“Sie hat mein Leben beseelt”

Bill Clintons Liebeserklärung an Hillary am Parteikonvent der Demokraten in Philadelphia.

Von Peter Hossli (Text) und Stefan Falke (Fotos)

bill_clintonNiemand kann es besser als Bill Clinton (69). Niemand schafft es eleganter, allein mit Worten eine Halle voller Menschen zu begeistern als der Ex-Präsident. Niemand kann so sehr mit Geschichten Gemüter bewegen.

Geschichten erzählt Clinton in der Nacht auf Mittwoch in Philadelphia. Kaum ist seine rauchige Stimme ein erstes Mal zu hören, tobt das Publikum in der prallvollen Wells Fargo Arena.

Es ist eine Liebeserklärung – an Hillary.

Clinton erzählt, wie er im Frühling 1971 als Student «eine junge blonde Frau mit grosser Brille» traf. Sofort zog sie ihn in den Bann. Mit Details schmückt er seine Episoden aus. «Sie trug kein Make-up», erinnert er sich, «sie war magnetisch.» Tagelang konnte er die Augen nicht von ihr lassen.

Spazieren, reden, lachen

clinton2Bis sie ihn anschaute und sagte: «Ich bin Hillary Rodham. Und wer bist du?»

Zuerst verschlug es ihm die Stimme. Danach spazierten sie zusammen, redeten, lachten. «Bis heute haben wir damit nie aufgehört.»

Nur Bill Clinton kann so romantisch sein, ohne dass es kitschig wirkt.

Er spricht am Parteikonvent der Demokraten in Philadelphia, am Abend nachdem die Partei seine Gattin offiziell zur Präsidentschaftskandidatin gekürt hat – was historisch ist.

Clinton redet gekonnt, wie immer. Eloquent, wie meist. Perfekt stimmen Betonung und Rhythmus. Und doch wirkt der Ex-Präsident persönlicher als üblich, wirkt frischer, weniger ausgemergelt als in den letzten Wochen.

clinton3Drei Mal um Hillarys Hand angefragt

Offenbar stachelt es ihn an, seine Frau ins Weisse Haus zu reden.

Charmant schildert er, wie er drei Mal um Hillarys Hand anhielt. Stets habe er gewusst: Sie ist besser als er, klüger, hartnäckiger, zielgerichteter. Weniger emotional.

Als sie 1997 Tochter Chelsea im College in Kalifornien absetzten, habe er aus dem Fenster gestarrt und geweint. Hillary aber habe Schubladen eingeräumt. «Chelsea sagte uns beiden: Es ist Zeit zu gehen.»

Es sind solche Geschichten, die den meisterhaften Redner Clinton ausmachen. Sie sind kurz, intim, eindringlich – und sie machen die Welt zugänglich.

Hillarys beste Waffe

Clinton zeigt an diesem Abend: Er ist Hillarys beste Waffe im Wahlkampf.

Mit Verve reiht er Anekdote an Anekdote, spannt einen Bogen um das Leben Hillarys, von der Studentin zur Aktivistin, zur Mutter, der First Lady, der Advokatin für Frauen und Kinder, der Senatorin und Aussenministerin.

clinton4Er schwärmt. «Hillary hat mir die Augen geöffnet.» Er erklärt: «Ich habe meine beste Freundin geheiratet.» Er gibt sich demütig, beschreibt, wie sie gelacht und geweint hätten, in guten wie schwierigen Zeiten – eine ehrliche wie zärtliche Anspielung an die Affäre mit Monica Lewinsky.

Die Geburt von Chelsea beschreibt er als «schönsten Moment meines Leben». Er selber habe seinen Vater nie gekannt. Chelsea aber wollte er «der beste Vater aller Zeiten» sein.

Einmal nur seien er und Hillary bei der Erziehung nicht einig gewesen. «Als Chelsea alle sechs Folgen von Police Academy hintereinander schauen wollte.» Was er erlaubte, Hillary nicht.

Eine Macherin sei sie, im Gegensatz zu den Politikern, die immer nur vom Machen reden würden. Sie bewirke tatsächlich etwas. «Man kann Hillary in irgendeinem zerstörten Land absetzen – nach ein paar Wochen sieht es dort schon besser aus.»

Hillarys Gegner nennt Bill nicht beim Namen. Er spricht von einer Comic-Figur, gegen die die reale Hillary antrete. Jeder im Raum weiss: Die Comic-Figur ist Donald Trump.

clinton5Hillary zum Schluss

Sein Leben sei «beseelt», schwärmt Clinton, «dank dem Mädchen, das ich 1971 traf».

Er schliesst mit einem Wunsch: «Ich hoffe, ihr wählt sie.» Zumal es nur um etwas gehe im Leben: «Darum, was morgen mit unseren Kindern passiert.» Niemand kümmere sich darum mehr als Hillary Clinton

Die Präsidentschaftskandidatin selbst grüsst wenig später von der Videowand. Umgeben von Kindern bedankt sie sich für ihre Nomination. Und sagt: «An alle Mädchen, die so lange aufblieben: Ich kann die erste Präsidentin werden, aber eine von euch wird die nächste Frau sein, die im Weissen Haus regiert.»

Die Halle bebt. Die Clintons sind zurück.