Noch ist Europa der kranke Kontinent

Ökonomen, Banker und Manager reden darüber, ob Europa wirtschaftlich endlich wieder da ist. Ihr Fazit ist ernüchtend.

Von Peter Hossli

axel_weberStickig war die Luft im engen Saal des Davoser Kongresszentrums, jeder Platz besetzt, das Thema brisant: «Ist Europa wieder da?»

Ökonomen, Manager und Banker besprachen gestern am WEF die Frage, auf die es seit fünf Jahren keine Antwort gibt: Wann endlich ist der kranke Kontinent Europa wieder gesund?

Das treffendste Fazit kam von UBS-Präsident Axel Weber (56). «Europa sieht besser aus, als es wirklich ist.» Zwar steigen die Aktien, die Wirtschaft aber stagniert. Ein ähnliches Bild zeichnete Sir Martin Sorrell (68), Chef der weltweit grössten Werbeagentur WPP. «Firmenumsätze wachsen, ebenso Gewinne – aber es werden zu wenige neue Arbeitsplätze geschaffen.»

Europas Osten blühe, der Süden und Westen darbe. Optimistisch ist Sorrell für Deutschland, Polen und Russland. «Für Russland bin ich sogar euphorisch», sagte der Werber. Wohingegen Frankreich weiter kränkle, Italien die Talsohle erreicht habe und Spanien sich zwar erhole – «aber viel zu langsam».

Die anhaltende Krise berge Gefahren, betonte Weber – und warnte vor einer europäischen Tea Party. Bald könnten viele Anti-EU-Politiker ins europäische Parlament einziehen. Ähnlich wie die Tea Party könnten sie «die Prozesse in der EU viel komplizierter machen» – und somit die wirtschaftliche Erholung über Jahre hinweg bremsen.

Ebenfalls ein düsteres Bild zeichnete der amerikanische Star-Ökonom Kenneth Rogoff (60) von der Harvard University: «Europa ist etwas stabiler, aber die meisten Länder sind immer noch in der Rezession.»