“Viele Terroristen sind EU-Bürger”

Ex-FBI-Spion und Sicherheitsexperte Ali Soufan (44) erklärt, wie gegen den Terror in Europa vorgegangen werden muss.

Interview: Peter Hossli

ali_soufanHerr Soufan, vier Monate nach Paris gab es jetzt erneut Anschläge in Brüssel. Wie schlecht sind Europas Geheimdienste?
Ali Soufan: Sie sind ganz gut. Aber sie dürfen nicht tun, was sie tun müssten: Daten von EU-Bürgern untereinander austauschen.

Warum wäre das wichtig?
Weil nicht Ausländer die Terroranschläge ausführen. Viele Terroristen sind EU-Bürger, die aus Syrien und Irak zurückkehren. Von 5000 Kämpfern, die in den Krieg zogen, kamen 20 bis 30 Prozent zurück.

1500 Syrien-Rückkehrer überfordern die Geheimdienste?
In Belgien gibt es mehr Syrien-Kämpfer als Spione. Die Behörden können sie nicht überwachen.

Warum nicht?
Terroristen setzen zunehmend verschlüsselte Software ein. Viele benutzen gar keine Technologie mehr. Um die zu überwachen, braucht es Spione auf der Strasse, die Terrornetzwerke infiltrieren. Wir müssen die Terrornester zerschlagen.

Und wie soll das gehen?
Ghettos in Belgien und Frankreich dürfen sich nicht weiter von der Gesellschaft entfernen. Dort braucht es mehr Bildung, mehr Jobs, mehr Integration – und mehr Zukunft.

Bei der Brutalität der Terroristen ist das ein sanfter Ansatz.
Er reicht nicht aus. Wir müssen gezielt gegen Personen vorgehen, die die Kämpfer in Ghettos rekrutieren.

Das genügt gegen den Terror?
Es braucht eine Matrix der Gefahr. Niemand weiss, wie viele Kämpfer aus Syrien zurück sind, warum sie gingen, wa­rum sie wieder da sind. Diese Informationen müssen sofort ausgetauscht werden.

Wo geschieht der nächste Anschlag?
Am ehesten in Frankreich, Belgien und Deutschland. Letztlich ist jedes Land bedroht, in das Kämpfer aus Syrien und Irak zurückkehren.