Schweizer, zieht euch warm an!

Als Präsident Amerikas würde Donald Trump sein Land von der Welt abnabeln. Das drosselt die Wirtschaft und treibt mehr Menschen in die Flucht.

Von Peter Hossli

trump_scDie Welt staunt. Amerikas Republikaner wollen einen Demagogen ins Weisse Haus schicken. Die mächtigste Demokratie könnte bald einen Präsidenten haben, der die Demokratie verachtet. Der nie ein öffentliches Amt belegte, Frauen verunglimpft und Menschen allein aufgrund ihren Glaubens ausgrenzt.

Die Welt ist besorgt. Was, wenn die Amerikaner am 8. November tatsächlich Donald Trump (69) zu ihrem 45. Präsidenten wählen? Wie würde er das Land führen? Wie stünde er zur Welt?

Und wie zur Schweiz?

Noch spricht einiges gegen Trumps Triumph. Er liegt in nationalen Umfragen hinter der Kandidatin der Demokraten, hinter Hillary Clinton (68). Die Spitze der Republikaner stellt sich gegen den Baulöwen aus New York. «Wir müssen Trump verhindern», sagt der konservative Kommentator George Will (75). Bill Kristol (63), Chef des konservativen Magazins «The Weekly Standard» und so etwas wie das Gehirn der Repub­likaner, will einen unabhängigen Konservativen aufstellen. Kristol nimmt in Kauf, dass Clinton gewinnt – «und wir Republikaner uns neu formieren können».

Trump ignoriert Zweifler. Zumal er es all jenen gezeigt hat, die ihn unterschätzt hatten. Bereits schildert er gegenüber der «New York Times», wie die ersten 100 Tage seiner Amtszeit aussehen würden.

Kaum gewählt, würde er einen Kandidaten für die vakante Stelle im Obersten Gerichtshof suchen. Am 20. Januar 2017, dem Tag seiner Vereidigung, werde er etliche Verordnungen von Vorgänger Barack Obama (54) für ungültig erklären und sofort neue erlassen – etwa das Einreiseverbot für Muslime.

Manager und Generäle beriefe er ins Kabinett. Mit ihnen würde er schon am ersten Arbeitstag über die Sicherung der Grenze zu Mexiko reden, also eine Mauer planen. «Ich weiss, die Leute sind unsicher, wie Präsident Trump regieren wird», sagt er über sich selber – und versichert: «Aber alles wird gut werden, ich will ja nicht Präsident werden, um das Land zu destabilisieren.»

Schlecht für Exportland Schweiz
Klar aber sei: Von seiner in den Vorwahlen ausgerollten politischen Agenda rücke er nicht ab. Diese ist zwar noch nicht sehr ausgefeilt. Aber sie steht auf zwei Säulen, die grosse Wirkung zeigen würden.

• Erstens will Trump mit dem freien Handel brechen und US-Jobs mit Einfuhrzöllen schützen.
• Zweitens will er seltener US-Truppen in Kriege schicken als seine Vorgänger.

Beides ist unangenehm für die Schweiz. Obama war als US-Präsident für die Schweiz nicht besonders gut. Trump aber wäre ein Fiasko für die Exportnation in den Alpen.

Nach Deutschland ist Amerika wichtigster Abnehmer von Schweizer Uhren, Medikamenten, Schoggi und Maschinen. Letztes Jahr verkauften hiesige Hersteller Güter im Wert von 27 Milliarden Franken in die USA, oder 13,5 Prozent aller Exporte. 18,1 Prozent gingen nach Deutschland.

Sanken 2015 die Verkäufe in den Euroraum um vier Prozent, nahmen sie in die USA um sechs Prozent zu. Hilfreich waren die offenen amerikanischen Märkte. Und der Dollar, der zum Franken weit weniger schwächelte als der Euro.

