Das Imperium schlägt erneut wieder zurück

Frisch aufgelegt rasen die «Star Wars»-Rebellen wieder durch das Weltall. Technisch aufgemöbelt, versuchen sie noch immer, das Imperium zu besiegen.

Von Peter Hossli

Niemand verkauft mehr Platten als die Beatles. Und «Star Wars», die Mutter aller Sciencefiction-Filme, gelangt demnächst in die Kinos. Richtig, wir schreiben das Recyclingjahr 1996. Noch immer herrscht in einer weit entfernten Galaxie Bürgerkrieg. Raumschiffe der Rebellen haben ihren ersten Sieg gegen das böse galaktische Reich errungen. Das Imperium aber schlägt nochmals zurück. Auf der Leinwand.

Rechtzeitig zum zwanzigsten Jahrestag des ersten «Star Wars»-Films gelangt die Weltraumsaga erneut in die US-Kinos mit neuen, technisch verbesserten und um einige Szenen ergänzten Kopien. Lanciert wird die dreiteilige Serie, für die bis heute bereits 1,2 Milliarden Kinobillette abgesetzt wurden, ab kommenden Januar im Abstand von wenigen Wochen: «Star Wars» (1977) startet am 31. Januar, «The Empire Strikes Back» (1981) am 21. Februar und «Return of the Jedi» (1983) am 7. März.

Auf die USA allein beschränkt sich die ««Stars Wars» Special Edition» nicht. Es ist ein weltweit angelegtes, monumentales Unterfangen, das, wenn alles nach Plan läuft, zur erfolgreichsten Wiederaufführung der Filmgeschichte werden wird. Dabei setzen die Marketingstrategen weltweit auf dasselbe Muster: Die drei Filme gelangen überall fast gleichzeitig in die Kinos. In der Schweiz laufen «Star Wars» am 21. März, «The Empire Strikes Back» am 11. April und «Return of the Jedi» am 25. April an.

Mindestens 100 Millionen Dollar, hofft die «Star Wars»-Verleihfirma Twentieth Century Fox, wird die Trilogie allein in den USA einspielen. Noch mehr soll das lukrative Überseegeschäft einbringen. Daneben beabsichtigt Fox, Plastikfigürchen der «Star Wars»-Helden Luke Skywalker oder Han Solo im Wert von rund 50 Millionen Dollar abzusetzen.

Bei der Vermarktung der neuen alten «Star Wars»-Abenteuer verfährt Fox im selben Stil wie bei einem aktuellen Film, der seiner hohen Kosten wegen sämtliche Kassenrekorde brechen sollte: Eine genau kalkulierte, mit Hilfe eines Testpublikums erarbeitete Werbekampagne buhlt um möglichst viele Zuschauer. Sie sollen die 2000 US-Kinos füllen, die für die Wiederaufführung im kommenden Spätwinter freigehalten werden. Drei Fastfood-Ketten – Kentucky Fried Chicken, Pizza Hut und Taco Bell – lassen ihre Pappbecher und Papierservietten mit «Star Wars»-Emblemen bedrucken. Zu jedem verkauften Teigfladen verschenkt Pizza Hut eine Spielzeugfigur der «Star Wars»-Crew. PepsiCo, Besitzerin der drei Imbissketten, liess auf den Filmstart diverse Fernsehspots mit «Star Wars»-Figuren drehen. R2-D2, der kurzbeinige reaktorförmige Roboter, und C-3PO, sein goldfarbener Blechkollege, werben darin für die braunen, koffeinhaltigen Brausen Pepsi und Diet Pepsi. Und indirekt für die drei Weltraumfilme. Auf 150 Millionen Dollar schätzt das Branchenblatt «Variety» den Wert der Werbung für die «Star Wars»-Trilogie des Pepsi-Konzerns.

Da fällt die Investition von Fox zur Verbesserung der Ton- und Bildqualität eher bescheiden aus. Unter technischer Federführung von «Star Wars»-Erfinder George Lucas liess das Studio die Originalnegative der Trilogie vollständig restaurieren, 250 Effekte mit modernster Computertechnik auf den neusten Stand bringen, eine digitale Tonspur fertigen sowie damals gedrehte, aber nie verwendete Szenen hinzufügen. Kostenpunkt der minuziösen Flickarbeit: 15 Millionen Dollar. Das Publikum, liess George Lucas in einer Pressemitteilung verlauten, bekomme «endlich den besten «Star Wars» aller Zeiten» zu sehen.

Dank Pepsi konnte Fox Geld einsparen. Nur gerade 50 Millionen Dollar investiert das Studio in die Werbung für die abermalige Lancierung der Trilogie – eine geringe Summe im Vergleich zu den üblichen 100 Werbedollar-Millionen pro Film ähnlicher Grössenordnung.

Das genüge vollends. «Jedes Kind kennt «Star Wars»», sagt Fox-Vizepräsident Tom Sherek. «Man braucht den Leuten nur zu sagen, dass die Filme wieder im Kino auf einer grossen Leinwand gezeigt würden.» Weltweit existieren mehrere tausend «Star Wars»-Fanklubs, die kaum auf die Auferstehung von Luke Skywalker, Han Solo und Prinzessin Leia Organa warten können. Zusätzlich lässt die Aktivität auf dem Internet einen Grosserfolg der Trilogie erahnen. Schätzungsweise 400 Web-Sites sind dem zelluloiden Krieg der Sterne gewidmet. Bereits kursieren darin illegal kopierte Werbetrailer für die ««Star Wars» Special Edition». Auf unzähligen Sciencefiction-Sites wird in digitalen Gesprächsforen vornehmlich ein Thema diskutiert: Die baldige Reedition von «Star Wars» eins, zwei und drei.

