Der Messias tritt ab als Mensch

Die Erwartungen waren riesig an den ersten schwarzen Präsidenten der USA. Barack Obama gelang es, die US-Wirtschaft zu stabilisieren. Im Nahen Osten aber, hat er versagt.

Von Peter Hossli

obama_michelleWie der Nebel im Herbst legt sich Nostalgie über Washington D. C. In knapp drei Monaten verlassen Barack Obama (54) und First Lady Michelle (52) mit ihren Töchtern Malia (18) und Sasha (15) das Weisse Haus. Amerikas coolste Familie tritt ab.

Acht Jahre hat Obama regiert, schrieb Geschichte als erster schwarzer Präsident Amerikas. Eines Landes, dessen Reichtum auf der Arbeit von afrikanischen Sklaven fusst.

Er übernahm eine tief gespaltene Nation, geprägt von acht Jahren George W. Bush (70) und sieben Jahren Krieg. Eine schwere Finanzkrise schüttelte sie durch. Obama schien der Messias, nach dem sich die Welt sehnte. Noch bevor er ins Weisse Haus einzog, erhielt er den Friedensnobelpreis. Mit einem verheissungsvollen Slogan gewann Obama die Wahl: «Yes, we can.» Doch wie sieht seine Bilanz nach acht Jahren an der Macht aus?

Die Kurzfassung: Obama war nur ein Mensch. Es gelang ihm, die torkelnde US-Wirtschaft und somit die Welt zu stabilisieren. Der Nahe Osten versinkt im Chaos, da Obama untätig war.

Wenig trug Obama zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Schwarzen und Weissen in Amerika bei. Er wollte Präsident aller sein, nicht nur der Schwarzen. Obama hat den Anstand ins Weisse Haus zurückgebracht. Um ihn gab es keine Skandale. Stets stellte er die Interessen des Landes über die eigenen. Und er begeisterte.

Die Bilanz

Konjunktur

Als Obama 2009 ins Weisse Haus kam, lag die Arbeitslosenquote bei zehn Prozent. Seither hat sie sich halbiert. In Obamas Amtszeit sind fast neun Millionen neue Jobs geschaffen worden. Zwar wächst die US-Wirtschaft langsamer als früher, aber sie wächst. Die Autoindustrie ist robust, die IT-Branche im Silicon Valley weltführend.

Klimawandel

Bereits als Kandidat versprach Barack Obama, der erste grüne US-Präsident zu werden. Es gelang ihm, den Kohleanteil am US-Strom von 45 auf 33 Prozent zu reduzieren. Dank ihm wurde 2015 in Paris der Klimavertrag unterschrieben.

Aussenpolitik

Nirgends ist Obama so sehr gescheitert wie im Nahen Osten. Ausdrücklich warnte er den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad (51) davor, Giftgas einzusetzen. Als Assad es trotzdem tat, blieb Obama tatenlos. Seither haben die USA die Kontrolle über Syrien an Russland abtreten müssen. Libyen versinkt im Chaos. Der Truppenabzug aus dem Irak war verfrüht.

Terrorismus

Am 2. Mai 2011 töteten US-Soldaten in Pakistan den Terrorfürsten Osama Bin Laden († 54). Zwar entstand die Terrorbande Islamischer Staat als Folge der Invasion im Irak. Obama hielt ihr jedoch zu wenig entgegen. Dass er in Afghanistan und im Jemen mit Drohnen Terroristen bekämpft, brachte islamische Länder gegen die USA auf. Das Gefängnis auf Guantánamo bleibt offen.

Die Beziehungen zu Kuba

Obama räumte mit dem bizarren Überbleibsel aus dem Kalten Krieg auf – und hob das Embargo gegen die Karibikinsel auf. Die US-Botschaft in Havanna ist wieder offen, es gibt Direktflüge zwischen beiden Ländern. Im Mai 2016 besuchte Obama Kuba.

Der Deal mit dem Iran

Unter Führung der USA handelten sechs Staaten einen Nuklearsperrvertrag mit dem Iran aus. Obama brachte den Vertrag durch den republikanischen Kongress.

Homosexuelle Ehe

«Die Liebe hat gewonnen», sagte Obama, als der Oberste Gerichtshof am 26. Juni 2015 festhielt, homosexuelle Paare hätten ein Recht aufs Heiraten. «Egal, wer man ist, hier in den USA hat nun jeder das Recht, die Person zu heiraten, die er liebt – und zwar in allen 50 Staaten Amerikas.» Zudem müssen homosexuelle Soldaten ihre sexuelle Orientierung nicht mehr verstecken.

Obamacare

Jährlich starben in den USA 50 000 Menschen, weil sie keine Krankenkasse hatten. Obama versuchte, das zu ändern. Zwar sind nun alle versichert. Wer mit Amerikanern spricht, hört oft Negatives: zu teuer, zu umständlich, zu stark in den Händen der Pharmalobby. Nächstes Jahr schlagen die Prämien um 25 Prozent auf.