Die Comanches kommen

Die US-Army tauft Kampf-Helikopter ausgerechnet auf die Namen fast ausgerotteter Indianerstämme. Trotz Kritik - die Indianer freuts.

Von Peter Hossli

Die Weltpolizei kam mit Apaches angeflogen, und alsbald lenkte Serben-Führer Milosevic ein. Die nach Indianern benannten Kampf-Helikopter kamen zwar nicht zum Einsatz, doch allein die Angst vor den mörderischen 24 Apache-Maschinen zwangen nach der Überzeugung von Militärstrategen Milosevic in die Knie.

Die ethnische Säuberung in Kosovo fand ein Ende, doch Kritiker wiesen auf die Ironie der Geschichte hin: Die USA setzten modernstes Kriegsgerät ein, das die Namen beinahe ausgerotteter Völker trägt. Während die Apaches-Helis nur Furcht einflössten, zerstörten ferngesteuerte Tomahawk-Raketen jugoslawische Fabriken und Brücken.

Solche Benennungen hält der Schweizer SPS-Nationalrat Andreas Gross für «pietätlos, vielleicht sogar obszön». Der radikale Systemkritiker Noam Chomsky weist darauf hin, dass die USA mit solchen Namen postum ihre eigenen Massaker feiern: «Stellen Sie sich vor, die deutsche Luftwaffe flöge Kampfeinsätze mit Juden-Bombern oder Zigeuner-Jägern.»

Empört reagiert Chomsky auch auf den Entscheid der Armee, den neuen Hightech-Kampf-Helikopter, den RAH-66 Comanche, in Connecticut bauen zu lassen. Denn dort massakrierten weisse Siedler zwischen 1636 und 1638 erstmals im grossen Stil Indianer. Heute haben die US-Waffenfabrikanten wenig Skrupel, ihre Kampfmaschinen neben den einstigen Schlachtfeldern zu fertigen, sie nach fast ausgerotteten Stämmen zu benennen und dann beispielsweise an die Türkei zu verkaufen, die sie gegen PKK-Kämpfer einsetzt.

Die Empörung hat allerdings einen Haken: Die vermeintlichen Opfer stimmen mit ihren selbst ernannten Verteidigern nicht überein. Sie fühlen sich im Gegenteil geschmeichelt. Als die Army die Komantschen offiziell um Erlaubnis für die Verwendung ihres Namens bat, waren «alle begeistert», berichtet Komantschen-Sprecherin Huanita Pahdopony: «Wir sind nach wie vor stolze und grosse Krieger.»

Die Apatschen traten nicht nur den Namen ab, sie halfen sogar mit, das ausgeklügelte Navigationssystem des zwölf Millionen Dollar teuren Hubschraubers zu fertigen. Die Firma Boeing baute dafür extra eine kleine Fabrik neben dem Apatschen-Land bei Mesa, Arizona.

Zwar laufen derzeit etliche Prozesse gegen US-Sportteams, die indianisch klingende Namen benutzten, dennoch mögen die meisten Indianer die US-Army, die bereits 1948 mit der Tradition begann, ihre Hubschrauber auf die Namen alter Stämme oder grosser Häuptlinge zu taufen. In der Dienstakte 70-3 «Zur Verwendung populärer Namen» heisst es, Waffenbezeichnungen müssten von «aggressiver Natur» sein sowie «Beweglichkeit, Wendigkeit, Flexibilität, Schusskraft und Ausdauer» andeuten. «Passt doch vortrefflich zu uns», sagt dazu eine Apatschen-Sprecherin stolz.

Das sei eine «schlimme Verallgemeinerung», entgegnet der Präsident der Vereinigung gegen Rassismus in Sport und Medien, Ojibwa-Häuptling Vernon Bellacourt: «Indianer prägen das amerikanische Bewusstsein heute nur noch als Eishockeyteams oder als Schlachtschiffe.»