Mehr Flüchtlinge
Trump aber ist ein Protektionist, er will ausländische Produkte mit Zöllen von bis zu 35 Prozent belasten. Denn: «Handel tötet Amerika», predigt er. Unter ihm würde die USA zum unverlässlichen Handelspartner. Freihandelsabkommen will er brechen. Das schwächt nicht nur den Dollar – es dürfte Amerika und die Welt in eine tiefe Rezession reissen. Besonders betroffen: Schweizer Exportfirmen.

Trump wiegelt ab: «Sobald ich ein paar Wochen im Amt bin, dürften sich die Märkte beruhigen.» Warum? Das sagt er nicht.
Aussenpolitisch würde sich Trump noch passiver verhalten als Obama. Welchen Staatschef er zuerst anriefe, fragte unlängst ein Journalist. «Das hat keine Priorität», antwortete Trump. Amerika dürfe nicht mehr Weltpolizist sein und bei jedem Konflikt amerikanische Soldaten entsenden. Obwohl die USA mit der Irak-Invasion im Jahr 2003 das jetzige Chaos im Nahen Osten angerichtet haben, liesse Trump die Europäer damit alleine.

Würde Hillary Clinton als Präsidentin den US-Einfluss in Syrien und Libyen erheblich erhöhen, will Trump sich abschotten. Libyen zerfiele ganz. Schlepper schmuggelten weiterhin Flüchtlinge übers Mittelmeer. Terrorbanden wie der «Islamische Staat» nisteten sich in Libyen ein – und könnten von dort aus Anschläge in Europa oder in beliebten Ferienorten wie Ägypten oder Tunesien planen. Anhalten würde unter Trump die Flüchtlingskrise. Ohne ein starkes Amerika ist Frieden in Syrien nicht möglich.

Nicht Syrien interessiert Trump, er sucht die Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin (63), was insbesondre Einwohner der baltischen Staaten aufschreckt. Sie fürchten, Putin werde sie zu Russland hole – wie er die Krim der Ukraine entrissen hat.
Bisher zählten die Balten als Nato-Mitglieder auf den Schutz der USA. Trump aber tönte einen amerikanischen Rückzug aus der Nato an. Seine aussenpolitische Losung? «America First!» Zuerst kommt stets Amerika.
Amerika zuerst

Eine Haltung, wie sie in den USA letztmals vor dem Zweiten Weltkrieg herrschte. Historiker machen sie heute dafür verantwortlich, dass US-Politiker den Faschismus in Europa lange unterschätzten. Was Millionen von Juden das Leben kostete.

Doch nicht nur Europa bangt um seine Sicherheit. Zumal Trump das ­Nuklear-Abkommen mit dem Iran sofort rückgängig machen will. Damit könnte die Islamische Republik in Teheran bald über die Atombombe verfügen. Was die Atommacht Israel nicht toleriert.

Eigene nukleare Waffen hingegen sollten sich Japan und Südkorea zulegen. Jahrzehntelang standen die Länder unter dem Schutz der USA. Trump möchte ihn vermindern. Es droht Chaos – was der Tycoon in Kauf nimmt.

electorenDer Weg ins Weisse Haus
Amerikanischer Präsident wird nicht, wer am 8. November am meisten Stimmen erhält. Sondern wer 270 der 538 Elektoren holt. Diese werden proportional zur Einwohnerzahl der 50 US-Staaten und Washington D.C. vergeben. Der Gewinner
eines Staates erhält jeweils alle Elektoren. Es gibt die hier rot gefärbten Staaten, in denen der Republikaner Trump gewinnen wird, etwa in Texas und Mississippi. Dazu die blau gefärbten Staaten, in denen Clinton gewinnt, etwa in New York oder Kalifornien. Gemäss aktuellen Umfragen liegt Clinton mit 347 zu 191 Elektoren vor. Steigert Trump seine Werte um zehn Prozent, holt er 305 Elektoren. Will Trump gewinnen, so muss er Clinton in den gelb gefärbten Wechselstaaten schlagen.

Korrigendum: In einer früheren Version ist der Jahrgang der Irak-Invasion mit 2013 angegeben, sie fand 2003 statt.