Stoppen Putins Kanonen den Krieg in Syrien?

Russland und die USA reden wieder über den Syrien-Konflikt. Das weckt Hoffnungen – und birgt Gefahren.

Von Peter Hossli

satDie Fotos aus dem All sind eindeutig: Auf dem Rollfeld des Flughafens Basil al-Assad im syrischen Latakia steht eine russische Transportmaschine vom Typ An-124. Die Schnauze des Fliegers ist geöffnet und somit bereit, Helikopter und Geschütze zu entladen.

Schon ein Dutzend Mal, zeigen weitere Satellitenfotos, landete die Maschine seit Anfang September in Syrien. Zurück blieben Waffen und Munition. Der US-Fernsehsender CNN berichtet zudem, Russland habe vier Kampfjäger vom Typ
Suchoi Su-27 nach Syrien verlegt.

Es bewegt sich etwas in Syrien, wo seit vier Jahren ein blutiger Bürgerkrieg tobt. Dieser forderte bisher mehr als 220000 Todesopfer. Fast zwölf Millionen Menschen sind auf der Flucht vor Regierungstruppen und Schergen der Terrorbande Islamischer Staat (IS). Das dortige Leid ist wichtigster Treiber der Flüchtlingskrise in Europa. Nun scheint diese den eingeschlafenen Dialog der Grossmächte zu wecken.

Am Freitag telefonierten US-Verteidigungsminister Ashton Carter (60) und sein russischer Amtskol­lege Sergei Schoigu (60) fast eine Stunde mitei-nander über den syrischen Bürgerkrieg und den IS. Auf militärischer Ebene war dies der erste
direkte Kontakt zwischen Moskau und Washington seit März 2014. Wegen der Ukraine-Krise froren damals die Gespräche ein.

Nicht nur aus der Luft, sondern zusätzlich mit Bodentruppen dürfte Russland in Syrien eingreifen. Was der Westen begrüsst – und fürchtet. Seit 1971 benutzt die russische Marine die syrische Hafenstadt Tartus als Stützpunkt für die Mittelmeerflotte. Deshalb stützt Moskau den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad (50). Die USA möchten ihn stürzen und lehnen offiziell jede Hilfe für Assad ab.

An der zweiten Front aber hofft Amerika, enger mit Russland zusammenzuspannen – im Kampf gegen den Islamischen Staat, dem gemeinsamen Feind in Syrien. «Würden wir die Hilfe Russlands im Kampf gegen den IS willkommen heissen? Natürlich», sagte US-Aussenminister John Kerry (71) nach Gesprächen mit seinem britischen Amtskollegen Philip Hammond (59). «Wir haben die gleichen Ziele», so Kerry zum britischen Fernsehsender Channel Four. Kerry sagte weiter, die USA würden ihre Anstrengungen erhöhen: «Der IS muss zerstört, komplett gestoppt werden.» Zur Not halt mit Putins Kanonen und Soldaten.

Gelingt es Russland und den USA, den IS zu zerschlagen, wäre Syrien sicher stabiler. Dann erst geht es um Assads Zukunft.
Derweil regt die Schweiz Gespräche in Genf an. Was in Syrien zusätzlich Hoffnungen weckt.