US-Firmen für Embargo-Ende

Auf Drängen amerikanischer Konzerne lockerte Barack Obama das Embargo gegen das kommunistische Kuba. Riesige Ölfunde vor Havanna beschleunigen den Prozess.

Von Peter Hossli

cubaThomas Herzfeld glaubt zu wissen, wann das amerikanische Wirtschaftsembargo gegen Kuba fällt. «Wenn in den nächsten Monaten die politischen Gefangenen Kubas freikommen, ist das Embargo weg», sagt der in Miami lebende New Yorker. Er betreibt einen an der Nasdaq gehandelten Fund, der Investitionen in der Karibik tätigt. Das selbstredende Tickersymbol: CUBA. «Amerikanische Firmen drängen Präsident Barack Obama auf eine rasche Öffnung», sagt Herzfeld. «Sie wollen in Kuba endlich wieder Geschäfte machen.»

Die waren einst beträchtlich. Achtzig Prozent der Investitionen aus dem Ausland stammten vor der 1962 eingeführten Blockade aus den USA. «Amerika ist der natürliche Handelspartner Kubas», sagt Herzfeld. Nur 90 Meilen karibische Gewässer trennen die Länder voneinander.

«Abkehr von der alten Politik»

Bereits im Wahlkampf deutete Obama eine offenere Kuba-Politik an – und holte in Florida trotz Anti-Castro-Lobby die Mehrheit der Stimmen. Vorletzte Woche beendete der US-Präsident Restriktionen für amerikanische Kubaner, die in ihre einstige Heimat reisen wollen. Ebenso erlaubt er rund 1,5 Millionen Amerikanern, kubanischen Verwandten unbeschränkt Geld zu schicken. US-Kommunikationskonzerne dürfen Kabel- und Satellitenverbindungen nach Kuba legen und Fernsehsignale senden.

Von einer «resoluten Abkehr der amerikanischen Kuba-Politik» spricht der Präsident der US-Cuba Trade Association, Kirby Jones. Er setzt sich für normale Beziehungen zwischen den beiden Ländern ein und vertritt die Interessen von US-Firmen, die in Kuba investieren wollen. «Obama hat eingestanden, dass das Embargo nicht funktioniert hat und der US-Wirtschaft schadet.» Mit allen Ländern wollten US-Konzerne Handel betreiben, «auch mit Kuba».

Die amerikanische Regierung hofft, die Lockerung des Embargos werde das kubanische Regime zu demokratischen Reformen verleiten, eine Voraussetzung für das Ende der Blockade. Sofort sprangen Aktien amerikanischer Firmen, die davon profitieren könnten, in die Höhe. Um fast 41 Prozent legte etwa Herzfelds CUBA-Fund zu. Die Aktien des Kreuzfahrtschiffunternehmens Royal Caribbean stiegen kräftig, ebenso jene des Klimaanlagenfabrikanten Watsco, der die karibische Insel nach der Öffnung kühlen möchte.

«Eine lange Liste amerikanischer Konzerne hat detaillierte Pläne in der Schublade, was sie in einem freien Kuba täten», sagt Herzfeld. Insbesondere Baufirmen stünden in den Startlöchern. «Das ganze Land muss aufgebaut werden.» Überdies seien Banken, Biotech-Firmen, Bauern und Reiseveranstalter erpicht auf Geschäfte mit Kuba. Sie wissen: Firmen aus Mexiko, Venezuela, Kolumbien und Russland sind bereits auf der Insel aktiv.

Zudem drängen US-Ölkonzerne auf eine baldige Öffnung. Vor kurzem haben kubanische Geologen an der nordwestlichen Küste des Landes riesige Ölfelder entdeckt. US-Schätzungen gehen von fünf bis zehn Milliarden Fass aus, die unter dem Meeresgrund lagern. Die staatliche kubanische Ölfirma Cubapetroleo spricht sogar von 20 Milliarden Fass. Damit wäre die Rum- und Tabakinsel eine der grössten Ölproduzentinnen der westlichen Hemisphäre. Zum Vergleich: Die Reserven der USA betragen rund 29 Milliarden Fass. Sie liegen in Alaska, also viel weiter entfernt vom Öl-Hub in Texas als die Ölfelder vor Florida.

Spanier wollen demnächst bohren

Möglichst rasch wollen nach Erdöl dürstende US-Konzerne den Kubanern, die frei leben wollen, helfen, den schwarzen Schatz zu heben. «Niemand macht mehr Druck, die Blockade zu beenden, als US-Ölfirmen», sagt Anleger Herzfeld. Bereits während der Amtszeit von George W. Bush reichten Parlamentarier Gesetze ein, um die amerikanischen Ölkonzerne aus dem Embargo herauszunehmen. Zumal die Zeit drängt. Der spanische Erdgas- und Ölkonzern Repsol-YPF will noch dieses Jahr zu bohren anfangen. Zudem verhandeln brasilianische, vietnamesische und norwegische Ölkonzerne mit Kuba.

Allerdings mangelt es vielen dieser Konzerne am nötigen Fachwissen und an Kapital, um in den extrem tiefen Gewässern vor Kuba gewinnbringend Erdöl zu fördern. «Die USA könnten Amerika helfen», sagt Jonathan Benjamin-Alvarado, ein Energieanalyst der University of Nebraska in Omaha. «Sie haben die Technologie und verbieten es anderen Staaten, sie in Kuba einzusetzen.» Lösten jedoch andere Länder einen Ölboom aus, «dann braucht es in Kuba weder die USA noch Demokratie», sagt er.

Umso mehr sei Erdöl hauptverantwortlich für den amerikanischen Kurswechsel, sagt Kirby Jones von der US-Cuba Trade Association. «Zum ersten Mal hat Kuba etwas, das Amerika dringend braucht und nahe an der US-Küste liegt.» Wegen des Erdöls sei es nun nur noch die Frage, wann das Embargo falle. Seine Einschätzung: «Heute in einem Jahr sieht alles anders aus.»