«Anleger geschlachtet wie die Schafe»

Mit 1,4 Milliarden Dollar kaufen sich zehn Wall-Street-Banken von einer Strafklage frei. Betroffen sind auch die US-Töchter von UBS und CS. Der Vergleich hat für die Banken Peinliches ans Tageslicht gerückt. Private Anwälte wollen ihre Zivilklagen nun weiterziehen.

Von Peter Hossli

Wer eine Firma an die Börse bringen will, braucht Kaufempfehlungen oder zumindest positive Aussichten. Kein Problem. Als die Börse noch boomte, konnte man an der Wall Street beides kaufen.

So nahmen Banken grosszügige geheime Schecks entgegen – und berichteten dafür überschwänglich. Oder sie bezahlten die Konkurrenz für positive Analysen zu Firmen, die sie an die Börse brachten.

Diese für angesehne Finanzhäuser wie Morgan Stanley, UBS Warburg oder Bear Stearns peinliche Enthüllungen präsentierte Anfang Woche der New Yorker Staatsanwalt Eliot Spitzer. Monatelang hatte er das Gebaren an der Wall Street während der neunziger Jahre untersucht. Sein Verdikt: Die Analysten hatten absichtlich positiv über schwache Aktien berichtet, einzig, um zusätzlichen Umsatz für das Investment-Haus zu generieren. Geschädigt wurden die Investoren.

Damit Spitzer keine Strafklage erhebt, bezahlen zehn Banken insgesamt 1,4 Milliarden Dollar Busse. Eine Schuld gestehen sie nicht ein, dafür akzeptieren sie strengere Auflagen. So müssen Interessenkonflikte zwischen Analyse- und Investment-Banking-Abteilung aufhören. Die beiden Ressorts werden physisch getrennt. Treffen sich deren Mitarbeiter zu einer Besprechung, muss künftig eine unabhängige Person anwesend sein. Da solche Auflagen erhebliche Zusatzkosten verursachen, drücken sie auf den Gewinn.

Am härtesten bestraft wird die Citigroup mit 400 Millionen Dollar, die CS-Tochter CSFB sowie Merrill Lynch bezahlen je 200 Millionen Dollar. Etwas glimpflicher weg gekommen ist UBS Warburg mit einer Busse von 80 Millionen – obwohl UBS Warburg beispielsweise 100000 Dollar kassierte, um positiv über den Börsengang von Flextronics International zu berichten. Insgesamt bezahlte UBS 283000 Dollar für fremdes Research zu Firmen, welche sie kodierte.

487,5 Millionen Dollar des Vergleichs sind Bussen, 432,5 Millionen Dollar will die Regierung verwenden, um unabhängige Analysen zu finanzieren, 80 Millionen Dollar wird für Aufklärung der Investoren verwendet. Bloss 387,5 Dollar erhalten die geprellten Investoren.

Das sei «viel zu wenig für meine Klienten», sagt der New Yorker Anwalt Fred Taylor Isquith. Die Banken werden «sehr viel mehr bezahlen» müssen, sagt er, ohne sich auf einen Betrag festzulegen.

In einer Sammelklage beschuldigt Isquith 40 Wall-Street-Banken, einschliesslich UBS und CS, den Markt «manipuliert» zu haben. «Meine Klienten wurden geschlachtet wie Schafe», sagt Isquith. Den Vergleich betrachtet er als «guten ersten Schritt in die richtige Richtung». Trotzdem werde er seine Klage «vehement» vorantreiben. Zumal Staatsanwalt Spitzer ihm bisher unbekannte Fakten veröffentlicht habe, etwa die geheimen Zahlungen für Analysen.

Während der UBS-Sprecher Paul Marrone den Vergleich als «signifikanten Schritt, um das Vertrauen der Investoren in den Aktienmarkt zurück zu gewinnen» bezeichnet, sagt er «no comment» zu drohenden Zivilklagen. «Wir kommentieren nichts», so eine CSFB-Sprecherin.