Jetzt folgen die Anzeigen

Der geschasste Fifa-Finanzchef Markus Kattner leitet rechtliche Schritte gegen die Fifa ein, die Fifa prüft eine Anzeige gegen Kattner.

Von Peter Hossli

markus-kattner-fifaEs ist Montagabend, der Fifa-Finanzchef erschrickt. Ohne Ankündigung erhält Markus Kattner (45) die fristlose Kündigung. Warum? Das sagt ihm keiner. Minuten später veröffentlicht die Fifa eine Pressemitteilung. Aufsichtspflichten habe Kattner verletzt. Sofort berichtet die «New York Times», der Bayer habe sich ungewöhnlich hohe Boni genehmigt.

Bieten lässt sich Kattner die unbegründete Kündigung nicht. Eine ihm nahestehende Person bestätigt: «Markus Kattner wird die notwendigen rechtlichen Schritte einleiten, um seine Integrität und seinen guten Ruf zu schützen.»

Seit einem Jahr steht der Weltfussballverband kopf. Anwälte suchen nach Vergehen von Funktionären. Wichtigste Person der Aufarbeitung war Kattner, seit 2003 Finanzchef, seit 2007 zusätzlich stellvertretender Generalsekretär.

Zuletzt liefen alle Untersuchungen über ihn. Fifa-Mitarbeitern bläute er ein, sich korrekt zu verhalten, auch dem Präsidenten. Angeblich massregelte er Infantino wegen Spesen. «Es gibt Dinge, die du selber zahlen musst», soll er ihm gesagt haben. Darob sei «Infantino ausgerastet», ist zu hören. Eine zweite Quelle sagt es milder: «Herr Infantino fand das nicht sehr gut.»

Noch vor dem Fifa-Kongress in Mexiko Mitte Mai sei klar geworden: Für Infantino ist Kattner ein Mann von Vorgänger Sepp Blatter (80). Den will er loswerden. Da der nicht freiwillig geht, sei er erst gefeuert, dann angeschwärzt worden. Eine PR-Agentur habe der «New York Times» die Bonus-Geschichte gesteckt. Aus Infantinos Umfeld ist zu hören, Kattner habe zwischen 2008 und 2014 Boni in «zweistelliger Millionenhöhe» bezogen. Die Bezüge seien «weit geringer» und einwandfrei gewesen – und säuberlich dokumentiert worden, heisst es aus dem Umfeld Kattners.

Sollte Kattner unterschlagen haben, dürfte die Fifa ihn anzeigen. Bisher ist das nicht passiert, allerdings prüft die Fifa diesen Schritt.

Dieser Fall werde «vor Gericht ausgetragen», glaubt der Basler Strafrechtler Mark Pieth (63). Ein Arbeitgeber habe gegenüber dem Personal Fürsorgepflicht. «Eine fristlose Entlassung ohne Anhörungen ist ein flagranter Verstoss.»

Bei der Fifa gebe es derzeit «eine Konterrevolution – gegen die Reformen», sagt Pieth und meint die umstrittene Entlassung von Auf­seher Domenico Scala (51). «Ich frage mich, ob Kattners Entlassung ebenfalls zur Konterrevolution
gehört.»