Wann sagt sie jetzt Ja?

Hillary Clinton liess Barack Obama und Bill Clinton dreimal bitten. Bei einem Auftritt in Berlin will sie nicht sagen, ob sie sich um das höchste Amt der USA bewirbt.

Von Peter Hossli

hillary1Just öffnet sich die goldene Tür zum Künstlereingang. Drei breitschultrige Agenten treten heraus. Gefolgt von ihr – und tosendem Applaus. Wie ein Rockstar betritt Hillary Clinton (66) am Sonntag die Bühne der Staatsoper in Berlin.

Zum azurblauen Hosenanzug trägt sie graue Lackpumps mit Pennyabsätzen. Sie wirkt gelöst, lacht. Erklärt: «Ich lache viel, weil ich es manchmal absurd finde, was ich in meinem Leben schon alles erlebt habe – und mich alle überall danach be­fragen.»

Mutter ist sie. Anwältin. Aktivistin. Ex-First-Lady. Ex-Senatorin. Ex-Aussenministerin. Vielleicht bald erste US-Präsidentin.

Nach Berlin kommt sie als Autorin. Sie stellt ihr eben erschienenes Buch «Entscheidungen» vor: teils Memoiren, teils Einblick in die weltweite Diplomatie, die sie als US-Aussen­ministerin von 2009 bis 2013 so sehr prägte.

Clinton beeindruckt. Sie spricht kluge, druckreife Sätze. Baut Witze ein, wenn es angebracht ist, redet ernst, wenn sie Berührendes sagt. Selbstironisch geht sie mit ihrer Besessenheit um. «Am liebsten hätte ich mein Buch ‹Die Haarband-Chronik: 112 Länder besucht und noch immer dreht sich alles ums Haar› genannt.» Erbleicht sei einst der bulgarische Premierminister, als er sie mit Rossschwanz traf. «Ihm sagte einer, mit dieser Frisur hätte ich stets schlechte Laune.»

Entscheide bestimmten jedes Leben, betont sie und benennt ihre folgenschwersten. Dass es «ein klarer Fehler» gewesen sei, 2002 dem Irak-Krieg zuzustimmen. Dass sie Barack Obama zuerst zweimal Nein sagte, als dieser sie bat, Aussenministerin zu sein. Dass sie Bill Clinton in den 70er-Jahren zweimal einen Heiratsantrag ausschlug, bevor sie Ja sagte. «Offensichtlich haben charismatische Männer lange an mir zu nagen.» Sie lacht und strotzt nur so vor Charisma.

Längst hat sie ihr Image als Opfer eines sexbesessenen Gatten abgeschüttelt. Heute ist Hil­lary das politische Schwergewicht der Familie und Bill nur noch ein Anhängsel, das keine Hamburger mehr, sondern vegan isst.

Es geht um sie, um Hillary. Nein, sie habe ihren Ehemann – immerhin Ex-Präsident – nicht vorab über die Tötung von Osama Bin Laden informiert. «Das war halt ein Staatsgeheimnis.»

Innig sei die Freundschaft zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (59), zur «wichtigsten Leaderin Europas». Seit 20 Jahren kennen sich die beiden. «Seit 20 Jahren amüsiert uns unsere Vorliebe für Hosenanzüge», sagt sie.

hillary2Hillary strahlt Glamour aus. Da darf sie ruhig über Hollywood reden. Dort ist derzeit ein biografischer Film über die Clintons in Planung. Ihr Wunsch? «Meryl Streep soll mich spielen.»

Nichts sei ihr wichtiger als die Rechte für Mädchen und Frauen. «Ich habe 112 Länder besucht und noch immer keines entdeckt, in dem Frauen gleichberechtigt sind.» Nicht einmal auf ihrer Stufe. «Politikerinnen werden oft verniedlicht und aufs Äussere reduziert», sagt sie. «Stets müssen sie ihre private Situation rechtfertigen.» Ist sie verheiratet? Hat sie Kinder? Ist sie eine gute Mutter? Eine gute Gattin? «Eben war ich in London: Sechs Journalisten fragten mich, ob eine Grossmutter Präsidentin sein kann.» Weil ihre Tochter Chelsea im Herbst ein Kind kriegt. Sie lacht. «Grossmütter können ebenso die USA reagieren wie Grossväter.»

Trotz Sommerwetter ist jeder Platz in der Staatsoper besetzt. Die Berliner wollen die künftige US-Präsidentin sehen. Sie er­leben eine selbstsichere, coole, gescheite Frau. Doch kandidiert sie? Erneut lacht sie. «Noch habe ich mich nicht entschieden.» Als wolle sie Spannung erzeugen. Dabei ist klar: Überraschend wäre nur, wenn sie nicht antritt.

Ihr Alter setzt ein Fragezeichen, ebenso ihre Gesundheit. Zöge sie 2017 erneut ins Weisse Haus ein, wäre sie 69. So alt war beim Amtsantritt bisher nur ein US-Präsident: Ronald Reagan.

Ein wichtige Begabung brächte sie mit: Selten verliert Hillary Clinton die Fassung. Zuweilen helfe ihr ein Teddybär, der ihr der einstige US-Aussenminister George Shultz schenkte. «Drücke ich seine Tatze, singt der Bär laut: ‹Don’t worry, be happy.›»