Pop für alle

Der Kunstmarkt wird mit Werken von Andy Warhol überschwemmt. Sammler fürchten einen Preiszerfall.

Von Peter Hossli

warhol1Es war das skurrilste Geschäft der Woche. Die Royal Collection, die Kunstsammlung des englischen Könighauses, erstand vier bunte Porträts der englischen Königin. Geschaffen hatte die Siebdrucke ein avantgardistischer amerikanischer Künstler, der von sich einst sagte, «Ich will so berühmt werden wie die englische Königin.»

In grellen Farben malte Pop-Künstler Andy Warhol 1985 die Queen. Als Vorlage diente ihm eine Fotografie von 1977. Jugendlich zeigt sie die Monarchin, mit Ohrringen, Tiara und Klunkerkette. Für die königliche Kuratorin Jane Roberts sind Warhols Werke «in vielerlei Hinsicht die wichtigsten populären Queen-Bilder der letzten Jahrzehnte».

Mit dem Queen-Kauf geht die Queen mit der Zeit. Warhol – 1987 im Alter von 57 Jahren in New York gestorben – liegt im Trend. Seine berühmteste Ikone feiert heuer einen runden Geburtstag. Vor fünfzig Jahren malte er erstmals die Suppen-Dosen von Campbell’s. Und eroberte damit die Pop-Art. Seit dem 18. September zeigt das Metropolitan Museum of Art in New York sechzig Werke Warhols, die sechzig Künstler beeinflusst haben.

Bei Sammlern ist er beliebt. Für 346 Millionen Dollar verkauften Auktionshäuser 2011 Werke Warhols. Sein bisher teuerstes Gemälde – «Green Car Crash» von 1963 – gab ein Zürcher Sammler vor fünf Jahren an den Erben ­eines griechischen Reeders weiter – für 71,1 Millionen Dollar.

dosen1Nun gelangen über 20000 Werke des medialen Multitalents auf den Markt. Die Andy-Warhol-Stiftung öffnet ihre Archive und verkauft alles, was sie noch hat. Senken will sie so die Lagerkosten, lösen 100 Millionen Dollar. Somit erhöht sich ihr Stiftungsvermögen auf total 325 Millionen Dollar. Das Geld kommt jungen Künstlern zugute. Das hatte der Papst der Popkultur noch zu Lebzeiten verlangt.

Auf den Markt gelangen wichtige und weniger wichtige Werke. Darunter sind 350 Gemälde und 1000 Kunstdrucke. Dazu Fotos von Liza Minnelli und Muhammad Ali, Zeichnungen von Jackie Kennedy, viele Skizzen. Unter den Tausenden Polaroid­fotos befinden sich etliche Selbstporträts, die Andy Warhol in weis­ser Kunsthaarperücke zeigen. Das freut Kunstliebhaber, die schon lange ein Stück Original-Pop wollten. Anders reagiert, wer schon ­einen Warhol besitzt. Sammler befürchten drastische Preisstürze.

Sie haben das Auktionshaus Christie’s dazu gedrängt, die Werke über mehrere Jahre hinweg zu versteigern. Eine erste Auktion steigt am 12. November in New York mit den 350 besten Stücken im Angebot. Ab Februar gibts Warhol im digitalen Warenhaus. Kunstliebhaber können dann auf der Website von Christie’s online für weitere Werke des Avantgardisten mitbieten.

Ganz nach Andy Warhols Geschmack. Er verehrte den Kommerz. Aus seiner Sicht sind grelle Einkaufszentren längst wichtiger als dunkle Museen.