Das grosse Durcheinander

Alliierte wählen sich über die Telefonzentrale durch. Stellen bleiben unbesetzt. Der Schwiegersohn entlässt eigenmächtig wichtige Personen. Und der Chef glaubt, das sei eine Reality-TV-Show. Das Übergangsteam von Donald Trump kommt nicht in die Gänge.

Von Peter Hossli (Text) und Pascal Mora (Foto)

trump_puppetDie Zeit eilt. Am 20. Januar 2017 übernimmt Donald Trump die mächtigste Nation der Welt. Bis dann muss der künftige amerikanische Präsident 4100 Jobs neu besetzen, dazu ein neues Kabinett bilden.

Andere Präsidentschaftskandidaten fangen damit lange vor der Wahl an. Doch Trump ist Trump. Er zeigt sich überrascht, dass er die Staatsämter selbst bestücken muss.

Nun sucht er Personal online. Wer für Trump arbeiten will, kann sich bei GreatAgain.gov bewerben.

Über die Telefonistin zu Trump

Einen Monat sei sein Übergangsteam in Verzug, berichtet die «New York Times». Es sei schwierig, die Positionen unterhalb des Kabinetts zu besetzen. Niemand will für Trump arbeiten. Schroff abgewiesen würden republikanische Beamte, die im Vorfeld der Wahlen gegen Trump waren, jetzt aber ihre Hilfe anbieten.

Alliierte bekunden Mühe, mit Trump überhaupt in Kontakt zu treten. Da sich dessen Team nicht melde, müssten sie im Trump Tower an New Yorks Fifth Avenue anrufen, in der Hoffnung, sie würden von der Telefonistin in den 26. Stock durchgestellt. Dort, in Donald Trumps Büro, tagt das Übergangsteam.

Über die Telefonzentrale habe etwa der ägyptische Präsident Abd al-Fattah as-Sisi (61) am Tag nach der Wahl versucht, Trump zu erreichen. Ebenso der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu (67).

Erst 24 Stunden später schaffte es die britische Premierministerin Theresa May (60). Nicht etwa Trump rief sie an – sie musste sich über die Telefonzentrale des Trump Towers durchwählen. Trotz enger britisch-amerikanischer Freundschaft.

Mittlerweile hielten Trump und Netanyahu eine Videokonferenz ab, berichtet die «Jerusalem Post».

Berater ohne Kontakt zu Trump

Aus diplomatischen Kreisen weiss BLICK, dass sich Trump während des Wahlkampfs kaum um sein Übergangsteam bemüht hatte. Zwar arbeiteten für ihn Personen, die aussenpolitische Ideen zu Papier bringen sollten. Diese aber wussten gar nicht, was Trump wollte. «Sie sahen ihn nicht», heisst es. «Stattdessen versuchten sie aufgrund von Trumps Reden zu erahnen, was er denn wollte.» Nur: «Diese Reden waren so widersprüchlich, es war kaum zu erahnen, was Trump wirklich beabsichtigt.»

Derweil warten wichtige Ministerien auf Kontakte aus dem Trump Tower. Weder Trump noch sein Team haben sich bisher beim Pentagon gemeldet, berichtet der «Washington Examiner» und zitiert Verteidigungsminister Ash Carter (62). «Ich weiss nicht, wann sie sich melden, das müssen sie selbst entscheiden. Wir wären bereit.»

Ähnlich tönt es aus dem Justizministerium – bis gestern Dienstagabend hat das Department of Justice nichts gehört von Trump oder dessen Team.

Der mächtige Schwiegersohn

Zur Familiensache hat Trump das Gestalten seiner Regierung erklärt. Mächtigster Mann ist sein Schwiegersohn Jared Kushner (35). Letzte Woche entmachtete er Chris Christie (54) als Chef des Übergangsteams – weil der heutige Gouverneur von New Jersey als Staatsanwalt seinen Vater ins Gefängnis gebracht hatte.

Anfang Woche feuerte Kushner zwei Personen, die sich für Trump mit Aussen- und Sicherheitspolitik befassten: den ehemaligen Parlamentarier Mike Rogers (53) sowie den Lobbyisten Matthew Freedman. Zumindest eine Entlassung soll Rache sein: Rogers ist ein Freund von Christie.

Trump selber ist die Ruhe selbst. Auf Twitter nennt er die Übergangsphase «bestens organisiert». Er entscheide, wer ins Kabinett komme und die Top-Posten erhalte. «Ich bin der Einzige, der die Finalisten kennt» – als sei das mit dem Präsident-Sein eine Reality-TV-Show.