Hillary trumpt auf

Wie Clinton nach dem Duell Punkten kann, und warum Trump noch nicht geschlagen ist.

Von Peter Hossli

Hillary Clinton (68) landet Punkt um Punkt. Die Präsidentschaftskandidatin dominiert das erste TV-Duell in der Nacht auf Dienstag. Fakten an Argumente reiht die Demokratin, ohne schulmeisterlich zu wirken. Und sie bewahrt die Fassung, wenn der republikanische Widersacher Donald Trump (70) ihr wie ein unflätiger Bengel ins Wort fällt.

Trump hingegen scheint lethargisch. Ist ihm die Politik zu anstrengend? Zeitweise wirkt er, als sei das alles nur ein Bluff gewesen. Wie ein alter Boxer, der untrainiert in den Ring steigt.

Clinton entblösst das wahre Gesicht ihres Gegners. «Guter Geschäftssinn», erwidert Trump ihre Aussage, er habe sich über die ­Finanzkrise gefreut und sich daran bereichert. Als sie sagt, er ver­stecke seine Steuererklärung, da er keine Steuern zahle, meint Trump trocken wie abschätzig: «Ist doch klug.»

Es sind entscheidende Momente für die letzten Wochen des Wahlkampfs. Geschickt wirft Clinton Fragen zu Trumps Vermögen auf. In den nächsten Tagen dürften sich die US-Medien nonstop mit Trumps Steuern befassen. Mit dem Satz «Er versteckt etwas» stachelt Clinton sie geradezu an. Trump mokiert sich mit seiner Steuerverachtung über jene, die ihn als Messias sehen. Deren Häuser wertlos sind. Die redlich an den Fiskus abliefern. Das schadet ihm gerade in Kleinbürger-Hochburgen wie Ohio, Virginia oder Florida.
Wie eine Präsidentin wirkt Clinton. Was bei den rund acht Prozent Wechselwählern zählt, die sich bis anhin noch nicht festgelegt haben.

Am Fernsehen ist kaum entscheidend, was jemand sagt, sondern wie. Clinton wirkt ruhig, besonnen, eine kluge Frau, der man das Land anvertraut. Zwei Wochen nach ihrem Schwächeanfall scheint sie kerngesund. Trump hingegen reisst Grimassen, ist mehr Clown denn Kerl, sucht Worte in der Nase.

Dieses Bild dürfte Clinton in den knapp fünf Wochen bis zur Wahl immer wieder bringen. In umkämpften Staaten wie Florida und Pennsylvania. Zumal sie mehr Geld in der Wahlkampfkasse hat. Das TV-Duell liefert ihr reichlich Stoff, um Trump in Werbespots anzugreifen.

Noch ist die Wahl nicht gelaufen. Clinton bleibt bei vielen verhasst, zuletzt schmolz ihr Vorsprung in den Umfragen. «Trump mag ich überhaupt nicht, aber ich kann nie Clinton wählen», sagt der republikanische Farmer Danny Robinson (63) aus Kalifornien.

Angst entscheidet oft Wahlen. Gibt es weitere Anschläge, hat Trumps «Law and Order»-Ansage reelle Chancen. An die Angst appelliert auch Clinton. Fürchten müsse sich Amerika vor einer Person: ­Donald Trump.