weil ihre Chefs dieses Mil-ieu nicht kennen.»

Generell sei es «eine gesunde Entwicklung, dass eine Bank die Boni kürzt, wenn die Gewinne sinken».

«Verwaltungsrat abwählen»

Offen redet Fast-CS-CEO Walter Berchtold. «Es war falsch, im Vergütungsbericht so hohe Boni festzusetzen», sagt der heutige CEO der Falcon Private Bank. «Es zeigt, wie wenig soziale Kompetenz vorhanden ist.»

Die Umkehr hätten vor allem die grossen amerikanischen und norwegischen Aktionäre vorangetrieben, nicht etwa die Scheichs aus Katar. Berchthold: «Das geschah auf Druck der Amerikaner.»

Er erwartet für die nächsten Jahre noch mehr Aktivismus der Aktionäre. «Alle Änderungen kommen aus dem Ausland», sagt Berchtold. «Das Aktionariat ist mehrheitlich ausländisch, Schweizer können nicht mehr entscheiden.»

Auch der Schaffhauser Ständerat Thomas Minder (56) wünscht sich, dass die Aktionäre noch härter durchgreifen. «Der Verwaltungsrat um Präsident Urs Rohner spürt sich nicht mehr!», sagt der Vater der im März 2013 angenommenen «Volksinitiative gegen die Abzockerei». Jetzt müsse gewaltiger Druck aufgebaut werden. «Man sollte den Verwaltungsrat in corpore abwählen», sagt Minder. «Die Credit Suisse ist seit Jahren die am schlechtesten geführte Grossunternehmung der Schweiz.» Als Schweizer tue ihm das weh. «Hier geht es nicht um ein kleines KMU. Mit der CS identifiziert man sich.»

Minder selbst wird am Freitag in einer Woche an der Generalversammlung dabei sein. Für die Bank sieht er schwarz. «Die CS ist eine Übernahmekandidatin. Für eine chinesische Bank wäre sie ein Schnäppchen.»

Die Credit Suisse will sich nicht zu den Vorwürfen äussern. Sie verweist auf Passagen in dem Brief, den CEO Thiam an die CS-Aktionäre geschrieben hat: «Es liegt noch viel Arbeit vor uns, um den Turn-around zu bewerkstelligen. Aber wir haben grosse Fortschritte gemacht und glauben, dass unsere Strategie funktioniert.»