Rettung oder Todesspritze?

Der Pharma-Riese Novartis spart. Neben Menschen sind Tausende Versuchstiere betroffen. Unklar ist, was mit den herzigen Beagles passiert.

Von Peter Hossli

beagleFasanen und Feldhasen hetzt er gerne hinterher. Kinderherzen bringt er zum Schmelzen. Kein Tier, bei dem sich der «Jöö»-Effekt sicherer einstellt als beim Beagle.

Beliebt ist der englische Jagdhund bei Pharmafirmen. Bestens eignet er sich für Tests von Chemikalien und Medikamenten.

Dutzende der herzigen Hunde wedeln in Basler Labors des ­Schweizer Pharmakonzerns Novartis, weiss SonntagsBlick.

Wie lange noch, ist unsicher. Im Zug der Ende Oktober angekündigten Umstrukturierung kommt es bei Novartis zur Reduktion von Stellen für Testtiere. Der Abbau betreffe «einige Forschungspro­jekte in der Schweiz, bei denen Versuchstiere zum Einsatz kommen», bestätigt Karin Blumer, bei Novartis zuständig für Wissenschaftskommunikation.

Für überzählige Versuchstiere gibt es jeweils drei Optionen: Die Forscher verkaufen sie an andere Labors, platzieren sie in Heimen und bei Familien als Haustiere – oder aber sie schläfern sie ein.

Darüber debattiert derzeit Novartis. «Es sind noch keine endgültigen Entscheidungen über die Zukunft aller betroffenen Tiere getroffen worden», sagt Blumer.

Laufende Studien will Novartis mit bereits involvierten Säugern beenden. Für die anderen erwägt der Konzern «verschiedene Optionen wie eine Verlagerung der ­Tiere zu anderen Novartis-Standorten oder zu Drittparteien».

Das Schicksal der Beagles soll Anfang 2012 besiegelt sein. Spätestens bis dann will Novartis, «wo immer möglich und mit den schweizerischen Tierschutzbestimmungen vereinbar, für Tiere ein neues Heim finden».

Das bestätigt der Schweizerische Tierschutz auf Anfrage. «Wir stehen mit Novartis in Kontakt – und unternehmen alles, damit die Hunde einen guten Platz finden», sagt Julika Fitzi, Tierärztin und beim Tierschutz zuständig für Hunde und Versuchstiere.

Einfach wird es kaum werden, die zwar niedlichen, aber hochgezüchteten Beagles zu platzieren. Sie wuchsen im Rudel auf, knüpften nie enge Banden zu Menschen. Und sind nicht stubenrein. Älteren fällt es besonders schwer, nach dem langjährigen Dienst für die Forschung den Schritt in die Freiheit zu schaffen.

Bei jungen Hunden ist das einfacher. Sie passen sich neuen Umgebungen rascher an. Nimmt eine liebe­volle Familie einen Hund auf, integriert sich der schnell, sagt Tierärztin Fitzi. Sie kennt die Beagles von Novartis. Unlängst hat sie das Labor besucht. «Viele Hunde machten einen aufgeweckten Eindruck», sagt Fitzi. Nur wenige wirkten verstört und eingeschüchtert.

Manche seien «durchaus freundlich und zugänglich», so Fitzi. «Es gibt keinen Grund, sie zu töten.»

Einige der Hunde erduldeten ­jedoch Infektionsversuche. Diese seien krank und somit «nur schwer oder gar nicht vermittelbar».

Die Novartis-Beagles sind urheberrechtlich geschützt, die Marke ist beim Patentamt eingetragen. Jeweils im Alter von acht bis zwölf Wochen kommen die Welpen im Labor an.

Sie stammen aus Italien, auf Bestellung gezüchtet von der auf Versuchstiere spezialisierten amerikanischen Biotech-Firma Marshall BioResources. Je nach Spe­zialanfertigung kostet ein einziger Marshall Beagle® 2000 bis 3000 Franken. Erhältlich sind sie kastriert, mit veränderten Organen versehen und einem fix installierten Katheter ausgerüstet.

Die Einfuhr von Laborhunden ist günstiger als jene von Haustieren. Verändert Novartis jetzt das Wesen der Beagles, müsste der Konzern Zoll nachzahlen. Will er diese Abgaben sparen, bleibt nur die Todesspritze.