Gibts noch andere faule Eier unter den Luxushotels?

Wo das Herz fehlt, ist der Flop nah: Finanz­investoren schaden der Schweizer Luxushotellerie.

Von Peter Hossli, Claudia Stahel, Niklaus Vontobel

hotel_davosFast fertig war die Küche im Hotel InterContinental Davos. Da fasste Bauunternehmer This Jenny (62) einen bizarren Auftrag: «Raus damit, es braucht eine andere Küche», verlangten die Manager.

Als Jennys Freundin letzten Dezember ein Zimmer im InterContinental reservieren wollte, war das Buchungssystem nicht in Betrieb.

Die Wellnessoase im «Goldenen Ei», so der Kosename der futuristischen Herberge, bietet Platz für 30 Personen. «Zu klein für 400 Gäste», sagt Jenny. «Das Essen ist überteuert, die Auswahl bescheiden, Kinder sind eher unerwünscht.»

Folglich blieben die Betten kalt.

Letzte Woche meldete die Pächterin des Hotels, die Stilli Park AG, Konkurs an. «Unser Vertrag garantierte eines: hohe Verluste», sagt Stilli-Aktionär Jenny. «Wir haben auf viele Missstände hingewiesen, aber auf uns hörte niemand.»

Die Hoteldirektoren, sagt der Glarner alt SVP-Ständerat, «merkten nicht, dass ein Hotel in den Alpen etwas anderes ist als eines in Dubai oder an einem Flughafen.»

Mittlerweile hat die Besitzerin, ein Immobilienfonds der Credit Suisse (CS), neue Pächter gefunden, die Weriwald AG. Die geben sich verschwiegen. «Wir sichten zuerst die Probleme, dann informieren wir, was nun zu tun ist», sagt VR-Präsident Stephan Kurmann.

Ein Problem: Es fehlte der kommerzielle Druck. «Die Manager gaben Geld aus, stellten Personal ein, machten das Menü, verlangten zu hohe Preise», sagt Jenny. «Die Rechnungen bezahlten wir.» Dem CS-Fonds musste die Stilli einen fixen Betrag als Pacht überweisen.

Eine Sache des Herzens ist das Ei für die CS nicht. Es geht um Rendite. Für Anleger lohnt sich der Credit Suisse Real Estate Fund Hospitality aber nicht. Er steht im Minus.

Ein Viertel aller Schweizer Fünf­sternehotels gehört herzlosen ­Finanzinvestoren. Das lässt vermuten: Es gibt weitere faule Eier. Die Investmentfirma Cascade von US-Milliardär Bill Gates (58) kontrolliert das Genfer Four Seasons – und ist allein am Profit interessiert. Das Basler Hilton liegt in der Hand der als Private-Equity-Heuschrecke verschrienen Blackstone-Gruppe. Die Luxusabsteige muss demnächst mit neuen Millionen-Investitionen total renoviert werden.

Ebenfalls gefährlich: Jedes vierte Vorzeigehotel gehört Mäzenen, als teures Statussymbol. Einige der Hobby-Hoteliers verlieren rasch die Geduld – Gift in der Branche.

Unter den Launen eines russischen Oligarchen leidet etwa das Château Gütsch in Luzern. Obschon Alexander Lebedew (54) die Renovation bewilligte, rührte der Ex-KGB-Mann das Märchenschloss jahrelang nicht an. Selbst nach der Eröffnung im Mai stimmt noch: «Was ich besitze, steht zum Verkauf.»

Am Grand Hotel Alpina Gstaad geht ein Investorenduo hemdsärmelig zu Werke. Gstaads Immobi­lienkönig Marcel Bach und der Zuckerbaron Jean-Claude Mimran entliessen nach der Eröffnung den Manager. «Stilllos», nannte dies das «Hotelrating Schweiz» – und stufte das Fünfsternehotel ab.

Das Parkhotel Vitznau hängt allein vom Gutdünken des österreichischen Investors Peter Pühringer (72) ab. Er lockt mit ­einem Aquarium und 7000 Fischen. Im Keller des Hotels lagern 40000 Flaschen feiner Weine.

Zahnimplantat-Milliardär Thomas Straumann fährt sein Hotel-Hobby zurück: Das Gstaader Bellevue verkaufte er seinem Medtech-Partner und Milliardär Rudolf Maag. Der lässt es nun von seinem Schwiegersohn betreiben. Für das Basler Trois Rois sucht Straumann (51) seit einiger Zeit einen Käufer.

Der Markt ist verfälscht. Die Familie von Andrea Scherz besitzt das Gstaad Palace in dritter Generation. «Der Luxushotelmarkt ist vielerorts gesättigt», sagt er. «Ungeachtet dessen haben Mäzene und ­Finanzinvestoren Spass an der prestigeträchtigen Branche und den rentablen Immobilienverkäufen.»

Viele unterschätzen die Tücken der Branche, insbesondere in den Alpen. «Der Trend geht in Richtung Kurztripp und Städteferien», sagt Hotelleriesuisse-Präsdient Guglielmo Brentel (58). Deutsche meiden neuerdings die Schweizer Berge. Chinesen, Inder, Brasilianer kompensieren den Ausfall noch nicht.

Hoteliers, die bestehen wollen, brauchen viel Geld. Für ein neues Luxushotel muss man laut Brentel mit mindestens 0,5 Millionen Franken pro Zimmer rechnen – ohne Landkosten. Hinzu kommen jährliche Investitionen von drei bis fünf Prozent des Umsatzes.

Trübe Aussichten attestiert Jenny dem Ei in Davos. «Steigen die Amerikaner nicht vom hohen Ross, eskaliert es.» Er glaubt: «In einem oder zwei Jahren betreibt die InterContinental-Kette das Davoser Hotel nicht mehr.»