Feldzug fürs eigene Portemonnaie

Die Politik von US-Präsident George W. Bush bevorteilt die Reichen und übervorteilt die Armen im Land. Zufallspräsident George W. Bush macht keine Kompromisse. Zielstrebig baut er den Sozialstaat ab und die Kriegswirtschaft aus. Vordergründig geht es dabei um die Bekämpfung des Bösen, doch der Hintergrund ist die schamlose Bereicherung einer kleinen Elite.

Von Peter Hossli

Der Krieg einigt die Nation. 80 Prozent der Bevölkerung stehen zu Bush und geben ihm freie Hand, und der nützt das gezielt. Die USA werden derzeit von einer eingeschworenen Elite geführt, die sich selbst bereichert, Sozialabbau betreibt, den Staat mit Rüstungsprogrammen verschuldet und es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt.

Noch hält sich in den USA die Kritik in Grenzen. Denn Bush und seine Minister stellen ihre Politik stets in Beziehung zum Kampf gegen den globalen Terrorismus. Notfalls tischt dabei das «Büro für strategischen Einfluss» den Medien auch Falschmeldungen auf. Zwar hat Verteidigungsminister Donald Rumsfeld die Meldung der «New York Times» dementiert, doch nur wenige glauben ihm. Lügen, Fehlinformationen und Vertuschungen sind anscheinend zum Prinzip Präsident Bushs geworden.

Da ist alles möglich, etwa das unlängst vorgeschlagene kolossale Rüstungsbudget von 379 Milliarden Dollar. Von militärischen Aufträgen profitiert nicht zuletzt die Investmentfirma Carlyle Group, an der Bushs Vater und viele enge Freunde jetziger Regierungsmitglieder beteiligt sind (CASH vom 8. 2. 2002).

Die Mittelklasse wird wieder einmal gelinkt

Dabei sind sich fast alle Experten einig, dass das bereits von Ronald Reagan ersonnene Raketenabwehrsystem unnötig ist und nie funktioniert. Dennoch treibt es Bush kräftig voran – nicht zuletzt zur Freude seiner Parteispender aus der Softwareindustrie im Silicon Valley. Diese begrüsst die Verwandlung der Armee in Hightech-Truppen.

Trotz dem teuren Aufbau einer Rüstungswirtschaft kürzt die Regierung die Steuern um zwei Billionen Dollar, wobei rund die Hälfte an ein Prozent der Amerikaner geht, an die Superreichen und an grosse Firmen. Hingegen werden viele Mittelklässler feststellen, dass sie heuer exakt jene 300 Dollar mehr an Steuern bezahlen müssen, die sie im letzten Jahr als angebliches Steuergeschenk erhalten haben.

Binnen Jahresfrist hat sich deshalb der unter Präsident Clinton erwirtschaftete Überschuss in ein Defizit verwandelt, das zumindest ein Jahrzehnt bestehen bleiben dürfte. Die Folge davon sind hohe Langfristzinsen, welche die Bemühungen der Notenbank untergraben, die Wirtschaft mit tiefen (kurzfristigen) Zinsen anzukurbeln.

Der Kollaps von Enron verdeutlicht besonders, wie skrupellos die Bush-Clique agiert. «Ken who?», fragte der Präsident, als ihn die Presse zum Verhältnis zu Ex-Enron-Chairman Kenneth Lay befragte. «Der hat meine damalige Gegnerin Ann Richards unterstützt.» Das war glatt gelogen. Lay, von Bush in Briefen zärtlich «Kenny Boy» genannt, überschüttete 1994 den Gouverneurskandidaten mit Spenden. Als Bush sich ums Weisse Haus bewarb, stellte ihm Lay das Firmenflugzeug von Enron zur Verfügung. Zudem standen etliche hohe Regierungsmitglieder vor ihrem Amtsantritt als Berater auf der Lohnliste von Enron.

Auch Wallstreet wird gezielt gefördert

Die hohen Militärausgaben, die bis 2007 auf rund 460 Milliarden Dollar steigen sollen, werden durch Kürzungen und Streichungen im ohnehin dünnen sozialen Netz finanziert. So will Bush die staatliche Sozialversicherung privatisieren. Ein Grossteil des rund eine Billion Dollar umfassenden Sozialfonds würde dann an die Börse fliessen. Bereits jetzt freuen sich Investmentfirmen wie Prudential, Morgan Stanley oder Fidelity – alles spendable Bush-Förderer – auf die Verwaltung der knapp 300 Millionen Ruhestandskonten. Wird so die Altersvorsorge der Mittelklasse den labilen Börsen ausgesetzt, kassiert die Wallstreet garantierte Kommissionen.

Bush lagert auch anderswo um und stärkt die konservative Wählerbasis. Statt in die Drogenprävention oder in die Aids-Forschung fliessen staatliche Gelder religiösen Organisationen zu. Der Präsident kürzt Mittel zur Bekämpfung der Kindsmisshandlung, für die Erforschung saubererer Autos, für den Umweltschutz generell, für öffentliche Spitäler, Bibliotheken oder Sozialwohnungen. Dazu kommt der Abbau vieler Bürgerrechte. Die US-Gesellschaft werde derzeit grundsätzlich verändert, schreibt der Kommentator Howard Fineman in «Newsweek».

Bereits übernehmen Gemeinden die Sozialpolitik des Bundes. Aus Kostengründen will New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg das Rezyklieren vermindern. Darunter leiden die Umwelt und tausende von obdachlosen Dosensammlern, die pro Dose bisher 5 Cents erhielten und so auf 15 bis 30 Dollar pro Tag kommen. Selbst diese magere Einkommensquelle versiegt nun.

Die USA sind auf dem Weg in die Achtzigerjahre zurück, als Ronald Reagan die Rüstung vorantrieb und den Staat verschuldete. Auch Bush schwächt wie sein Vorbild Reagan gezielt den Mittelstand und schiebt das Geld jener Oberschicht zu, die auch seinen nächsten Wahlkampf finanzieren wird.