Die zwei Gesichter von Donald Trump

Der republikanische Präsidentschaftskandidat vollführt einen Eiertanz um seine Einwanderungspolitik.

Von Peter Hossli

trump_nietoDonald Trump (70) hat ein Problem. Der Republikaner ist Präsidentschaftskandidat – dank eines Versprechens, das er nicht halten kann und Stimmen kostet.

Er versprach, eine Mauer entlang der 3210 Kilometer langen amerikanisch-mexikanischen Grenze zu errichten. Illegale Zuwanderer soll sie abhalten. Und er versprach, die schätzungsweise elf Millionen Menschen aus den USA zu schaffen, die sich derzeit ohne Bewilligung im Land aufhalten sollen.

Politisch, weiss Trump, lässt sich die Mauer aber nicht errichten. Sie brächte wenig. Denn sie liesse sich mit Schaufeln untertunneln und mit Flugzeugen überwinden. Zudem sorgt die Idee weltweit für Kopfschütteln.

Unmöglich wäre auch die Ausschaffung von elf Millionen Menschen. Zumal sie zuerst gefunden, dann verhaftet, schliesslich mit 36 000 Jumbo-Jets ausgeflogen werden müssten.

Wegen dieses Dilemmas vollführt Trump einen Tanz auf dem Hochseil. Abstürzen kann er jederzeit.

Krebst er bei der Einwanderung zurück, vergrämt er seine Stammwähler. Bleibt er stur, gewinnt er keine neuen Wähler. Die aber braucht er dringend, um den Rückstand auf Konkurrentin Hillary Clinton (68) aufzuholen.

trump_phoenixAm selben Tag zeigt er deshalb zuweilen zwei Gesichter, wie vorgestern Mittwoch. Tagsüber besuchte Trump den mexikanischen Präsidenten Peña Nieto (50), gab weltgewandt den Diplomaten. «Ich werde mich mit Mexiko absprechen», so Trump. Gemeinsam würden sie die Grenze stärken. Es sei ein «exzellentes Treffen gewesen», so der New Yorker. «Zusammen mit Präsident Nieto werde ich alle Probleme lösen.»

Von Mexico City flog er weiter nach Phoenix, der grössten Stadt in Arizona – und hielt vor Dutzenden Sternenbannern und Tausenden von Anhängern eine Brandrede. «Seid ihr bereit?», rief Trump in die Menge. Die Leute johlten. «Wir werden eine grandiose Mauer bauen entlang unserer südlichen Grenze.» Frenetischer Applaus. «Und Mexiko wird dafür bezahlen, zu 100 Prozent.» Das wüssten die Mexikaner zwar noch nicht, fiel er Nieto in den Rücken.

Am ersten Tag seiner Amtszeit beginne der Bau der Mauer. Sie werde «undurchdringbar, mächtig, schön, hoch» sein.

Verlierer des kuriosen Tages: der vorgeführte Präsident Mexikos. Es sei «ein historischer Fehler» gewesen, Trump überhaupt einzuladen, so der mexikanische Historiker Enrique Krauze (68) gestern bei einem TV-Auftritt. «Tyrannen umarmt man nicht, man greift sie an.»