“Es geht mir um die Schweiz”

Mit einer aufmüpfigen Aktion will der Milliardär Urs Schwarzenbach den Zoll dazu bringen, drei seiner beschlagnahmten Bilder für eine Ausstellung im Tessin freizugeben.

Von Peter Hossli (Text) und Joseph Khakshouri (Fotos)

Zwei schlaksige Kerle umhüllen das goldene Gemälde mit Plastik. Es ist zwei Meter hoch, 44 Zentimeter breit, liegt flach auf dem Boden der Villa Falkenstein in Zürich. Die Packer bereiten es für den Transport vor. «Das Werk geht ins Tessin», sagt Urs E. Schwarzenbach (67). Es ist Mittwochmorgen, draussen rieselt es.

Drinnen in der Villa beobachtet der Zürcher Milliardär, wie zwei Kunstpacker vier Werke des amerikanischen Pop-Art-Künstlers Robert Indiana (88) von den Wänden seiner Villa nehmen, sie verpacken und zu einem Lieferwagen tragen.

Unbesehen von Behörden verfrachtet Schwarzenbach die Kunst nach Locarno TI, in die Städtische Pinakothek Casa Rusca. Dort wird am 8. April eine grosse Indiana-Werkschau eröffnet.

Versteckt der mysteriöse Milliardär erneut Kunst? «Ich habe noch nie Kunst versteckt, das mache ich für Locarno und für die Schweiz, die Bilder verlassen das Land ja nicht», sagt Schwarzenbach. «Es geht mir darum, dem Museum in Locarno zu helfen.»

Obwohl er das eigentlich nicht dürfte. Der Schweizer Zoll erlaubt ihm das Verschieben der Kunst nur, wenn er finanzielle Auflagen erfüllt. «Die Auflagen waren aber zu streng», sagt er. «Sie wollten mich erpressen, damit ich für sie Geld hinterlege.»

Am 7. März hatten Fahnder des Zolls in der Villa Falkenstein und in Schwarzenbachs Luxushotel Dolder Grand 30 Bilder beschlagnahmt. Der Milliardär soll zwölf Millionen Franken an Mehrwertsteuer schulden. Unter den damals beschlagnahmten Werken befinden sich zwei Bilder und eine Skulptur von Robert Indiana. Diese drei und vier weitere Werke waren für die seit langem anberaumte Indiana-Schau in Locarno vorgesehen.

Wie dem Museum zugesichert, schickt Schwarzenbach jetzt jene vier Indiana-Bilder nach Locarno, die noch in seiner Obhut sind.

Er handelt also auf eigene Faust. «Wir haben nicht gefragt, wir machen das einfach», sagt Schwarzenbach. Er nehme in Kauf, dass die angespannte Situation zusätzlich angeheizt werde.

Was will er mit der aufmüpfigen Aktion erreichen? «Dass der Zoll zur Vernunft kommt und die drei anderen Bilder ebenfalls freigibt.»

Sein Anwalt habe dafür bereits ein Wiedererwägungsgesuch gestellt. Damit in Locarno alle Bilder ausgestellt werden können. «Jetzt hoffen wir auf einen positiven Bescheid des Zolls», sagt Schwarzenbach.

Wie die Pinakothek Casa Rusca. «Wir würden gerne alle sieben Werke zeigen, die Herr Schwarzenbach verwaltet», sagt Direktor Rudy Chiappini (61). Zumal er einen Vertrag mit Schwarzenbach habe. Per Mail fragte er beim Zoll an, ob dieser die anderen Bilder nicht freigeben könne. «Bisher habe ich noch keine Antwort erhalten.»

Schwarzenbach betont, er selbst nehme keinen Schaden. «Sperrt der Zoll die Werke für die Ausstellung, schadet er der Schweiz und dem Tessiner Tourismus, nicht mir.» Denn: «Es sind ja nicht meine Werke, ich bin nur ihr Verwalter.»

Und er legt nach: «Die Beschlagnahmung im Dolder hat nicht mir geschadet, sondern dem Image des Dolders, der Stadt Zürich und der ganzen Schweiz.»

Es ist 17 Uhr 30. In Locarno fährt der Lieferwagen vor. Die Packer entladen die vier Bilder.