Stresstest für die US-Demokratie

Donald Trump feuerte über Nacht seine Justizministerin – und provoziert im Senat ein Referendum über das Einreiseverbot.

Von Peter Hossli

Eine mutige Juristin zeigt US-Präsident Donald Trump (70) die Stirn. Und sie macht es mit einer Finte wie einst David gegen Goliath.

Die kommissarische Justizministerin Sally Yates (56) hatte das Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimischen Ländern nicht nur kritisiert. Schriftlich hat sie ihr Departement angewiesen, das Dekret von Trump nicht zu verteidigen. Yates zweifelt dessen Rechtmässigkeit an.

Bewusst nahm Yates in Kauf, was prompt kam: Trump entliess sie. «Sie hat das Justizministerium verraten.» Wie ein Trump-Tweet liest sich die Begründung: «Sie ist schwach bei Grenzen und sehr schwach bei der illegalen Immigration.»

Nach der Entlassung schrieben US-Medien vom «Montagabend-Massaker», in Anlehnung an das «Samstagabend-Massaker» von 1973. Damals entliess der angeschlagene Präsident Richard Nixon (†81) den Justizminister und dessen Stellvertreter.

Doch Yates ist kein Opfer. Wie einst Winkelried leistet sie gezielt Widerstand. Und setzt die amerikanische Demokratie einem Stresstest aus. Wissen will Yates: Funktioniert, womit die Gründerväter einen Staatsstreich verhindern wollten? Funktioniert die Gewaltenteilung zwischen Gerichten, Kongress und Präsident?

Sofort warf der kommissarische Nachfolger Dana J. Boente (62) die Weisung von Yates um. Was gilt, entscheidet der künftige Justizminister. Wer das wird, darüber befindet der 100-köpfige US-Senat noch diese Woche.

Somit wird die Bestätigung des von Trump nominierten Kandidaten Jeff Sessions (70) zu einem Referendum über den Einreisestopp Trumps.

Die Republikaner haben mit 52 Sitzen eine hauchdünne Mehrheit. Einige republikanische Senatoren kritisieren den Einreisestopp, etwa Kriegsheld John McCain (80) aus Arizona und Lindsey Graham (61) aus South Carolina. Sie dürften Sessions erst bestätigen, wenn Trump das «MuslimBan»-Dekret fallen lässt.

Scheitert Sessions, zeigt dies, wie überstürzt Trump agierte. Dass ihm der politische Instinkt fehlt.
Zu Wort meldete sich am Montagabend Ex-Präsident Barack Obama (55) – erstmals seit dem Ausscheiden aus seinem Amt. Er stellt sich gegen Trump. Sein Sprecher Kevin Lewis in einer Verlautbarung: «Der Präsident [Obama] ist grundsätzlich gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Religion.»

Obama scheint die Protestierenden zu ermutigen: «Bürger, die ihr Grundrecht wahrnehmen, sich zu versammeln und sich zu organisieren. Das ist genau das, was wir in Zeiten erwarten, in denen amerikanische Werte auf dem Spiel stehen.»

Der Widerstand wächst – auf allen Ebenen.