Ausserdem setzt Fox bei der Vermarktung der Filme auf den vermeintlichen Gegner des Kinos. 1995 brachte die Videoabteilung des Studios eine Spezialausgabe der «Star Wars»-Trilogie auf den Markt. Innert weniger Wochen wurden 22 Millionen verkauft – ein Rekordergebnis im Videobereich. Das Resultat an der Kinokasse werde davon kaum betroffen, sind die Fox-Marketingstrategen überzeugt. Im Gegenteil: Das Videoband habe viele Kinder auf den Geschmack gebracht. Bis anhin kannten sie «Star Wars» nur vom Hörensagen. Nun würden die Eltern der Kinder, so die Überlegung der Fox-Leute, ihren Kleinen zeigen wollen, dass das Spektakel im Kino noch weitaus eindringlicher sei als auf der Mattscheibe.

Schnell verdientes Geld ist nicht der primäre Antrieb von Fox. Das Filmstudio in Hollywood plant längerfristig. Es hofft, Lucas werde die Rechte der derzeit entstehenden neuen «Star Wars»-Trilogie an Fox verkaufen. Gelingt es, mit dem Regisseur einig zu werden, wäre die Situation des Studios über Jahre gesichert.

Zudem bedeutet die erneute Lancierung der «Star Wars»-Trilogie einen Testlauf. Gestellt wird eine simple Frage: Ist das Publikum, ausgerüstet mit TV-Apparaten und Videorecordern, bereit, für optimale Ton- und Bildtechnologie ein Kinobillett zu kaufen, selbst wenn der gezeigte Film in jeder Videothek um die Ecke zu mieten ist? Bejahen zuerst die Amerikaner und dann die Europäer diese Frage mit häufigem Kinobesuch, würden Wiederaufführungen wohl bald zur Gewohnheit. Im Jahr 2013 könnten dann die digitalen Dinosaurier aus Steven Spielbergs «Jurassic Park» erneut im Kino Wissenschaftler fressen.

Ewiger Sternenkrieg

Die «Star Wars»-Trilogie wurde zwischen 1977 und 1983 lanciert. Es war ein genau geplantes Marketingunterfangen:

Mai 1977: Kinostart von «Star Wars»
Juli 1978: 1. Wiederaufführung im Kino
Mai 1979: 2. Wiederaufführung im Kino
Mai 1980: Kinostart der 1. «Star Wars»-Fortsetzung «The Empire Strikes Back»
April 1981: 3. Wiederaufführung von «Star Wars» im Kino
Mai 1982: Videostart von «Star Wars»
August 1982: 3. Wiederaufführung von «Star Wars» im Kino
Februar 1983: «Star Wars» im Pay TV.
Mai 1983: Kinostart der 2. «Star Wars»-Fortsetzung «The Return of the Jedi»
Februar 1984: «Star Wars» wird erstmals im öffentlichen Fernsehen gezeigt.
März 1985: «Star Wars»-Trilogie läuft gemeinsam in acht grossen US-Städten.
Januar 1987: «Star Tours» wird im Disneyland in Los Angeles eröffnet.

Freudiges Wiedersehen

Seit den Kinoanfängen sind Wiederaufführungen ein lukratives Geschäft.

Woodrow Wilson machte den Film unsterblich. Als der US-Präsident 1915 D. W. Griffiths Monumentalepos «The Birth of a Nation» sah, umschrieb er den heute als rassistisch geltenden Film über den amerikanischen Bürgerkrieg mit folgenden Worten: «Das ist Geschichte, geschrieben mit Licht.» Bis die amerikanische Zensurbehörde Griffiths Monument für öffentliche Vorführungen verbot, wurde der gelobte Film in regelmässigen Abständen erneut erfolgreich in die Kinos gebracht.

Seit der Stummfilmzeit ist die Neulancierung alter Filme für die Unterhaltungsindustrie ein lukratives Geschäft. Das Südstaatendrama «Gone with the Wind» etwa, 1939 als aufwendiger Farbfilm gedreht, spielte bei seinem Revival 1967 beinahe 60 Millionen Dollar ein. Vor allem die Zeichentrickfilme aus dem Hause Disney verbuchen bei ihrer Wiederverwertung oftmals gigantische Zuschauerrekorde.

Das Aufkommen von Pay TV und Video aber schmälerte das Geschäft mit alten Filmen. In die Kinos gelangen seither fast nur noch Klassiker wie «Rear Window» oder «Lawrence of Arabia». Gezeigt werden sie praktisch ausschliesslich in den urbanen Zentren New York und Los Angeles. Wird die ««Star Wars» Special Edition» aber ein Erfolg, könnte sich das ändern. Dann dürfte das Schrumpfmännchen aus «E.T. – The Extraterrestrial» die Kleinen und die Grossen bald wieder zum Heulen bringen.