Wird Trump jetzt wirklich Präsident?

Der Tycoon aus New York hat gute Chancen, ins Weisse Haus einzuziehen. Das ist sein Weg.

Von Peter Hossli

trump_superDonald Trump (69) triumphiert in Amerika. Sieben Staaten hat der Baulöwe am Super Tuesday gewonnen. Eine regelrechte Welle der Wut rollte durchs Land.

Trump gewann im aufgeschlossen New England und im konservativen Süden. Er bringt Wähler an die Urne, die sich von Präsident Barack Obama (54) ausgegrenzt fühlen – weisse, eher ungebildete Männer, die um den Job fürchten. Die glauben, Globalisierung und Digitalisierung verweise sie auf die Strasse der Verlierer. Die Angst haben vor der Zukunft, vor Frauen und Fremden.
Diese Angst trifft Trump. Gekonnt redet er Schuldige herbei: Latinos, Muslime, Eliten an der Wall Street und in Hollywood.
Wer ihm folgt, stört sich nicht an seiner Vulgarität, an Hass und Zorn. Sie fühlen sich davon angesprochen. Trump gibt vor, sie zu verstehen. Rühmt er sich am Fernsehen und auf Twitter als grossen Gewinner, degradiert er die anderen zu kleinen Verlierern. Daher fühlt sich als Gewinner, wer ihn wählt.

Doch reicht das, um ins Weisse Haus einzuziehen? Vielleicht – gewählt ist Trump aber noch nicht.

• Zuerst muss er offizieller Kandidat der Republikaner werden. Trump gewann am Dienstag etliche Staaten, holte aber nur 36 Prozent der republikanischen Stimmen. Zusammen haben ihn seine Gegner demnach deutlich geschlagen. Cruz gewann in drei Staaten, Marco Rubio (44) in ­einem. Gebe es einen Pakt gegen Trump und schieden alle ausser einem Gegner aus – dann könnte es einem anderen Kandidaten rein rechnerisch noch reichen, Trump bei der Anzahl der Delegierten zu überholen. Das müsste vor dem 15. März passieren. Dann werden in bevölkerungsreichen Staaten wie Florida, Ohio und Illinois etliche Delegierte bestimmt. Da Cruz und Rubio (44) sich verachten, wird aber keiner verzichten.

• Aus einem Grund bleiben: Sie wollen so verhindern, dass Trump vor dem Parteikongress im Juli die Mehrheit der Delegierten erhält. Erzwingen könnten sie eine sogenannte «brokered convention» – einen Kongress, vor dem der offizielle Kandidat nicht feststeht. Ein Szenario, das es letztes Mal 1952 gab. Für die Republikaner wäre das ein Fiasko. Ein umkämpfter Kongress hinterliesse die Partei zerrissen. Ohne Einheit aber fehlt die Kraft, einen Kandidaten ins Weisse Haus zu tragen.

• Führt der Tycoon die Republikaner in die Wahl, braucht er eine Strategie, die am 8. November rechnerisch aufgehen. Achtung, jetzt wird es kniffelig. An jenem Dienstag im Herbst wird Präsident, wer 270 der 538 Wahlmänner gewinnt. Diese werden in allen 50 US-Bundesstaaten proportional zur Bevölkerung vergeben. Mehr als 270 Wahlmänner holt, wer in sogenannten Swing States gewinnt – also in Staaten, wo Mal ein Republikaner, Mal ein Demokrat triumphiert.
Trump hat einen klugen Plan. Der lässt sich mit einem Wort umschreiben: Rostgürtel. Das steht für die Industriestaaten im Norden der USA.

Bis anhin gingen die Republikaner davon aus, sie müssten Latinos umgarnen, um in Colorado, New Mexiko und Florida zu siegen. Diese Staaten gingen 2012 an Obama. Trump hingegen denkt an Pennsylvania, Michigan und Ohio – an Staaten mit grosser weisser Bevölkerung im Rostgürtel. Von wo viele Jobs ins Ausland abwanderten. Deshalb will Trump hohe Zölle auf chinesische Maschinen und mexikanische Autos einführen. Eine Mauer soll günstige Arbeiter fernhalten. Glauben ihm das die Arbeiter, holt Trump den Rostgürtel. Und das reicht rein rechnerisch für das Weisse Haus.

• Tritt Michael Bloomberg (74) an? Der unabhängige Milliardär hat durchblicken lassen, er werde einen Präsident Trump nie zulassen. Bei Umfragen schneidet der einstige New Yorker Bürgermeister schlecht ab.
u Weil Bloomberg vernünftig ist. US-Wähler folgen aber nicht der Vernunft, sie wollen sich begeistern lassen. Wie 1960, als John F. Kennedy (1917–1963) mit seiner Jugendlichkeit die Herzen der Amerikaner eroberte. Wie 1980, als sich Ronald Reagan (1911–2004) ins Weisse Haus schauspielerte. Oder wie 2008, als der kaum bekannte Senator Barack Obama (54) eine einzige Botschaft hatte: Ich begeistere – wie jetzt Trump.

• Was machen die Frommen? Für einen Republikaner ist es schwierig, ohne die Stimmen der Evangelikalen ins Weisse Haus einzuziehen. Bleiben sie am Wahltag daheim, gewinnt der Demokrat. Sie wählen nur Kandidaten, die partout gegen Abtreibung sind. Trump bezeichnet sich zwar als Christ. Bei Bibelversen verhaspelt er sich oft. Mehrfach hat er seine Position zu Abtreibung gewechselt. Künftig wird er daher reichlich Zeit in Mega­kirchen verbringen. Immerhin: Bibel- und Rostgürtel sind an manchen Orten identisch.

• Trump muss Hillary Clinton (68) schlagen. Die ehemalige First Lady will zurück ins Weisse Haus. Nie war eine Kandidatin erfahrener als sie. Gerade deshalb ist Clinton verletzlich. Sie verkörpert das Establishment, konnte bisher nicht begeistern. Ihre Strategie? Anti-Trump. Und das ist zu wenig.

Trump ist noch nicht Präsident. Aber er weiss, wie er es dorthin schafft.