Bruce Willis ist nicht totzukriegen

Um ihre Rendite zu steigern, setzen die Filmgesellschaften auf Fortsetzungen. An der Kinokasse purzeln die Umsatzrekorde. Hollywood setzt auf lukrative Serien. Nach langer Flaute erzielt die Industrie wieder Gewinne. Ein guter Moment, um sich ein Stück Traumfabrik zu kaufen.

Von Peter Hossli

Das Licht geht aus, Popcorn raschelt, der Projektor beginnt zu rattern. Und just flackert im Kino ein Déjà-vu vorbei.

Zufall ist das nicht. Hollywood bringt von Anfang Mai bis Mitte August ein Dutzend knalliger Fortsetzungsfilme mit bekannten und beliebten Figuren in die Kinos. Das ist höchst einträglich. Erst «Spider-Man 3», dann «Shrek the Third» und zuletzt «Pirates of the Caribbean 3», die an der Kinokasse weltweit Umsatzrekorde brechen. Auch «Ocean’s Thirteen», der dritte Teil der genüsslichen Gaunerkomödie schaffte es am letzten Wochenende in den USA ebenfalls an die Spitze der Kinohitparade. Bald schon folgen der vierte «Die Hard»-Knaller, der fünfte «Harry Potter»-Streich und «The Bourne Ultimatum», der dritte Teil der Spionageserie.

Fortsetzungs-Helden lassen sich weltweit vermarkten

Diese Pipeline belegt, dass Hollywood nach vielen Krisenjahren wieder Hits produziert. Das dürfte die lange Zeit seitwärts dümpelnden Aktienkurse der von Filmen abhängigen Medienkonzerne antreiben. Bevor die Fortsetzungswelle so richtig angerollt ist, verzeichnet die Branche bereits ein Umsatzplus von 6 Prozent gegenüber 2006.

Die Kritiker frotzeln zwar über die vielen Fortsetzungen, die Studiobosse aber reiben sich die Hände. Fortsetzungen, so heisst die Regel, sind günstiger und spielen mehr ein. Es kostet weniger, auf bekannten Figuren basierende Filme zu entwickeln und sie später zu vermarkten. Nicht ein teurer Star, sondern die etablierte Franchise trägt den Film. Gleichzeitig blüht bei Serien das lukrative Geschäft mit den Merchandising-Artikeln. Fortsetzungen sprechen gleichzeitig Kinder, Teenager und jung gebliebene Erwachsene an. Geschwind entstehen daraus Themenparks.

Serien wiederum sind Umsatzgaranten in den Videotheken. Angesichts der sinkenden DVD-Verkäufe sind die Fortsetzungen Balsam für Hollywood. Zumal die Gewinnmargen bei DVD mit bis zu 75 Prozent weit höher liegen als die 40 Prozent, die den Studios von den Kinoeinnahmen bleiben.

Hollywood versteht es mittlerweile gekonnt, seine Produkte in den an Kaufkraft gewinnenden Schwellenländern zu verkaufen. Insbesondere universelle Figuren – Spider-Man, Harry Potter, Shrek – gefallen in Bangkok ebenso wie in Bümpliz und Bogotá. Lancierten die US-Verleiher ihre teuren Vehikel bis vor Kurzem nach Regionen zeitlich gestaffelt, startet ein grosser Film weltweit nun fast gleichzeitig. «Spider-Man 3» feierte in Tokio, nicht in der Filmmetropole Los Angeles Weltpremiere. Dasselbe ist für den Start des fünften Films über den Magier Harry Potter geplant.

Das ergibt Sinn. Während in Hollywood Einnahmen aus dem Ausland lange als nette Zugabe galten, überragen sie nun die amerikanischen. «Spider-Man 3» spielte am Startwochenende in den USA 148 Millionen Dollar ein, international waren es 227 Millionen in 105 Ländern. Ein Trend, der sich nach dem Kinostart fortsetzte. Bis anhin hat der agile Spinnenmann in den USA 321 Millionen Dollar oder 37,8 Prozent des Gesamtumsatzes eingespielt, im Rest der Welt waren es 527 Millionen Dollar oder 62,8 Prozent. Zwei Drittel des weltweiten Umsatzes erzielten auch die bisherigen «Harry Potter»-Filme ausserhalb Amerikas.

Der Umsatz steigt, die Kosten sinken. Zum einen fallen die Gagen der Superstars. Bei Fortsetzungen ist eine bereits etablierte Marke wie Shrek weit wichtiger als ein Star mit astronomischem Honorar. Zudem knausert Hollywood bei den Premierenpartys. Es störte niemanden, als Disney im Jahr 2001 für das Fest zur Historien-Schwarte «Pearl Harbor» 5 Millionen Dollar ausgab: Heute kippen viele Studios die Premierenparty. Nicht zuletzt deswegen sanken innert Jahresfrist die Marketingkosten um fast 5 Prozent.

Doch fallende Kosten und steigende Kinoumsätze bedeuten nicht automatisch galoppierende Aktienkurse. Abgesehen vom Studio Dreamworks Animation, das die «Shrek»-Reihe produziert, gehören die Hollywood-Firmen grossen Medienkonzernen. Während Sony mit «Spider-Man 3» einen phänomenalen Hit landet, leidet der japanische Mischkonzern nach wie vor an zu geringen Playstation-Verkäufen.

Disney setzt auf eine Ratte mit französischem Akzent

Time Warner dürfte vom Serienboom am meisten Auftrieb erhalten. Zum Konzern gehört neben mehreren Filmstudios auch ein weitverzweigtes Verlagshaus. Dessen Tochterfirma Warner Brothers verzeichnete vergangenes Jahr vornehmlich teure Flops. Nun kommen mit «Ocean’s Thirteen», «Rush Hour 3» und «Harry Potter and the Order of the Phoenix» gleich drei Warner-Filme in die Kinos, deren Vorgänger problemlos ein weltweites Publikum fanden. «Harry Potter 5», prognostizieren Analysten, könnte gar zum erst vierten Film werden, der weltweit über eine Milliarde Dollar einspielt.

Bei dessen Lancierung profitiert Warner Brothers von der anstehenden weltweiten Potter-Mania. So startet der Film kurz vor der Veröffentlichung des siebten und letzten Zauberlehrling-Romans von J. K. Rowling.

Pikant ist die Situation bei Disney. Der Micky-Maus-Konzern betreibt Filmstudios, Parks und Fernsehsender. Der Mitte 2005 eingesetzte Chef Bob Iger brachte den stagnierenden Medienkoloss voran. Gut, aber nicht famos, startete die dritte «Pirates of the Caribbean»-Saga.

Ob die Disney-Aktie weiter steigt, hängt zudem von einem animierten Nager mit französischem Akzent ab. Mit «Ratatouille» gelangt Ende Juni der erste Trickfilm in die Kinos, seit Disney das Studio Pixar für 7,4 Milliarden Dollar übernommen hat. Darin versucht sich eine Ratte als Koch in Paris. Der extrem teure Film trägt einen für amerikanische Ohren abstrus klingenden Titel und erzählt von einer Figur, die bis anhin niemand kennt – ein schwieriges Unterfangen für jede Marketingabteilung. Floppt «Ratatouille», dürften die Anleger den Pixar-Deal anzweifeln. Wird er ein Hit, könnte die Aktie explodieren – dann hat Disney mit der französischen Ratte eine zusätzliche Figur für viele weitere Folgen.