Geri Müller wittert eine Verschwörung

Chat-Partnerin N.W.: «Ich will Geri schon lange anzeigen, aber mir fehlt das Geld dazu»

Von Peter Hossli

Vergangenen Donnerstag, neun Uhr, Polizeiwache in Biel BE. Badens Stadtammann Geri Müller (54) wird einvernommen. Der Nationalrat der Grünen hat Strafanzeige eingereicht gegen die im Kanton Bern lebende Studentin N. W.* (33).

Müller gibt eidesstattlich Auskunft über eine der bizarrsten politischen Geschichten der letzten Jahre. Dabei scheine er nervös, heisst es.

Im Sommer war publik geworden, dass er mit N. W. über Monate sexuelle Chat-Nachrichten ausgetauscht hatte. Sie sandten einander Nackt­fotos. Müller zeigte N. W. an, weil diese ohne sein Wissen Gespräche aufgezeichnet hatte und ihn genötigt haben soll. Sie habe ihm gedroht, bei Liebesentzug die pikanten Chat-Fotos den Medien zu geben. N. W. bestreitet den Vorwurf. Für Müller aber ist klar: Er ist das Opfer. Bei manchen Fragen in Biel verweigert der Stadtammann die Aussage, berichten Personen, welche die Gesprächsprotokolle kennen.

Müller besteht bei der Anhörung darauf, seine Strafanzeige müsse auf weitere beteiligte Personen ausgeweitet werden – auf all jene, welche die Tonaufnahmen aufbewahrt, weitergegeben oder Dritte darüber informiert hätten. In Frage kommen sollen die Chefredaktoren von BLICK und «20 Minuten», der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Baden, Josef Bollag und der PR-Berater Sacha Wigdorovits.

N. W. selbst hat keine Anzeige eingereicht. «Noch nicht», sagt sie. «Ich will Geri schon lange anzeigen, aber mir fehlt das Geld dazu.» Sie schreibe an ihrer Masterarbeit. Ohne genug Einkommen kann sie sich keinen Anwalt leisten. «Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich.»

Zum Schluss der Einvernahme in Biel redet Müller von einer Verschwörung: «Ich frage mich, wann endlich die Drahtzieher gestellt werden.» «Für mich ist die Geschichte mit Frau W. nicht im Zentrum des Problems.»