Hände weg von US-Aktien

Wer seine Ersparnisse in amerikanische Wertpapiere anlegt, wird zum gläsernen Erblasser. Schweizer Banken blasen zum Rückzug aus dem Amerika-Geschäft.

Von Peter Hossli

gmWeit weg, im fernen Washington, unterzeichnete am Freitag US-Präsident Barack Obama ein neues Steuergesetz. Es tritt am 1. Januar 2011 in Kraft – und betrifft alle Schweizer, die im Depot amerikanische Aktien halten.

Denn diese Wertpapiere entsprechen amerikanischem Vermögen. Und das muss beim Todesfall in den USA gemeldet und ab 60000 Dollar versteuert werden, egal, wo der Erblasser wohnte und welche Nationalität er hatte.

Binnen neun Monaten nach dem Ableben sind die Willensvollstrecker verpflichtet, der US-Steuerbehörde IRS eine vollständige Steuererklärung abzuliefern. Auflisten müssen sie nicht nur die US-Papiere, sondern das gesamte vererbte Vermögen. Aufgrund dessen entscheidet die IRS, ob und wie viel Steuern die USA beansprucht.

Die wenigsten Schweizer Bankkunden seien sich dessen bewusst, sagt David Zollinger, Mitglied der Geschäftsleitung der St. Galler Privatbank Wegelin. Er warnt: «Wer US-Direktanlagen besitzt, verliert im Erbfall gegenüber Amerika die finanzielle Privatsphäre.» Daran ändere das Bankgeheimnis nichts. «Aufrichtige Schweizer werden zu gläsernen Erblassern.»

Deshalb stellte Wegelin Ende 2009 den Kauf von US-Wertschriften für Privatkunden ein. Diesem Beispiel folgt nun die Basler Bank Sarasin. Ende Jahr gibt sie das Geschäft mit US-Aktien auf – «aufgrund der Zunahme regulatorischer Bestimmungen in den USA und der Verschärfung der US-Steuergesetzgebung.» Sarasin empfiehlt allen Privatkunden, «aus US-Direktanlagen auszusteigen». Nicht nur um die Kunden geht es den Schweizer Banken, sondern zusätzlich um die eigene Erfolgsrechnung. Hält eine Bank für jemanden amerikanische Aktien im Depot, haftet sie für «die korrekte Umsetzung der Meldepflicht beim Todesfall», sagt Wegelin-Bankier Zollinger. Ebenso für allenfalls anfallende Steuern. «Diese Verantwortung wollten wir nicht mehr tragen.»

Zumal sich die Gesetzgebung bereits in zwei Jahren massiv verschärft. Wollen Banken weiterhin mit den USA geschäften, müssen sie ab 2013 alle Finanzdaten von US-Steuerpflichtigen mit der IRS austauschen. «Wir glauben, dass nicht nur US-Personen, sondern zusätzlich alle Halter von US-Wertschriften dem IRS gemeldet werden müssen», sagt Zollinger.

Schweizer Parlamentarier wissen das.

Per Motion verlangten Ständerat Peter Briner (FDP/SH) und Nationalrätin Doris Fiala (FDP/ ZH) vom Bundesrat sofort Neuverhandlungen über das Erbschaftssteuerabkommen mit den USA.

Dieses stammt aus dem Jahr 1951. Briner: «Es geht nicht, dass Schweizer im Erbfall an zwei Orten Steuern zahlen und Dutzende von Formularen auf Englisch ausfüllen, um das zu umgehen.» Erst ab Frühling will der Bundesrat mit den USA darüber verhandeln.