Die US-TV-Stationen senden Notsignale

Die astronomisch hohen Kosten der Berichterstattung über den Antiterror-Krieg bringen die grossen US-Senderketten an den Rand des Ruins. Profiteure gibts in jedem Krieg. Zu den Verlierern zählen derzeit die meisten amerikanischen Medien. Deren Kosten steigen, die Einnahmen aber schrumpfen.

Von Peter Hossli

Fast eine Woche lang sendeten die vier grossen US-Senderketten – Fox, ABC, CBS und NBC – nach dem 11. September nonstop, also ohne einträgliche Werbepausen. Sie stillten das enorme Bedürfnis einer schockierten Öffentlichkeit nach Informationen. Stolz schilderten altgediente Journalisten ihre professionelle Hingabe. «Ich war gerührt, endlich einmal ohne Unterbruch wirklich wichtige Nachrichten zu vermitteln», schwärmte CBS-Newsmann Dan Rather. Sein Unternehmen kam das allerdings teuer zu stehen. Täglich entgingen den grossen Sendern 30 Millionen Dollar an Werbeeinnahmen, bis heute insgesamt mehr als 500 Millionen Dollar.

Knapp einen Monat nach den Angriffen auf New York und Washington begann im fernen Afghanistan der Gegenschlag. Seither steigen die Kosten der Medienhäuser in astronomische Höhen. Denn auch im Krieg bestimmen Angebot und Nachfrage die Preise. Etliche hundert US-Reporter wurden nach Zentralasien entsandt auf die Länder Bahrain, Jemen, Tadschikistan, Pakistan und Afghanistan verteilt. Die «New York Times» nannte die Verschiebung der Journalisten die «grösste Medieninvasion aller Zeiten».

Nach deren Ankunft eskalierten die Preise für Hotels «und alle anderen Dienstleistungen», berichtet ein Journalist. Horrend die Preise der Fernsehberichte. Wer die eigene Satellitenausrüstung nach Pakistan transportieren und dort verankern lässt, muss 80’000 Dollar zahlen. 70’000 Dollar wöchentlich kostet deren Unterhalt. Die Übermittlungskosten für 15 Minuten von abgelegenen Orten wie Islamabad betragen 2000 Dollar.

Angst stellt kein geeignetes Werbeumfeld dar

So genannte Videotelefone, die nur ziemlich verzerrte Wackelbilder übertragen, verschlingen 8000 Dollar das Stück. Pustet ein Wüstensturm Sand ins Getriebe, muss das kostbare Gerät ersetzt werden.

Schätzungen gehen von zusätzlichen Kosten von täglich einer Million Dollar pro Sender aus. Geht der Krieg – wie von Präsident Bush prophezeit – Jahre, könnten die Unternehmen jährlich hunderte von Millionen Dollar Schulden anhäufen, zumal Angst kein geeignetes Werbeumfeld darstellt. Die anstehende Rezession hat den bereits vor dem 11. September eingebrochenen US-Anzeigenmarkt regelrecht zum Versiegen gebracht.

Der 24-Stunden-Kanal CNN allerdings will keine Kosten sparen. In Atlanta besinnt man sich des Golfkrieges. Vor zehn Jahren etablierte sich der Sender als globale Marke. Dümpelten dessen Einschaltquoten nachher jahrelang bei rund 300’000, so schauen jetzt wieder gegen 4,5 Millionen Menschen zu. Und just erhöhte CNN die Werbetarife.