Abgang in Würde

Der Abschied von Bill und Hillary Clinton von der politischen Bühne.

Von Peter Hossli

Hillary Clinton (69) kämpft mit den Tränen. Sie spricht zu Mitarbeitern – und zu Amerika: «Das tut weh.» Es ist Mittwoch in New York, am Tag nach ihrer bitteren Niederlage. «Ich weiss, wie ihr euch fühlt», sagt Clinton. «Ich fühle auch so.» Sie hoffe, Donald Trump werde «ein erfolgreicher Präsident – für alle Amerikaner».

Hillary spricht berührend wie nie zuvor. Sie trifft den Ton. Sagt, was nötig ist. «Wir müssen dieses Resultat akzeptieren – und weiterhin für unsere Werte einstehen.»

Sie liebe ihre Tochter, ihren Mann, ihre Enkel. Dann wendet sie sich an junge Menschen. «Ihr werdet Erfolge haben und Niederlagen erleben», so Clinton. «Egal was passiert, hört nie auf, für die gute Sache zu kämpfen.»

Sie spricht die Mädchen dieser Welt an: «Zweifelt nie daran, dass ihr stark und wertvoll seid, dass ihr alle eure Träumen verwirklichen könnt.»

Der Tag werde kommen, an dem eine Frau die USA regiere. «Vielleicht früher, als wir das heute glauben.»

Leicht fällt Clinton diese Rede nicht. Wenig ist so schwierig, wie über eine Niederlage nach einem sicher geglaubten Sieg zu sprechen. Clinton unterlag, weil sie nicht mehr die gleiche Energie hatte wie 2008, als Barack Obama (54) sie auf dem Weg ins Weisse Haus abfing. Bezeichnend das Video vom 11. September dieses Jahres, das sie zeigt, wie sie strauchelt.

Dass sie so klug ist, löste bei vielen Hass aus. Ihre Botschaft – «ich habe so viel Erfahrung wie niemand» – verfing nicht in einem Land, das nach Veränderung dürstet. Aber letztlich schadete ihr, dass das FBI elf Tage vor der Wahl ohne Beweise suggerierte, Clinton könnte kriminell gehandelt haben.

Eine politische Dynastie findet ihr Ende. In vier Jahren wird Hillary Clinton nicht mehr antreten. Ein anderes öffentliches Amt kommt für sie nicht in Frage. Sie war First Lady, Senatorin von New York und US-Aussenministerin. Ihr letzter Akt: ein Abgang in Würde.