Hund und Katz sind des Amerikaners liebstes Kind

Ob die Wirtschaft läuft oder nicht - das Geschäft mit den Haustieren boomt. An amerikanischen Börsen bestimmen zuweilen Hunde und Katzen, ob die Bären oder die Bullen das Sagen haben. Haustier-Aktien liegen im Trend, besonders jene von Tierspitälern und Hundehotels.

Von Peter Hossli

Frühmorgens betreten bereits die ersten Fitnessbewussten das Studio in Greenwich Village. Sie kommen, um ihr Herz zu trainieren, sie gehen in die Ernährungsberatung, lassen sich die Haare schneiden oder an allen vier Füssen die Nägel polieren. Sie, das sind Hunde, die sich bei Biscuits & Bath, dem schicken New Yorker Schönheitssalon, fit machen. Hier können sie auch ihre Geburtstage feiern. Und wenn sich zwei gern haben, dann treten sie hier vor den Traualtar. Für die Hochzeitsnacht gibts ein Einzelzimmer.

Was sich wie ein weiteres Kapitel von «Amerika spinnt» anhört, ist Teil einer Branche mit phänomenalen Wachstumsraten: das Umsorgen von Haustieren. Mehr als die Hälfte aller Amerikaner, das sind 154 Millionen Menschen, hält zu Hause ein Tier. 90 Millionen Katzen und 74 Millionen Hunde buhlen um die Liebe von Herrchen und Frauchen. Die geben für ihre treuen Begleiter jährlich beinahe 40 Milliarden Dollar aus, doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren.

Durch die Pensionierung der Babyboomer wird dieser Trend zusätzlich verstärkt. Die bevölkerungsstarke Generation, die zwar über Vermögen verfügt, aber oft weit entfernt von ihren Grosskindern lebt, verwöhnt umso mehr ihre Vierfüssler. Nichts liegt den Haltern so am Herzen wie die Gesundheit ihrer Kläffer. So zahlen sie Hundepsychologen bis zu 300 Dollar, damit Rex oder Fifi eine Stunde auf die Couch darf. Herz- oder Rückenoperationen, aber auch Zahnkorrekturen verschlingen tausende von Dollars. Es gibt Herzschrittmacher und künstliche Hüftgelenke. Ärzte verschreiben Pillen gegen Blutarmut, Allergien, Knochenschwund oder Husten.

Amerikaner bezahlen jährlich rund 10 Milliarden Dollar für das Wohlbefinden ihrer Tiere. Das jährliche Wachstum ist rasant und liegt heuer bei 8 Prozent. Selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist kein Abflachen zu befürchten. Während jeder Rezession seit 1974 wuchsen die Ausgaben beim Tierarzt rasanter als die Wirtschaft.

Kein Wunder, boomen die krisenfesten Aktien von Haustierspitälern oder von Labors, die Hunde- und Katzenkrankheiten analysieren. Die Investmentbank William Blair & Co. in Chicago empfiehlt die Spitalkette VCA Antech sowie die Idexx Laboratory mit einem «Buy»-Rating. Die Wertpapiere von VCA stiegen in den letzten zwölf Monaten um rund 15 Prozent. Die Betreiberin von 375 Tierspitälern vermeldete im ersten Quartal des Jahres ein Umsatzplus von 25 Prozent und ein Gewinnwachstum von 71,9 Prozent. Bei den Labordienstleistungen, welche VCA über 14 000 von insgesamt 18 000 kleinen Tierspitälern oder Tierärzten anbietet, liegt die Umsatzrendite – 40 Prozent – besonders hoch. Doch auch Spitäler rentieren bestens. «VCA sucht hochwertige Tierspitäler, die mindestens eine Million Dollar Jahresumsatz erzielen», heisst es auf der Firmen-Website. «Wir bezahlen für Akquisitionen in bar.»

Bei Tierkliniken ist das finanzielle Risiko weit kleiner als bei Spitälern, die Menschen betreuen. Es wird im Voraus und bar bezahlt, wohingegen Letztere nach der Behandlung oft monatelang auf das Geld der Versicherungen warten müssen. «Die wenigen Vorschriften und die tiefe Pleiterate unter Veterinären schaffen ein vorteilhaftes Klima», sagt Thomas Fuller, CFO der VCA.

Das Ausbleiben von Schadenersatzklagen oder teuren Haftpflichtversicherungen fällt zusätzlich ins Gewicht. Gemäss US-Gesetz gelten selbst die liebsten Haustiere als Ware. Pfuscht ein Chirurg und stirbt darob der Labrador, so berappt das Spital zwar einen neuen Hund, nicht aber emotionale Schäden.

Tierhalter geben heuer rund 15,7 Milliarden Dollar für die Nahrung ihrer Lieblinge und fast 3 Milliarden für deren Schönheitspflege aus. Die beiden börsenkotierten Branchenleader Petco Animal Supplies und Petsmart profitieren davon am meisten. Für Anleger ist der Zeitpunkt für einen Einstieg günstig, zumal die Aktien unlängst nachgegeben haben, Petsmart von über 32 auf 21 Dollar. Der Grund: Konkurrenten eröffneten einen Preiskampf.

Nun steht die Aktie wieder bei 24 Dollar. Die Citigroup gab ihr vorletzte Woche gleich ein «Buy»-Rating. Der Analyst Bill Sims von Smith Barney empfahl sie ebenfalls zum Kauf und erwartet innert 12 Monaten eine Steigerung auf 31 Dollar. Die Oppenheimer-Analystin Amy Ryan gibt sich noch optimistischer. Ihr Preisziel liegt bei 36 Dollar.
Der Grund: Petsmart erhöht die Verkaufsfläche rasant. Gefahr droht allenfalls vom Discounter Wal-Mart, der das Tierangebot kräftig ausbaut. Dass er weder Hunde noch Katzen in die Shops lässt, ist aber ein Nachteil, denn bei Petco und Petsmart dürfen diese alles selbst prüfen.

Firmen in Kauflaune
Die zahlreichen Fusionen und Übernahmen der letzten Monate unterstreichen, wie sehr Produkte für amerikanische Haustiere boomen. Del Monte kaufte im März für 705 Millionen Dollar den Katzennahrungsriesen Meow Mix. Die kanadische Pensionskasse der Lehrer von Toronto hat für 840 Millionen Dollar den Tierfutterriesen Doane Pet Care gekauft. Allied Capital investierte unlängst 64,4 Millionen Dollar in die Tierspitalfirma Health Pet Corporation, wohl mit dem Ziel, sie dereinst dem Marktleader VCA Antech zu verkaufen. Die börsenkotierte Petmed Express (Pets) könnte ein Übernahmekandidat sein. Die Firma verkauft übers Internet Medikamente für Tiere. Der Aktienkurs hat sich unlängst halbiert. Petco und Petsmart gelten als Käufer, da beide das Internet- und Tierpillengeschäft ausbauen wollen.